Archer Jeffrey
jemanden mit Ihren besonderen Fähigkeiten unterzubringen«, sagte Dexter sachlich. »Ich habe allerdings eine freie Planstelle, für die ich Sie möglicherweise empfehlen könnte.« Sie machte eine Pause. »Als Direktor unserer Zweigstelle in Cleveland.«
»Cleveland?«
»Ja.«
»Nach achtundzwanzig Jahren bei der Gesellschaft«, sagte Connor, »hatte ich eigentlich gehofft, Sie würden etwas in Washington für mich finden. Sie wissen doch bestimmt, daß meine Frau die Leiterin des Immatrikulationsbüros an der Georgetown University ist. Es durfte nahezu unmöglich sein, daß sie eine ähnliche Aufgabe in… Ohio findet.«
Ein langes Schweigen folgte.
»Ich würde Ihnen ja gern entgegenkommen«, sagte Dexter schließlich in unverändert sachlichen Tonfall. »Aber in Langley gibt es in absehbarer Zeit nichts Passendes für Sie. Wenn Sie den Posten in Cleveland übernehmen, wäre es vielleicht möglich, Sie in zwei Jahren hier unterzubringen.«
Connor starrte über den Tisch auf die Frau, die seit sechsundzwanzig Jahren seine Chefin war. Ihm war schmerzhaft bewußt, daß sie ihn jetzt abservierte wie bereits viele Kollegen vor ihm. Aber warum? Er hatte ihre Befehle doch stets buchstabengetreu ausgeführt. Er blickte auf die Akte. Hatte der Präsident gefordert, daß jemand geopfert werden solle, nachdem er peinlichst über die Aktion der CIA in Kolumbien befragt worden war? Sollte Cleveland seine Belohnung für die vielen Jahre im Staatsdienst sein?
»Gibt es eine Alternative?« fragte er.
Die Direktorin antwortete prompt. »Sie können vorzeitig in den Ruhestand gehen.« Ihr Tonfall hätte nicht anders sein können, wenn sie vorgeschlagen hätte, den sechzigjährigen Hausmeister ihres Apartmentblocks durch einen jüngeren zu ersetzen.
Connor konnte nicht glauben, was er horte. Er hatte der Gesellschaft fast sein Leben lang gedient und, wie viele seiner Kollegen, oft Kopf und Kragen für die Interessen des Landes riskiert.
Helen Dexter erhob sich. »Geben Sie mir Bescheid, wenn Sie sich entschieden haben.« Ohne ein weiteres Wort verließ sie das Zimmer.
Connor blieb reglos an seinem Schreibtisch sitzen und versuchte, sich die Folgen von Dexters Worten auszumalen. Er erinnerte sich an ein fast identisches Gespräch, von dem Chris Jackson ihm vor acht Monaten erzählt hatte. Ihm war ein Posten in Milwaukee angeboten worden. »Das könnte mir nie passieren«, hatte er damals zu Chris gesagt. »Schließlich bin ich Mannschaftsspieler, und niemand würde annehmen, daß ich scharf auf ihren Posten bin.« Doch Connor hatte sich einer wesentlich schlimmeren Sünde schuldig gemacht. Indem er Dexters Befehle ausführte, war er unbewußt der Grund ihres möglichen Sturzes geworden. Wenn er nicht mehr in der Nähe war, wo er sie in Verlegenheit bringen konnte, wurde sie vielleicht wieder auf die Füße kommen. Er fragte sich, wie viele andere gute Offiziere im Lauf der Jahre auf dem Altar ihres Egos geopfert worden waren.
Joan unterbrach Connors Gedankengang, als sie sein Büro betrat. Er brauchte ihr gar nicht erst zu sagen, wie schlimm das Treffen verlaufen war.
»Kann ich irgend etwas für Sie tun?« fragte sie leise.
»Nein, danke, Joan.« Nach kurzem Schweigen fügte er hinzu: »Sie wissen ja, daß ich bald aus dem Außendienst ausscheiden werde.«
»Am ersten Januar. Aber angesichts Ihrer Personalakte wird die Gesellschaft Ihnen gewiß einen großen Schreibtisch anbieten, zur Abwechslung endlich zivilisierte Arbeitsstunden und vielleicht obendrein noch eine langbeinige Sekretärin.«
»Es sieht nicht so aus«, antwortete Connor. »Die Direktorin hatte nur einen Posten für mich in Aussicht: die Leitung unserer Filiale in Cleveland. Und von einer langbeinigen Sekretärin war erst recht keine Rede.«
»Cleveland?« echote Joan ungläubig.
Connor nickte.
»Dieses Miststück!«
Connor starrte seine langjährige Sekretärin erstaunt an. Mit einer solchen Bezeichnung hatte sie in den neunzehn Jahren, die er Joan nun schon kannte, noch nie jemanden bedacht, geschweige denn ihre Direktorin.
Joan blickte Connor in die Augen und fragte: »Was werden Sie Maggie sagen?«
»Ich weiß noch nicht. Aber da ich sie seit achtundzwanzig Jahren getäuscht habe, wird mir wohl auch diesmal etwas einfallen.« Als Chris Jackson die Tür öffnete, läutete eine Glocke, um den Geschäftsinhaber darauf aufmerksam zu machen, daß jemand den Laden betreten hatte.
In Bogota gibt es me hr als hundert Pfandleihen; der Großteil befindet sich im Bezirk
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