Archer Jeffrey
stolz, weil er so vorausblickend gewesen war. Er kramte noch einmal in seinem Mantel und förderte schließlich ein großes, braunes Kuvert zutage, auf dessen oberem Teil in dicken, schwarzen Lettern »Holbrooke, Holbrooke und Gascoigne« aufgedruckt war. Er entnahm dem Umschlag die Kopie der Sterbeurkunde seines Vaters, das Testament sowie einen Brief mit der Aufschrift »An alle Beteiligten« und reichte alles Monsieur Roget, der die drei Dokumente langsam durchlas und sie an seinen Partner weiterreichte. Nachdem Monsieur Roget die Papiere seinerseits eingehend studiert hatte, flüsterte er dem Direktor etwas in Ohr.
»Hätten Sie etwas dagegen, wenn wir – selbstverständlich in Ihrem Beisein – Mr. Holbrooke anriefen?« fragte Monsieur Roget.
»Nein«, antwortete Adam schlicht. »Aber ich warne Sie: Er ist ziemlich miese-petrig.«
»Miese-petrig?« wiederholte der Bankier. »Verzeihen Sie, daß mir dieses Wort nicht geläufig ist, wenn ich auch zu verstehen glaube, was es bedeutet.«
Er wandte sich an Monsieur Neffe, der sogleich den Raum verließ und eine Minute später mit einem Exemplar des britischen Anwaltsregisters von 1966 zurückkehrte.
Adam war von den Usancen dieser Bank tief beeindruckt: Monsieur Roget überprüfte, ob Nummer und Adresse auf dem Briefkopf mit Nummer und Adresse im Jahrbuch übereinstimmten. »Ich glaube, es wird nicht nötig sein, Mr. Holbrooke anzurufen«, sagte er schließlich. »Aber wir haben da noch ein kleines Problem, Mr. Scott.«
»Nämlich?« fragte Adam nervös.
»Herrn Rosenbaums Konto ist ein wenig überzogen, und den Vorschriften unseres Hauses gemäß müssen alle Außenstände beglichen sein, bevor ein Safe geöffnet werden darf.«
Adams Puls begann zu rasen, als er sich vorstellte, daß er möglicherweise zuwenig Geld bei sich hatte, um diese Angelegenheit in Ordnung zu bringen.
»Das Konto ist bloß um hundertzwanzig Franken überzogen«, fuhr Monsieur Roget fort. »So viel beträgt die Safemiete für die letzen beiden Jahre, seit Herrn Rosenbaums hinterlegte Summe erschöpft ist.«
Adam atmete erleichtert auf, zog seine Brieftasche hervor, unterzeichnete einen Reisescheck und übergab ihn Monsieur Roget.
»Und nun«, sagte Monsieur Roget, »benötigen wir noch Ihre Unterschrift auf dem Entlastungsformular für die Bank.«
Er händigte Adam ein langes Formular aus, das eine Unzahl von Paragraphen in kleingedrucktem Französisch enthielt. Adam warf nur einen Blick darauf, dann gab er es Heidi, die es Absatz für Absatz sorgfältig durchlas. Monsieur Roget nützte die Zeit, um Adam zu erklären, daß es sich um eine StandardVerzichtserklärung handle, die die Bank von jeglicher Haftung bezüglich des Inhalts des Schließfachs und Adams gesetzmäßigem Anspruch darauf befreite.
Heidi blickte auf und nickte zustimmend. Daraufhin unterzeichnete Adam mit einem schwungvollen Schnörkel auf der dafür vorgesehenen Linie.
»Somit wären alle Formalitäten erledigt«, sagte der Bankier.
»Und jetzt müssen wir nur noch Ihre Kassette holen.«
»Ich könnte mir durchaus vorstellen, daß sie leer ist«, meine Adam, sobald er und Heidi allein waren.
»Genausogut kann sie randvoll mit Golddublonen sein, du alter Pessimist!« gab das Mädchen zurück.
Als die beiden Bankleute wenige Minuten später zurückkehrten, trug Monsieur Neffe eine flache Metallkassette, die etwa dreißig mal fünfundzwanzig Zentimeter groß und ungefähr acht Zentimeter hoch war. Adam war von den eher bescheidenen Ausmaßen enttäuscht, ließ sich aber nichts anmerken. Inzwischen machte Monsieur Roget sich daran, das obere Schloß mit dem Bankschlüssel zu öffnen; dann reichte er Adam ein kleines, vergilbtes Kuvert mit einem Wachssiegel, über das Unterschriften gekritzelt waren.
»Was immer sich in dieser Kassette befindet, gehört Ihnen, Mr. Scott. Lassen Sie uns bitte wissen, wann Sie fertig sind. Bis dahin warten wir draußen auf dem Korridor.«
Die beiden Männer verließen den Raum.
»So mach doch endlich!« sagte Heidi. »Ich kann es ja kaum erwarten!«
Adam riß den Briefumschlag auf. Ein Schlüssel fiel heraus. Nervös fummelte er damit an dem Schloß herum, bis es endlich aufschnappte; dann drückte er den Deckel auf. In der Kassette lag ein kleines, flaches Päckchen, das in Musselin gehüllt und mit einem Bindfaden fest verschnürt war. Die Knoten ließen sich nicht so einfach lösen, so daß Adam schließlich ungeduldig wurde und die Schnur herunterriß. Vorsichtig entfernte er den Musselin.
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