Archer, Jeffrey
wollen wir feiern?« fragte Richard.
»Ich habe es dir schon am Telefon gesagt – im Banksafe.«
»Liebling, als du anriefst, hatte ich eine private Unterredung mit dem Direktor; er bot mir die dritthöchste Stellung in der Überseeabteilung an.«
»Fabelhaft, dann feiern wir doppelt. Gehen wir nach Chinatown und bestellen wir fünf Pizzas und fünf doppelte Cokes.«
»Warum fünf, Jessie?«
»Weil Bella mitkommt. Übrigens, Mr. Kane, ich höre es lieber, wenn Sie mich Ma’am nennen.«
»Nein, ich glaube, ich bleibe bei Jessie. Es erinnert mich daran, wie du dich hinaufgearbeitet hast, seit wir uns kennenlernten.«
Abends kam Claude mit einer Champagnerflasche unter jedem Arm. »Machen wir gleich eine auf und stoßen wir an«, sagte Bella.
»Einverstanden«, sagte Florentyna, »aber was geschieht mit der anderen?«
»Die wird bei einer ganz besonderen Gelegenheit getrunken, die niemand von uns voraussehen kann«, sagte Claude dezidiert.
Richard öffnete die erste Flasche und schenkte ein, während Florentyna die zweite in den Kühlschrank stellte.
Am nächsten Tag unterschrieb sie den Pachtvertrag für das kleine Haus auf Nob Hill, und die Kanes übersiedelten in die Wohnung über dem Laden. Florentyna, Bella und Richard verbrachten das Wochenende mit Ausmalen, Anstreichen und Säubern, Claude, der künstlerisch Begabteste von ihnen, malte über das Schaufenster mit leuchtendblauen Buchstaben »Florentyna«. Einen Monat später war alles bereit.
Florentyna, Besitzerin und Verkäuferin in einer Person, schrieb an alle Großhändler, die ihren Vater in New York belieferten. Sehr bald schon hatte sie ein volles Lager und einen Kredit von neunzig Tagen.
Am 1. August 1958 eröffnete Florentyna den kleinen Laden. Das Datum blieb ihr im Gedächtnis, weil Bella kurz nach Mitternacht ein viereinhalb Kilogramm schweres Baby zur Welt brachte.
Einen Tag, bevor die Postgebühren erhöht wurden, schickte Florentyna einen Stoß Karten aus, um die Geschäftseröffnung bekanntzugeben. Sie hatte eine Verkäuferin von Wayout Columbus übernommen; Nancy King besaß Maisies Charme, aber zum Glück nicht deren Intelligenzquotienten. Am Morgen der Eröffnung standen beide Mädchen hoffnungsvoll an der Tür, aber den ganzen Tag kam niemand herein, außer einem Mann, der nach einer Adresse fragte. Am nächsten Morgen probierte eine junge Frau alle Blusen an, entschied sich jedoch für keine.
Nachmittags kam eine Dame mittleren Alters, suchte lange herum und kaufte schließlich ein Paar Handschuhe.
»Was kosten sie?«
»Nichts«, sagte Florentyna.
»Nichts?« wiederholte die Dame.
»Richtig, weil Sie unsere erste Kundin sind. Die Handschuhe sind ein Geschenk.«
»Wie freundlich von Ihnen, das werde ich allen meinen Bekannten erzählen.«
»Als ich bei Bloomingdale’s kaufte, habe ich nie ein paar Handschuhe geschenkt bekommen, Miss Kovats«, beschwerte sich Richard, »wenn du so weitermachst, bist du am Monatsende pleite.«
Diesmal hatte Richard unrecht. Die Dame war die Präsidentin der Junior League von San Francisco, und eine Empfehlung von ihr war mehr wert als eine ganzseitige Annonce im San Francisco Chronicle.
In den ersten Wochen schien Florentyna achtzehn Stunden am Tag zu arbeiten; nach Geschäftsschluß kontrollierte sie das Lager, während Richard die Buchhaltung machte. Monate vergingen, und Florentyna fragte sich, ob der kleine Laden je einen Profit abwerfen würde.
Nach dem ersten Jahr luden sie Bella und Claude ein, einen Verlust von siebentausenddreihundertachtzig Dollar zu feiern.
»Nächstes Jahr müssen wir ein besseres Resultat haben«, erklärte Florentyna entschieden.
»Warum?« fragte Richard.
»Weil unsere Lebensmittelrechnung steigen wird.«
»Zieht Bella vielleicht zu uns?«
»Nein. Ich bekomme ein Baby.«
Richard war überglücklich und nur besorgt, wie er Florentyna davon abhalten könnte, bis zum Tag der Entbindung zu arbeiten. Am Ende des zweiten Jahres konnten sie einen kleinen Gewinn von zweitausend Dollar feiern und die Geburt ihres Sohnes. Er hatte nur eine Brustwarze.
Wie sie ihn nennen wollten, hatten sie schon Wochen vorher beschlossen.
George Novak war erstaunt und glücklich, der Taufpate von Florentynas Sohn sein zu dürfen. Obwohl er es nicht zugab, war auch Abel erfreut, denn er begrüßte jede Gelegenheit, etwas vom Leben seiner Tochter zu erfahren.
Am Tag vor der Taufe flog George nach Los Angeles, um die Fortschritte des neuen Baron-Hotels zu kontrollieren.
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