Archer, Jeffrey
Neues«, sagte sie lachend, »in letzter Zeit höre ich das nur mehr selten von einem Mann. Weißt du, Edward«, fuhr sie ernster fort, »in den letzten Jahren habe ich so viel gearbeitet, daß ich kaum Zeit hatte, zu wählen, geschweige denn mich persönlich zu engagieren.
Außerdem hasse ich Nixon seit Watergate, und Agnew ist noch schlimmer; Muskie kandidiert nicht, so bleibt nur McGovern, und das ist keine besonders anregende Aussicht.«
»Aber bestimmt…«
»Überdies habe ich einen Mann, zwei halbwüchsige Kinder und leite eine Zweihundert-Millionen-Gesellschaft.«
»Und was planst du für die nächsten zwanzig Jahre?«
Sie lächelte. »Eine Milliarden-Gesellschaft daraus zu machen.«
»Mit anderen Worten, immer das gleiche. Über McGovern und Nixon denke ich wie du – der eine war zu gut, der andere zu schlecht -, und auch ich weiß niemanden, für den ich mich begeistern könnte.«
»Daher willst du, daß ich 1976 als Präsidentin kandidiere?«
»Nein, ich möchte, daß du dich als Abgeordnete für den Ninth District von Illinois aufstellen läßt.«
Florentyna fiel die Gabel aus der Hand. »Soweit ich weiß, bedeutet dieser Job einen Achtzehn-Stunden-Tag, zweiundvierzigtausendfünfhundert Dollar pro Jahr, kein Familienleben, und die Wähler dürfen einen beschimpfen, soviel sie wollen. Das Schlimmste aber ist, daß man im Ninth District von Illinois wohnen muß.«
»Das wäre nicht so arg. Das Baron-Hotel liegt im Ninth District, und außerdem ist das ja nur ein Sprungbrett.«
»Wofür?«
»Für den Senat.«
»Da darf dich dann der ganze Bundesstaat beschimpfen.«
»Und irgendwann einmal kommt die Präsidentschaft.«
»Dann kann die ganze Welt miteinstimmen. Edward, wir sind nicht mehr in der Schule, und ich habe keine zwei Leben, eines für die Hotels und ein anderes für…«
»Und eines, in dem du etwas von dem zurückgeben kannst, was du anderen genommen hast.«
»Das klingt hart, Edward.«
»Ja, bitte, entschuldige. Aber ich war immer der Meinung, du könntest in der Politik eine Rolle spielen, und früher dachtest du das auch. Jetzt halte ich die Zeit dafür gekommen, besonders seit ich weiß, daß du dich nicht verändert hast.«
»Aber ich habe seit Jahren nichts mehr mit Kommunal-politik zu tun gehabt, geschweige denn mit der großen Politik.«
»Florentyna, du weißt so gut wie ich, daß die meisten Kongreßabgeordneten weder deine Erfahrung noch deine Intelligenz besitzen. Das gleiche gilt übrigens für die meisten Präsidenten.«
»Ich bin geschmeichelt, Edward, aber nicht überzeugt.«
»Jedenfalls kann ich dir sagen, daß eine Reihe von Leuten in Chicago der Ansicht sind, du solltest nach Hause kommen und für den Ninth District kandidieren.«
»Henry Osbornes ehemaligen Sitz?«
»Ja. Sein Nachfolger zieht sich in dieser Legislaturperiode zurück, und Bürgermeister Daley will einen starken Kandidaten, um alle republikanischen Kandidaten abzuschrecken.«
»Mit einer Polin?«
»Mit einer Frau, deren Bekanntheitsgrad laut Time nur von Jackie Kennedy und Margaret Mead übertroffen wird.«
»Du bist verrückt, Edward. Warum sollte ich das tun?«
»Ich glaube, es ist gut für dich. Schenk mir einen Tag deines Lebens, komm nach Chicago und lerne die Menschen kennen, die dich haben wollen. Sag mit deinen Worten, was du über die Zukunft unseres Landes denkst.
Willst du das für mich tun?«
»Gut, ich will es mir überlegen, und ich rufe dich in ein paar Tagen an. Aber ich warne dich, Richard wird mich für übergeschnappt halten.«
Da hatte Florentyna unrecht. Richard war an diesem Tag spät aus Boston zurückgekehrt, und beim Frühstück am folgenden Morgen sagte er ihr, sie habe im Schlaf gesprochen.
»Was habe ich gesagt?«
Richard sah sie an. »Etwas, das ich immer ahnte«, erwiderte er.
»Und was ist das?«
»Kann ich es mir leisten, zu kandidieren?«
Florentyna schwieg.
»Warum wollte dich Edward so dringend sehen?«
»Er möchte, daß ich nach Chicago zurückkomme und für den Kongreß kandidiere.«
»Das also war es. Ich glaube, Jessie, du solltest dir seine Idee sehr genau überlegen. Seit langem kritisierst du, daß tüchtige Frauen sich von der Politik fernhalten. Und über jene, die im öffentlichen Leben stehen, hattest du immer sehr dezidierte Meinungen. Jetzt hast du Gelegenheit, etwas dagegen zu tun, anstatt zu jammern.«
»Und was geschieht mit der Baron-Gruppe?«
»Die Rockefellers haben überlebt, obwohl Nelson Gouverneur wurde, auch die
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