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Archer Jeffrey

Archer Jeffrey

Titel: Archer Jeffrey Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ein Mann von Ehre
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eine betörende Schönheit verwandelt hätten. Beim Öffnen des dritten Kästchens begann es ihm zum erstenmal richtig bewußt zu werden, warum sein Großvater als einer der rührigsten Kaufleute des Jahrhunderts gegolten hatte. Und all das gehörte nun Alex Romanow, einem mittellosen Staatsbeamten, der sich allmählich von seiner Verblüffung erholte und zu fragen begann, wie er es anstellen konnte, um auch in den Genuß solcher Reichtümer zu kommen.
Für die restlichen neun Fächer brauchte Romanow noch eine ganze Stunde. Nach dem letzten, das – beinahe enttäuschend – nur Goldmünzen enthielt, fühlte er sich völlig erschöpft. Er schaute zur Uhr an der Wand: halb sechs. Er drückte die Deckel wieder auf ein Fach nach dem anderen. Ein prachtvolles Schmuckstück aber mußte er einfach herausnehmen, weil er sich davon nicht lösen konnte.
Nachdenklich hielt er die lange, massive Goldkette mit dem schweren goldenen Medaillon in der Hand, mit dem eingravierten Porträt des stolzen, stattlichen Grafen Nikolai Alexandrowitsch auf der einen, dem Profil seiner Großmutter auf der anderen Seite – einer so bezaubernd wirkenden Frau, daß an ihr jedes Juwel dieses Schatzes zu unvergleichlicher Geltung gekommen sein mußte.
Er brachte es nicht über sich, die Kette wieder zu verschließen und legte sie sich schließlich um den Hals; das Medaillon baumelte auf seiner Brust. Ein letzter Blick und er steckte es unter sein Hemd, bevor er das Übrige in die letzten Fächer zurücklegte und den Safe zusperrte.
Zum zweitenmal an diesem Tag mußte Romanow an seinen Vater denken und an die Entscheidung, die er angesichts solchen Reichtums offenbar getroffen hatte. Er hatte sein Geheimnis für sich behalten; er war nach Rußland zurückgekehrt. Hatte er das für seinen Sohn getan, um ihn vor einem Leben unvermeidlicher Plackerei zu bewahren? Der Vater hatte ihm immer wieder eine wunderbare, aufregende Zukunft versprochen, hatte gesagt, daß es da Geheimnisse gebe, in die Alex noch nicht eingeweiht werden könne, dafür sei er noch zu jung –, und Alex hatte damit seinen Vater bei den Behörden denunziert und war mit der Aufnahme in den Komsomol belohnt worden. Sein Vater aber hatte sein Geheimnis mit ins Grab genommen und, wäre Poskonow nicht gewesen, Alex hätte von dem Vermögen nie etwas gehört.
Hatte Poskonow davon gewußt? Oder war es purer Zufall, daß er ihn ausgerechnet zuerst zu dieser Bank geschickt hatte? Geheimdienstoffiziere, die an Zufälle glauben, werden nicht alt
– Romanow gab sich einen Ruck.
Nur ein falscher Schachzug, und er würde seinem Vater und Großvater in den staatlich verordneten Tod folgen. Bei seiner nächsten Begegnung mit dem alten Bankier würde er seine ganze Geschicklichkeit aufbringen müssen, sonst hätte er keine Chance – und gewiß nicht mehr die Wahl zwischen einer Machtstellung daheim oder Reichtum im Westen.
»Sobald ich die Zaren-Ikone gefunden habe, werde ich mich entscheiden«, sagte er laut. Er fuhr jäh herum, als ihn das durchdringende Schrillen der Alarmglocke überraschte. Er blickte auf die Uhr und war erstaunt, daß er schon so lange in dem versperrten Raum gewesen war. Ohne sich noch einmal umzusehen, schritt er zur Tür des Tresorraumes und drückte auf den roten Knopf. Vor der gleich aufspringenden Tür draußen standen zwei besorgt wirkende Herren Bischoff. Der Junior versperrte eiligst die Bankschlösser zu den fünf Safes im Tresorraum.
»Wir begannen uns allmählich wegen der Zeit Sorgen zu machen«, entschuldigte sich der Senior. »Sie haben hoffentlich alles zu Ihrer Zufriedenheit vorgefunden.«
»Ganz und gar«, sagte Romanow. »Was geschieht aber, wenn ich in absehbarer Zeit nicht wiederkommen könnte?«
»Das spielt überhaupt keine Rolle«, antwortete Herr Bischoff.
»Die Safes werden bis zu Ihrem nächsten Besuch nicht wieder angerührt, und da sie hermetisch verschlossen sind, bleibt der optimale Zustand Ihrer Besitztümer garantiert.« »Welche Temperatur herrscht im Tresorraum?«
»Zehn Grad Celsius«, entgegnete Herr Bischoff, den die Frage merklich verblüffte.
»Sind die Fächer luftdicht?«
»Selbstverständlich«, erwiderte der Bankier. »Und wasserdicht. Das soll nicht heißen, das der Keller je überflutet worden wäre«, fügte er mit völlig ernster Miene hinzu.
»Alles im Tresorraum Aufbewahrte ist vor jeder Nachforschung sicher?«
»Sie sind in fünfzig Jahren erst der Dritte, der den Inhalt der fünf Safes zu Gesicht bekommen hat«, sagte

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