Archer, Jeffrey
und Francesco Borromini, der Sohn eines Steinmetzes, verwandelten die Ewige Stadt der Cäsaren und Päpste in die berühmteste Metropole der Welt. Vorbedingung: Kenntnisse in Latein und Italienisch. Deutsch und Französisch sehr erwünscht. Auf dreißig Studenten beschränkt.
Miss Rose war nicht optimistisch, daß Florentyna unter den wenigen Auserwählten sein würde. »Man sagt, daß die Studenten, nur um ihn zu sehen, von der Bibliothek bis zum Boston Common Schlange stehen, gar nicht davon zu reden, daß er ein bekannter Weiberfeind ist.«
»So wie Julius Cäsar.«
»Als ich gestern im Gemeinschaftszimmer war, behandelte er mich jedenfalls nicht wie Kleopatra«, bemerkte Miss Rose, »aber ich finde es bewundernswert, daß er im Zweiten Weltkrieg mit einer Bomberstaffel geflogen ist.
Er bestand darauf, daß keine wichtigen Gebäude bombardiert wurden, und es ist sein persönliches Verdienst, daß die meisten italienischen Kirchen verschont blieben.«
»Ich möchte jedenfalls zu seinen auserwählten Jüngern gehören.«
»Tatsächlich?« fragte Miss Rose ein bißchen spöttisch.
»Nun, sollten Sie es nicht schaffen« – sie machte eine Notiz für Professor Ferpozzi – »können Sie immer noch eine der naturwissenschaftlichen Vorlesungen nehmen; da sind die Anmeldungen nicht limitiert.«
»Nichts für mich. Ich werde Ferpozzi betören.«
Am nächsten Morgen um halb neun – eine Stunde, bevor der Professor offiziell zu sprechen war – stieg Florentyna die Marmortreppe zur Widener Library hinauf. Sie fuhr mit dem Aufzug in den obersten Stock, wo die Professoren ihre Zimmer hatten. Auf eine Tür mit Milchglasscheiben hatte kürzlich jemand mit schwarzer Farbe »Professor Ferpozzi« gemalt. Sie erinnerte sich, daß es dieser Mann gewesen war, der 1945 gemeinsam mit Präsident Conant in München über die Zukunft der deutschen Architektur entschieden hatte – was man erhalten und was man abreißen sollte. Florentyna wußte genau, daß sie ihn eigentlich noch nicht stören durfte, und wollte wieder umkehren, doch der Aufzug war schon fort. Kühn klopfte sie an die Tür. Dann hörte sie den Krach.
»Madonna! Wer immer das ist, soll verschwinden. Sie sind schuld, daß ich meine schönste Teekanne zerbrochen habe«, sagte eine ärgerliche Stimme mit italienischem Akzent.
Florentyna wäre gern fortgelaufen, statt dessen öffnete sie vorsichtig die Tür. Das Zimmer hatte sicherlich Wände, aber feststellen konnte man es nicht; Bücher und Zeitschriften türmten sich vom Boden bis zur Decke, als ersetzten sie Ziegel und Mörtel.
In der Mitte stand eine Gestalt, die ebensogut vierzig wie siebzig sein konnte. Der Mann trug eine Tweedjacke und eine graue Flanellhose, die aussah, als habe er sie bei einem Trödler erstanden. In der Hand hielt Ferpozzi einen braunen Henkel, der noch vor kurzem zu einer Teekanne gehört hatte. Zu seinen Füßen lagen ein Teebeutel und Scherben.
»Diese Teekanne besitze ich seit dreißig Jahren; ich habe sie fast so sehr geliebt wie die Pietà, junge Frau. Wie wollen Sie dafür Ersatz leisten?«
»Da Michelangelo Ihnen keine mehr machen kann, werde ich bei Woolworth eine neue kaufen.«
Der Professor mußte lächeln. »Was wollen Sie?« fragte er, hob den Teebeutel auf und ließ die Scherben liegen.
»An ihrem Seminar teilnehmen.«
»Auch in guten Zeiten habe ich nicht viel für Frauen übrig«, sagte er, ohne sie anzusehen. »Jedenfalls nicht für eine Frau, die vor dem Frühstück meine Teekanne zerbricht. Haben Sie eigentlich einen Namen?«
»Rosnovski.«
Einen Moment lang sah er sie an, dann setzte er sich an seinen Schreibtisch und schrieb etwas auf. »Rosnovski, Sie bekommen den 30. Platz.«
»Aber Sie kennen ja meine Qualifikationen noch nicht.«
»Ich kenne sie gut genug«, erwiderte er drohend. »Für nächste Woche werden Sie eine Arbeit über -«, er zögerte,
»- über Borrominis Frühwerk San Carlo alle Quattro Fontäne vorbereiten.«
Florentyna schrieb eifrig in ihr Notizbuch. »Guten Tag.«
Er wandte sich wieder den Resten seiner Teekanne zu.
Florentyna schloß leise die Tür hinter sich. Als sie die Marmortreppe hinunterging, versuchte sie ihre Gedanken zu ordnen. Wieso hatte er sie so rasch akzeptiert? Woher wußte er etwas von ihr?
Die folgende Woche verbrachte sie hauptsächlich im Fogg-Museum, studierte dicke Fachwälzer, verfertigte Dias von Borrominis Plänen und versuchte sogar zu eruieren, wieviel dieses Gebäude gekostet hatte.
Am Vorabend des
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