Archer Jeffrey
dem Expreß aus Moskau in St. Petersburg eingetroffen. Der Mann arbeitet allein. Ich werde Sie in drei Minuten wieder anrufen.«
Drei Minuten später hatte sich die Abteilung vollzählig eingefunden, um mitzuhören.
»Ich bin sicher, daß jetzt die gesamte Antiterroreinheit der St. Petersburger Polizei aufmerksam jedem meiner Worte lauscht«, begann der Anrufer. »Gestatten Sie mir, Sie ein wenig zu unterstützen. Der Attentäter ist eins sechsundachtzig, hat blaue Augen und dichtes, sandfarbenes Haar. Aber er wird sein Aussehen möglicherweise verändern. Über seine Kleidung vermag ich keine Auskunft zu geben. Aber ein bißchen was müssen Sie ja auch selbst tun, um Ihr Gehalt zu verdienen.« Wieder hängte er rasch ein.
Die nächste halbe Stunde hörte sich die ganze Abteilung den Mitschnitt immer wieder an. Plötzlich drückte der Chef seine kaum angerauchte Zigarette aus und sagte: »Spielen Sie noch einmal die dritte Kassette ab.« Der junge Polizeileutnant drückte auf eine Taste und fragte sich, was sein Chef wohl vernommen hatte, das allen anderen entgangen war. Wieder horten sie sich die Kassette angespannt an.
»Halt!« befahl der Polizeichef bereits nach wenigen Sekunden. »Dachte ich’s mir doch! Lassen Sie das Band zurücklaufen, und zählen Sie mit!«
Was mitzählen, wollte der Leutnant fragen, als er auf die Rückspultaste drückte. Aber diesmal hörte auch er das Schlagen einer Uhr im Hintergrund.
Noch einmal ließ er die Kassette bis zum Anfang zurücklaufen, und alle lauschten aufmerksam.
»Zwei Schläge«, stellte der Leutnant fest. »Wenn es zwei Uhr nachmittags war, hat unser Informant aus dem Fernen Osten angerufen.«
Boltschenkow lächelte. »Das glaube ich nicht«, widersprach er. »Ich halte es für wahrscheinlicher, daß der Anruf um zwei Uhr früh an der Ostküste der Vereinigten Staaten gemacht wurde.«
Maggie langte nach dem Telefon auf ihrem Nachttisch und tippte eine Nummer mit der Vorwahl 650 ein. Am anderen Ende läutete es nur zweimal, bevor der Anruf entgegengenommen wurde.
»Tara Fitzgerald«, meldete sich eine energische Stimme. Kein »Hallo«, kein »Guten Abend«, auch keine Bestätigung, daß der Anrufer die richtige Nummer gewählt hatte. Nur die nüchterne Nennung ihres Namens, damit niemand Zeit vergeuden mußte. Genau wie ihr Vater, dachte Maggie.
»Hallo, Honey, ich bin’s, Mom.«
»Hi, Mom. Ist der Wagen wieder steckengeblieben, oder geht es um was Ernstes?«
»Nein, Honey, mir fehlt nur dein Vater«, antwortete Maggie lachend. »Ich habe gehofft, du hast ein bißchen Zeit zum Plaudern.«
»Na, wenigstens fehlt dir nur ein Mann«, entgegnete Tara und versuchte ihre Mutter ein wenig aufzuheitern. »Mir fehlen zwei.«
»Ja, aber du weißt wenigstens, wo Smart sich aufhält und kannst ihn anrufen, wann immer du willst. Mein Problem ist, daß ich keine Ahnung habe, wo dein Vater steckt.«
»Das ist doch nichts Neues, Mom. Wir kennen schließlich die Regeln, wenn Dad fort ist. Von den Frauen wird erwartet, daß sie brav zu Hause sitzen und auf die Rückkehr ihres Herrn und Meisters warten. Typisch irisch…«
»Ja, ich weiß. Aber bei dieser Reise habe ich ein so ungutes Gefühl.«
»Ich bin sicher, du brauchst dir keine Sorgen zu machen, Mutter. Dad ist ja erst eine Woche fort. Überleg doch mal, wie oft er plötzlich nach Hause kam, wenn du am wenigsten damit gerechnet hattest. Ich hab’ mir oft gedacht, er kommt deshalb so plötzlich heim, weil er rausfinden will, ob du nicht einen heimlichen Liebhaber hast.«
Maggie lachte nicht sehr überzeugend
»Da ist aber noch etwas anderes, das dir Sorgen macht, Mom, nicht wahr?« fragte Tara leise. »Möchtest du mit mir darüber reden?«
»Ich habe ein Kuvert gefunden. Es ist an mich adressiert, aber Connor hatte es in einer seiner Schubladen versteckt.«
»Der alte Romantiker. Was hat er dir denn geschrieben?«
»Ich weiß es nicht. Ich habe es nicht aufgemacht.«
»Warum nicht, um Himmels willen?«
»Weil er klar und deutlich daraufgeschrieben hat: ›NICHT VOR DEM 17. DEZEMBER ÖFFNEN‹.«
»Wahrscheinlich nur eine Weihnachtskarte, Mom«, meinte Tara beruhigend.
»Das bezweifle ich«, widersprach Maggie. »Ich kenne kaum einen Ehemann, der seiner Frau eine Weihnachtskarte schreibt, und wenn doch, versteckt er sie bestimmt nicht in einem braunen Umschlag in einer Lade.«
»Wenn du dir so viele Gedanken darüber machst, Mom, hätte Dad sicher nichts dagegen, wenn du den Umschlag öffnest. Dann wirst du wahrscheinlich
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