Archer Jeffrey
Sie noch da, Keith?«
»Ja, ja«, sagte er. »Aber ich hatte doch am Tag vor meinem
Abflug noch mit ihr zu Abend gegessen, und sie sah großartig
aus.«
»Es tut mir wirklich leid, Keith. Höchst bedauerlich, daß es
ausgerechnet passiert ist, als Sie bereits außer Landes waren.
Ich habe vorsichtshalber veranlaßt, daß um neun Uhr zwei
Erste-Klasse-Plätze für einen Flug mit der Quantas nach
Melbourne reserviert werden. Wenn Sie sofort losfahren,
schaffen Sie es noch. Sie könnten aber auch den gleichen Flug
morgen nehmen.«
»Nein, ich fliege sofort zurück«, entgegnete Townsend. »Soll ich meinen Wagen zum Hotel schicken, damit der
Fahrer Sie zum Flughafen bringt?«
»Danke, sehr liebenswürdig, aber ich habe bereits einen
Wagen gebucht, der mich zum Bahnhof bringen sollte.« »Ich habe das Quantas-Personal in Heathrow benachrichtigt,
damit es Ihnen behilflich ist. Aber bitte zögern Sie nicht, mich
anzurufen, falls es irgend etwas anderes gibt, womit ich Ihnen
helfen kann.«
»Danke.« Townsend legte auf und rannte hinüber zum
Empfang. »Ich muß das Hotel sofort verlassen. Bitte sorgen Sie
dafür, daß meine Rechnung ausgestellt ist, wenn ich wieder
herunterkomme«, bat er den Empfangschef.
»Selbstverständlich, Sir. Werden Sie den Wagen noch
benötigen, der vor dem Eingang wartet?«
»Ja, allerdings.« Townsend rannte zum ersten Stock hinauf
und über den Flur. Vor Zimmer 124 blieb er stehen und klopfte
mit der Faust gegen die Tür. Kate öffnete fast augenblicklich.
Sofort sah sie Keith’ besorgtes Gesicht.
»Was ist passiert?« erkundigte sie sich.
»Meine Mutter hatte einen Herzanfall. Bringen Sie Ihr
Gepäck gleich hinunter. Wir fahren in fünf Minuten los.« »Das tut mir schrecklich leid. – Möchten Sie, daß ich Henry
Wolstenholme anrufe und ihm erkläre, was passiert ist?« »Nein. Das können wir vom Flugplatz aus erledigen.« Keith
stürmte über den Flur zum Aufzug.
Wenige Minuten später war er bereits wieder im Foyer.
Während sein Gepäck im Kofferraum des Mietwagens verstaut
wurde, bezahlte er die Rechnung; dann gab er dem Pagen ein
Trinkgeld, eilte zum Wagen und setzte sich neben Kate auf die
Rückbank. Er lehnte sich vor, tippte dem Fahrer auf die
Schulter. »Heathrow.«
»Heathrow?« echote der Mann skeptisch. »In meinem
Tagesauftrag steht, daß ich Sie zum King’s Cross fahren soll.
Von Heathrow steht hier gar nichts.«
»Es ist mir verdammt egal, was in Ihrem Tagesauftrag
steht!« brauste Townsend auf. »Bringen Sie mich sofort nach
Heathrow!«
»Bedaure, Sir, aber ich habe meine Anweisungen. King’s
Cross ist eine Stadtfahrt, müssen Sie wissen, wogegen ich bei
Heathrow die Stadtgrenze verlassen müßte, und ich darf
nicht…«
»Wenn Sie nicht sofort losfahren und aufs Gas treten, drehe
ich Ihnen den Hals um!« brüllte Townsend.
»Eine solche Unverschämtheit brauch’ ich mir von niemand
gefallen lassen!« Der Fahrer stieg aus, öffnete den Kofferraum
und machte sich daran, das Gepäck auszuladen.
Townsend wollte ihm wutentbrannt hinterher, doch Kate
nahm seine Hand. »Bleiben Sie ruhig sitzen, und überlassen
Sie das mir«, sagte sie bestimmt.
Keith konnte das Gespräch nicht hören, das Kate und der
Fahrer hinter dem Wagen führten, doch es dauerte nicht lange
und er sah, daß das Gepäck wieder eingeladen wurde. Als Kate sich wieder neben ihn setzte, murmelte er:
»Danke.«
»Danken Sie nicht mir, sondern ihm«, wisperte Kate. Der Mann fuhr los, bog an der Ampel links ab und reihte
sich in den morgendlichen Verkehr ein. Erleichtert sah Armstrong, daß um diese Zeit nicht allzu viele Wagen aus London heraus fuhren, im Gegensatz zu den Stoßstangen-an
Stoßstangen-Schlangen, die in die Hauptstadt hinein wollten. »Ich muß Downer noch einmal anrufen, sobald wir am
Flughafen sind«, sagte Townsend leise.
»Wieso?« fragte Kate.
»Ich würde gern mit dem Arzt meiner Mutter in Melbourne
reden, ehe wir losfliegen, aber ich habe seine Nummer nicht.« Kate nickte. Townsend trommelte mit den Fingerspitzen
nervös ans Fenster und versuchte, sich genau an sein letztes
Beisammensein mit seiner Mutter zu erinnern. Er hatte ihr von
der möglichen Übernahme der West Riding Group erzählt, und
sie hatte mit ihren üblichen klugen Fragen reagiert. Nach dem
Dinner hatte er sie verlassen, ihr zuvor jedoch versprochen, sie
gleich nach Abschluß des Geschäfts von Leeds aus anzurufen. »Und wer ist das Mädchen, das du mitnimmst?« hatte sie
gefragt. Keith war ihr ausgewichen, doch er wußte,
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