Archer, Jeffrey
hegte, Präsident von Lester zu werden, bevor Kane in Erscheinung trat, wurde aus dem Aufsichtsrat entfernt und mag Kane ungefähr so wie ein Mungo eine Kobra. Er gab mir zu verstehen, daß er seine zwei Prozent gern abgeben möchte.«
»Und warum kaufen wir sie nicht?«
»Er verlangt eine Million Dollar. Natürlich weiß er, daß Sie mit seinen Anteilen Kane stürzen können und andere Aktienbesitzer nicht bereit sind zu verkaufen. Eine Million wäre über zehn Prozent mehr, als die Aktien wert sind.«
Abel studierte die Daten, die Henry für ihn vorbereitet hatte. »Bieten Sie ihm siebenhundertfünfzigtausend«, sagte er.
George dachte an kleinere Summen, als er Abel gestand, er habe Henry in seiner Abwesenheit einen Kredit gegeben, den dieser immer noch nicht zurückgezahlt habe.
»Einen Kredit?«
»Das sind Henrys Worte, nicht meine.«
»Wer macht wem etwas vor? Wieviel?« fragte Abel.
»Fünftausend Dollar. Es tut mir leid, Abel.«
»Macht nichts. Wenn das dein einziger Fehler in den letzten drei Jahren war, kann ich mir gratulieren. Wofür gibt Henry so viel Geld aus?«
»Wein, Weib und Gesang. Unser Mann ist nicht sehr originell. Übrigens kursiert in den Bars von Chicago auch das Gerücht, daß er gern spielt.«
»Mehr brauche ich nicht von meinem neuesten Auf-sichtsratmitglied. Behalt ihn im Auge und verständige mich, wenn die Lage kritischer wird.«
George nickte.
»Und jetzt wollen wir von der Zukunft sprechen. Wenn Washington dreihundert Millionen Dollar pro Tag in die Wirtschaft pumpt, wird es zu einem Boom kommen, wie wir ihn noch nie erlebt haben. Wir müssen auch Barons in Europa bauen, solange die Grundstücke noch billig sind und die Leute nur ans Überleben denken. Fangen wir mit London an.«
»Mein Gott, Abel, die Stadt ist flachgebombt wie ein Pfannkuchen.«
»Um so leichter kann man bauen, mein Lieber.«
»Miss Tredgold«, sagte Zaphia, »heute nachmittag gehe ich zu einer Modenschau zugunsten des Chicagoer Symphonieorchesters. Vielleicht komme ich etwas später heim.«
»Jawohl, Mrs. Rosnovski.«
»Ich möchte auch gehen«, unterbrach Florentyna.
Erstaunt sahen die beiden Frauen das Kind an.
»In zwei Tagen hast du Prüfungen«, sagte Zaphia in der sicheren Annahme, daß Miss Tredgold ein so frivoles Vergnügen wie eine Modeschau mißbilligen würde. »Was mußt du heute nachmittag lernen?«
»Die Geschichte des Mittelalters«, sagte Miss Tredgold,
»von Karl dem Großen bis zum Tridentinischen Konzil.«
Zaphia war betrübt, daß ihre Tochter sich nicht für weibliche Dinge interessieren durfte, sondern als eine Art Ersatzsohn erzogen wurde, weil ihr Mann sich einen Jungen gewünscht hatte.
»Dann müssen wir es auf ein andermal verschieben«, resignierte sie.
Sie hätte sich gern durchgesetzt, wußte aber, daß sie und Florentyna es ausbaden mußten, sollte Abel davon erfahren.
Doch diesmal hatte Miss Tredgold eine Überraschung bereit.
»Ich glaube, ich bin nicht ganz Ihrer Meinung, Mrs.
Rosnovski«, sagte sie. »Es wäre eine ideale Gelegenheit, das Kind in die Welt der Mode und damit auch in die Gesellschaft einzuführen.«
Und zu Florentyna gewandt: »Eine Atempause vor den Prüfungen wird dir bestimmt nicht schaden.«
Zaphia sah Miss Tredgold mit neuem Respekt an.
»Vielleicht würden Sie auch gern mitkommen?«
Zum erstenmal sah Zaphia Miss Tredgold erröten.
»Nein, vielen Dank, nein, das ist unmöglich.«
Sie zögerte. »Ich habe Briefe, ja, Briefe, die ich beantworten muß. Diesen Nachmittag.«
An diesem Nachmittag wartete Zaphia in einem rosa Kostüm vor dem Schultor, und nicht Miss Tredgold in ihrem unvermeidlichen Dunkelblau. Florentyna fand ihre Mutter überaus hübsch.
Sie wäre am liebsten den ganzen Weg gerannt. Als sie ankamen, hatte sie Mühe, sich still zu verhalten, obwohl sie in der ersten Reihe saßen. Sie hätte die hochmütigen Mannequins, die über den hellerleuchteten Laufsteg schritten, beinahe anfassen können. Plissierte Röcke wirbelten hoch, enge Jacken wurden abgenommen und ließen schöne nackte Schultern sehen; elegante Damen mit großen Hüten und fließenden Gewändern aus blassem Organza schwebten schweigend unbekannten Zielen hinter einem roten Samtvorhang entgegen. Florentyna war fasziniert. Als das letzte Mannequin wiedergekehrt und die Vorführung zu Ende war, fragte ein Pressephotograph, ob er Zaphia aufnehmen dürfe. »Mama«, sagte Florentyna nachdrücklich, als er sein Stativ aufstellte, »du mußt den Hut
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