Archer, Jeffrey
erkundigte sich bei Thaddeus Cohen nach der Bedeutung des Namens der Stiftung. Cohen erklärte, man habe »Remagen« gewählt, weil es das Schlachtfeld war, auf dem Colonel Rosnovski, ohne es zu wissen, Captain Kane das Leben gerettet hatte.
»Ich wußte nie, daß sie auf demselben Schlachtfeld waren«, sagte eine junge Stimme.
»Auch sie wußten es nicht«, erwiderte Cohen. »Man stellte es erst nach ihrem Tod fest.«
»Faszinierend. Sagen Sie mir, Mr. Cohen, wer wird der erste Treuhänder der Remagenstiftung sein?«
»Professor Luigi Ferpozzi.«
Im folgenden Jahr waren sowohl die Baron-Gruppe wie die Lesterbank erfolgreicher als je zuvor; Richard wurde ein einflußreicher Mann auf Wall Street, und Florentyna besuchte ihre Hotels im Nahen Osten und in Afrika. Als sie in Nambawe ankam, gab König Erobo zu ihren Ehren ein Bankett. Obwohl sie versprach, in der Hauptstadt ein Hotel zu errichten, gab Florentyna keine Erklärung ab, warum Lester nicht unter den Banken war, die sich am letzten internationalen Kredit für den König beteiligten.
William absolvierte erfolgreich sein erstes Jahr in St.
Paul und zeigte die gleiche Begabung für Mathematik wie sein Vater. Da sie denselben Professor hatten, vermieden es Vater und Sohn, ihre Leistungen zu vergleichen.
Annabel war weniger brillant als ihr Bruder, doch fand ihre Lehrerin, sie habe sich, obwohl sie in Bob Dylan verliebt war, gebessert.
»Wer ist Bob Dylan?« fragte Florentyna.
»Ich weiß es nicht«, antwortete Richard, »angeblich ist er das für Annabel, was Sinatra vor fünfundzwanzig Jahren für dich war.«
Nach fünf Jahren als Präsidentin der Baron-Gruppe begann Florentyna ihren Job monoton zu finden. Richard schien fortwährend neue Aufgaben zu haben, während Gianni di Ferranti die Geschäftskette so perfekt führte, daß er sie höchstens fragte, wohin er die Schecks senden solle.
Auch die Baron-Gruppe wurde so gut geleitet, daß es niemandem auffiel, als Florentyna eines Morgens nicht im Büro erschien.
Abends, als Richard im roten Ledersessel vor dem Kamin saß und The Billion Dollar Killing las, sprach sie ihre Gedanken aus.
»Ich langweile mich.«
Richard äußerte sich nicht.
»Es ist an der Zeit, daß ich etwas anderes mache, als nur das fortzuführen, was mein Vater aufgebaut hat.«
Richard lächelte, sah jedoch nicht von seinem Buch auf.
25
»Dreimal darfst du raten, wer spricht.«
»Bekomme ich keine Hinweise?« fragte Florentyna, ärgerlich, daß sie zwar die Stimme kannte, aber keinem Namen zuordnen konnte.
»Gut aussehend, intelligent und ein nationales Idol.«
»Paul Newman.«
»Kaum. Rat noch einmal.«
»Robert Redford.«
»Ganz daneben. Noch ein drittes Mal.«
»Ich brauche einen zusätzlichen Hinweis.«
»Niederträchtig in Französisch, nicht viel besser in Englisch und immer noch in dich verliebt.«
»Edward. Edward Winchester. Eine Stimme aus der Vergangenheit – aber du klingst völlig unverändert.«
»Wunschträume. Ich bin über vierzig, und du wirst es übrigens auch sein, nächstes Jahr.«
»Wie ist das möglich, wenn ich jetzt vierundzwanzig bin?«
»Was, schon wieder?«
»Nein, die letzten fünfzehn Jahre bin ich stehengeblie-ben.«
»Nicht, wenn es stimmt, was ich über dich gelesen habe.
Du wirst größer und größer.«
»Und wie geht es dir?«
»Ich bin Partner in einer Anwaltsfirma in Chicago: Winston und Strawn.«
»Verheiratet?«
»Nein, ich habe beschlossen, auf dich zu warten.«
Florentyna lachte. »Wenn du so lange brauchst, anzurufen und um mich anzuhalten, sollte ich dich warnen: ich bin seit mehr als fünfzehn Jahren verheiratet und haben einen vierzehnjährigen Sohn und eine zwölfjährige Tochter.«
»Gut, dann sehe ich davon ab, um dich zu werben, aber ich möchte dich gern sehen. In einer privaten Angelegenheit.«
»Private Angelegenheit? Klingt aufregend.«
»Kannst du mit mir mittagessen, wenn ich nächste Woche nach New York komme?«
»Mit Vergnügen.«
Florentyna blätterte in ihrem Terminkalender. »Wie wäre es mit Dienstag?«
»Fein. Sagen wir in den Four Seasons, um ein Uhr?«
»In Ordnung.«
Florentyna legte den Hörer auf und lehnte sich zurück.
Abgesehen von Weihnachtsgrüßen und einem gelegentlichen Brief hatte sie seit sechzehn Jahren kaum etwas von Edward gehört. Sie ging zum Spiegel und betrachtete sich kritisch. Um Mund und Augen machten sich kleine Falten bemerkbar. Sie drehte sich zur Seite; die schlanke Figur hatte sie behalten. Und sie
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