Archer Jeffrey
sechshundert Guineen.
Längere Zeit war alles ruhig an der Mrs.-Trentham-Front. Gerade das beunruhigte mich, weil ich annahm, daß sie etwas im Schilde führte. Jedesmal, wenn ein Geschäft zum Verkauf kam, erwartete ich, daß sie gegen mich bieten würde; und wenn es irgendwelche Schwierigkeiten in der Terrace gab, fragte ich mich, ob etwa sie dahintersteckte. Becky und Daphne meinten, daß ich anfinge, unter Verfolgungswahn zu leiden, bis mir Arnold erzählte, daß er im »Musketier« gesessen habe, als Wrexall einen Anruf von Mrs. Trentham bekam. Leider konnte er nichts Näheres darüber erfahren, weil der Wirt ihn im Hinterzimmer entgegengenommen hatte. Danach sah meine Frau ein, daß die Zeit Mrs. Trenthams Rachedurst wohl doch nicht gestillt hatte.
Irgendwann im März berichtete uns Joan, daß ihre frühere Herrin zwei Tage lang gepackt hätte, ehe sie nach Southampton gefahren worden sei, wo sie an Bord eines Schiffes nach Australien ging. Diese Neuigkeit konnte Daphne bestätigen, als sie die Woche darauf zum Dinner in die Gilston Road kam.
»Man kann nur annehmen, meine Lieben, daß sie ihren schrecklichen Sohn besucht.«
»Bisher hat sie allen immer nur zu gern lang und breit erklärt, was er alles erreicht hat, also warum schweigt sie diesmal?«
»Keine Ahnung«, antwortete Daphne.
»Meinst du, er beabsichtigt nach England zurückzukommen, jetzt nachdem sich alles etwas beruhigt hat?«
»Nein, das glaube ich nicht.« Daphne runzelte die Stirn. »Sonst hätte es doch ein Schiff in die umgekehrte Richtung sein müssen, oder? Jedenfalls so, wie ich seinen Vater kenne, würde Guy ganz bestimmt nicht wie der verlorene Sohn aufgenommen, falls er es wagen sollte, sich in Ashurst Hall sehen zu lassen.«
»Irgend etwas ist faul«, sagte ich überzeugt. »Mrs. Trenthams Geheimnistuerei in letzter Zeit muß ihren Grund haben.«
Etwa drei Monate später, im Juni 1927, machte mich der Colonel auf Guy Trenthams Todesanzeige in der Times aufmerksam. »Welch ein schrecklicher Tod«, war seine einzige Bemerkung.
Daphne nahm an der Beerdigung in Ashurst teil, weil sie, wie sie später erklärte, sehen mußte, wie der Sarg ins Grab gelassen wurde, bevor sie überzeugt sein konnte, daß Guy Trentham wirklich nicht mehr unter uns weilte.
Percy erzählte mir später, daß er sie gerade noch davon hatte abhalten können, den Totengräbern zu helfen, als sie das Grab mit guter englischer Erde zuschütteten. Daphne sagte, daß sie nach wie vor skeptisch war, was die angegebene Todesursache betraf, auch wenn sie keine Beweise hatte.
»Zumindest werden wir aus dieser Richtung keine Unannehmlichkeiten mehr haben«, meinte Percy abschließend.
Ich runzelte die Stirn. »Das kann ich erst glauben, wenn sie Mrs. Trentham neben ihn gelegt haben.«
26
1929 zogen die Trumpers in ein größeres Haus in Little Boltons um. Daphne versicherte ihnen, auch wenn es »Little« hieß, sei es doch ein Schritt in die richtige Richtung. Mit einem Blick auf Becky fügte sie hinzu: »Aber es ist immer noch ein gutes Stück bis zum Eaton Square, meine Lieben.«
Die Einstandsfeier der Trumpers hatte eine doppelte Bedeutung für Becky. denn sie würde am nächsten Tag ihr Magister Artium-Diplom erhalten. Als Percy sie aufzog, weil sie so lange für die Diplomarbeit über ihre große Liebe, Bernardino Luini, gebraucht hatte, sagte sie, daß ihr Mann daran nicht ganz unschuldig gewesen sei.
Charlie versuchte gar nicht, sich zu verteidigen, sondern schenkte Percy noch einen Cognac ein, ehe er eine Zigarre abschnitt.
»Hoskins wird uns zur Feier fahren«, erklärte Daphne, »wir werden uns also dort sehen. Das heißt, wenn sie diesmal so nett sind, uns einen Platz in den vorderen dreißig Reihen zuzuteilen.«
Charlie freute sich, als er sah, daß Daphne und Percy nur eine Reihe hinter ihnen und so nahe genug an der Bühne saßen, um die ganze Zeremonie verfolgen zu können.
»Wer ist das?« fragte Daniel, als vierzehn würdevolle ältere Herren in schwarzen Talaren und purpurnen Stolen auf die Bühne traten und dort ihre Plätze einnahmen.
»Der Universitätssenat«, erklärte Becky ihrem achtjährigen Sohn. »Er bestimmt, wer ein Diplom bekommt. Aber du darfst jetzt nicht so viele Fragen stellen, Daniel, sonst beschweren sich die Leute.«
In diesem Augenblick erhob sich der Vizepräsident, um die Urkunden zu verleihen.
»Ich fürchte, wir werden erst die ganzen Bakkalaureate über uns ergehen lassen müssen, bevor ich aufgerufen werde«, meinte
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