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Archer, Jeffrey

Archer, Jeffrey

Titel: Archer, Jeffrey Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Abels Tochter
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fühlte sich nicht alt. Es war jedoch nicht zu leugnen, daß sich auf der Straße schon Männer nach ihrer Tochter umdrehten, und zu ihrem Sohn mußte sie bereits aufschauen. Es war ungerecht; Richard sah nicht aus wie vierzig ein paar weiße Strähnen an den Schläfen, das Haar vielleicht eine Spur weniger voll als früher, aber sonst wirkte er ebenso wie damals, als sie einander kennenlernten. Sie bewunderte ihn, daß er Zeit fand, zweimal in der Woche im Harvard Club Squash und am Wochenende Cello zu spielen. Nach Edwards Anruf dachte sie zum erstenmal an das Älterwerden. Wie morbid! Nächstens würde sie an den Tod denken. Vor einem Jahr war Thaddeus Cohen gestorben. Von dieser Generation waren nur noch Kate Kane und ihre Mutter am Leben.
    Florentyna versuchte ihre Zehen zu berühren. Es gelang ihr nicht, und sie kehrte zu den monatlichen Bankauszü-
    gen der Baron-Gruppe zurück. Das gab ihr wieder Selbstvertrauen. London brachte immer noch nichts ein, obwohl das Hotel in Mayfair eine ausgezeichnete Lage hatte. Irgendwie gelang es den Engländern, unerfüllbare Lohnforderungen mit hoher Arbeitslosigkeit und Perso-nalmangel zu verbinden. In Riad mußte man wegen Diebstahl das gesamte Management entlassen, und in Polen erlaubte die Regierung der Gruppe immer noch nicht, Gewinne aus dem Land zu überweisen. Abgesehen von diesen kleineren Problemen, mit denen ihr Direktoren-team sicherlich zurechtkam, war die Gesellschaft gesund und erfolgreich.
    Florentyna hatte Richard versichert, daß die Baron-Gruppe 1974 mehr als einundvierzig Millionen verdienen würde, während Lester höchstens achtzehn Millionen machen würde. Richard hingegen prophezeite, daß Lesters Gewinne 1974 jene der Baron-Gruppe übersteigen würden. Florentyna heuchelte Ungläubigkeit, wußte jedoch, daß seine finanziellen Voraussagen nur selten falsch waren.
    Ihre Gedanken kehrten zu Edward zurück, als das Telefon klingelte. Gianni di Ferranti fragte, ob sie seine Kollektion für Paris anschauen wolle, und damit vergaß sie ihren Schulfreund bis nächsten Dienstag, ein Uhr.

    Ein paar Minuten nach eins betrat Florentyna in einem neuen, von Gianni entworfenem Kleid – mittellang, dunkelgrüne Seide mit ärmelloser Jacke – das Restaurant Four Seasons. Ob sie Edward erkennen würde? Er erwartete sie am Ende der breiten Eingangstreppe.
    Insgeheim hoffte sie, ebenso jugendlich auszusehen wie er.
    »Edward«, rief sie, »du hast dich gar nicht verändert.«
    Er lachte. »Nein, wirklich«, zog ihn Florentyna auf, »ich mochte immer schon graue Haare, und die zusätzlichen Kilos stehen dir ausgezeichnet. Genauso, wie ich mir einen erfolgreichen Anwalt aus meiner Heimatstadt vorstelle.«
    Er küßte sie auf beide Wangen wie ein französischer General, dann folgten sie dem Maître Arm in Arm zu ihrem Tisch. Eine Flasche Champagner erwartete sie.
    »Champagner. Wie schön. Was feiern wir?«
    »Unser Wiedersehen, meine Liebe.«
    Edward bemerkte, daß Florentynas Gedanken wanderten. »Ist etwas nicht in Ordnung?«
    »Ach, ich hab mich nur erinnert, wie ich in der Schule einmal weinend auf dem Boden saß, weil du Franklin D.
    Roosevelt nicht nur einen Arm ausgerissen, sondern auch noch mit Tinte begossen hattest.«
    »Du hast es verdient, du warst eine schreckliche Besserwisserin. Der Bär konnte nichts dafür. Gibt es ihn noch?«
    »Natürlich. Jetzt wohnt er im Schlafzimmer meiner Tochter. Da er immer noch einen Arm und zwei Beine hat, muß ich annehmen, daß Annabel mit jungen Männern besser umgehen kann als ich seinerzeit.«
    Edward lachte. »Sollen wir bestellen? Ich hab so viel mit dir zu besprechen. Es war lustig, in den Zeitungen und auf dem Fernsehschirm deine Karriere zu verfolgen, aber ich möchte wissen, ob du dich verändert hast.«
    Florentyna bestellte Lachs und Salat, Edward ein Steak mit Spargel.
    »Ich bin neugierig.«
    »Worauf?« fragte Edward.
    »Warum ein Anwalt von Chicago nach New York fliegt, um einen Hotelier zu sehen.«
    »Ich komme nicht als Anwalt und bin nicht interessiert, mit einem Hotelier zu sprechen. Ich komme als Finanzberater der Demokratischen Partei von Cook County.«
    »Letztes Jahr habe ich den Demokraten von Chicago hunderttausend Dollar gegeben«, sagte Florentyna,
    »während Richard den Republikanern in New York die gleiche Summe spendete.«
    »Ich will nicht dein Geld, Florentyna, und ich weiß, daß du den Ninth District bei allen Wahlen finanziell unterstützt hast. Ich will dich.«
    »Das ist etwas

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