Archer Jeffrey
Patrick«, sagte ich, als ich mich zu ihm gesellte.
»Dieses Bild geht mir nicht mehr aus dem Sinn«, erklärte er und starrte weiter auf die beiden Gestalten.
»Das ist verständlich.«
»Sie würden mir wohl nicht erlauben, eine oder zwei Wochen lang mit den beiden zu leben, bis ich einen Entschluß gefaßt habe? Selbstverständlich hinterlasse ich gern eine Anzahlung.«
»Natürlich«, sagte ich. »Ich benötige eine Bankreferenz, und die Anzahlung würde fünfundzwanzigtausend Pfund betragen.«
Ohne Zögern war er mit beidem einverstanden, also fragte ich ihn, an welche Adresse er das Bild geliefert haben wolle. Er überreichte mir eine Visitenkarte mit seiner Adresse am Eaton Square. Am folgenden Morgen bestätigte seine Bank, daß dreihundertsiebzigtausend Pfund für ihren Klienten kein Problem darstelle.
Innerhalb von vierundzwanzig Stunden wurde der Vuillard zu seiner Wohnung gebracht und in dem im Erdgeschoß liegenden Eßzimmer aufgehängt. Er rief am Nachmittag zurück, um mir zu danken, und fragte, ob Caroline und ich mit ihm zu Abend essen würden; er wolle noch jemandes Meinung hören, wie das Gemälde an seinem jetzigen Platz aussehe.
Da dreihundertsiebzigtausend Pfund auf dem Spiel standen, war ich der Ansicht, daß es unvernünftig wäre, eine solche Einladung auszuschlagen, und Caroline schien sowieso darauf erpicht, sie anzunehmen, da es sie, wie sie erklärte, interessiere, wie er wohne.
Wir aßen am darauffolgenden Donnerstag mit Travers zu Abend. Es stellte sich heraus, daß wir die einzigen Gäste waren, und ich erinnere mich, wie überrascht ich war, keine Mrs. Travers oder wenigstens eine bei ihm wohnende Freundin anzutreffen. Er war ein aufmerksamer Gastgeber, und das Essen, das er vorbereitet hatte, war ausgezeichnet. Dennoch war mir sein Verhalten Caroline gegenüber damals ein klein wenig zu fürsorglich, obgleich sie seine ungeteilte Aufmerksamkeit zu genießen schien. Ab einem gewissen Punkt begann ich mich zu fragen, ob die beiden überhaupt merken würden, wenn ich mich plötzlich in Luft auflöste.
Als wir an jenem Abend vom Eaton Square wegfuhren, sagte mir Travers, er habe sich, was das Bild betreffe, schon fast entschieden, was mir das Gefühl gab, der Abend habe wenigstens in einer Beziehung seinen Zweck erfüllt.
Sechs Tage später wurde das Gemälde wieder an die Galerie zurückgeschickt. Auf einer beigefügten Notiz stand, er mache sich nichts mehr aus dem Bild. Travers erläuterte seine Gründe nicht näher, sondern schrieb nur abschließend, er hoffe, bald einmal wieder vorbeizukommen und sich dann eventuell den Kauf eines der anderen Vuillards zu überlegen. Enttäuscht schickte ich ihm seine Anzahlung zurück, führte mir aber vor Augen, daß Kunden tatsächlich oft zurückkamen, und dies manchmal erst Monate, ja sogar Jahre später.
Travers tat es jedoch nicht.
Ungefähr einen Monat darauf erfuhr ich, warum. Ich saß gerade in meinem Klub an dem großen, in der Mitte des Raums stehenden Tisch beim Lunch – an jenem Tisch, der, wie in den meisten nur Männern vorbehaltenen Einrichtungen, für Mitglieder reserviert ist, die allein vorbeikommen. Percy Fellows betrat als nächster den Eßraum und nahm mir gegenüber Platz. Ich hatte ihn seit jener Vernissage der VuillardAusstellung nicht mehr gesprochen, und bei unserer dortigen Begegnung war es ja nicht wirklich zu einem Dialog gekommen. Percy war einer der angesehensten Antiquitätenhändler in England, und ich hatte einmal einen erfolgreichen Handel mit ihm abgeschlossen, nämlich einen Charles II.-Schreibtisch gegen eine holländische Landschaft von Utrillo eingetauscht.
Ich wiederholte, wie leid mir das tue, was ich über Diana gehört hätte.
»Es war schon immer klar, daß es mit einer Scheidung enden würde«, erklärte er. »Sie ging in jedem Schlafzimmer in London ein und aus. Ich fing an, tatsächlich wie ein kompletter Hahnrei auszusehen, und dieser verfluchte Travers brachte dann das Faß zum Überlaufen.«
»Travers?« sagte ich und begriff nicht.
»Patrick Travers, der Mann, dessen Name in meiner Scheidungsklage steht. Bist du ihm schon einmal begegnet?«
»Der Name ist mir bekannt«, sagte ich zögernd, denn ich wollte erst noch mehr hören, bevor ich unsere flüchtige Bekanntschaft eingestehen wollte.
»Komisch«, sagte er. »Ich könnte schwören, ihn bei der Vernissage gesehen zu haben.«
»Aber was meinst du damit, er habe das Faß zum Überlaufen gebracht?« fragte ich in der Absicht, ihn von dem Thema
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