Archer, Jeffrey
verkör-perte. Von ganzem Herzen wünschte sie, er möge die Wahl gewinnen. Sobald die Reden vorüber waren, verließ sie das neueröffnete Baron-Hotel mit dem festen Entschluß, sich an Kennedys Wahlkampf mit Zeit und Geld zu beteiligen, obwohl ihr Vater bestimmt eine Summe gespendet hatte, die ihren eigenen Beitrag winzig erscheinen lassen würde. Richard blieb ein unerschütterlicher Republikaner und unterstützte Nixon.
»Du erinnerst dich sicher, was Eisenhower sagte, als man ihn nach deinem Kandidaten fragte?« zog sie ihn auf.
»Bestimmt nichts Schmeichelhaftes.«
»Ein Journalist fragte ihn: ›Bei welchen wesentlichen Entscheidungen hat der Vizepräsident mitgewirkt?‹«
»Was antwortete Ike?« »›Wenn ich eine Woche Zeit zum Nachdenken habe, fällt mir vielleicht eine ein.‹«
Florentyna verwendete jede freie Minute darauf, Kuverts mit Adressen zu versehen und in der Parteizentrale in San Francisco Anrufe zu beantworten. Anders als bei den zwei vorangegangenen Wahlen, war sie jetzt überzeugt, den Kandidaten der Demokraten rückhaltlos unterstützen zu können. Die letzte Fernsehdebatte zwischen den beiden Kandidaten rief alle ihre politischen Ambitionen wieder wach, die Henry Osborne fast verschüttet hatte. Kennedys Charisma und politische Vernunft waren beeindruckend, und sie begriff nicht, daß jemand, der den Wahlkampf verfolgt hatte, die Republikaner wählen konnte. Richard erklärte ihr, daß Charisma und gutes Aussehen keine Garantie seien für die künftige Politik.
Richard und Florentyna verbrachten die ganze Wahl-nacht vor dem Fernsehschirm, bis Kennedy mit der kleinsten Mehrheit in der amerikanischen Geschichte Präsident wurde. Florentyna jubelte über das Ergebnis, Richard hingegen behauptete, ohne Bürgermeister Daley und die fehlenden Wahlurnen von Cook Country hätte er es nie geschafft.
»Würdest du die Demokraten wählen, wenn ich als Kandidatin aufgestellt wäre?«
»Es würde von deinen politischen Zielen abhängen; ich bin Bankier, und kein Romantiker.«
»Mein lieber, unromantischer Bankier, ich möchte einen vierten Laden eröffnen.«
»Was?«
»In San Diego ist ein Gebäude für zwei Jahre sehr günstig zu pachten. Und dann kann man den Pachtvertrag verlängern.«
»Wieviel?«
»Dreißigtausend Dollar.«
»Du bist verrückt, Jessie. Du kannst nicht mit dem voraussichtlichen Gewinn dieses Jahres sofort wieder expandieren.«
»Apropos expandieren, ich bin wieder schwanger.«
Die Antrittsrede des neuen Präsidenten hörten Florentyna und Richard in ihrer Wohnung über dem Laden.
»Verkündet es der Welt, unseren Freunden wie unseren Feinden, daß die Fackel weitergegeben wurde an eine neue Generation Amerikaner, in diesem Jahrhundert geboren, gestählt durch den Krieg, von einem harten und bitteren Frieden geläutert« – Florentyna konnte den Blick nicht abwenden von dem Mann, dem so viele ihr Vertrauen geschenkt hatten. Als Kennedy seine Rede mit den Worten schloß: »Fragt nicht, was euer Land für euch tun kann. Fragt, was ihr für euer Land tun könnt«, standen die Menschen wie ein Mann auf, und Florentyna stimmte begeistert in den Jubel ein. Wie viele andere in ganz Amerika applaudierten wohl vor ihren Fernsehschirmen?
Sie wandte sich Richard zu.
»Nicht schlecht für einen Demokraten«, sagte er und merkte, daß auch er Beifall klatschte.
Florentyna lächelte. »Glaubst du, mein Vater ist dabei?«
»Bestimmt.«
»Also können wir jetzt auf seine Ernennung warten.«
Am nächsten Tag bestätigte George, daß Abel in Washington bei der Antrittsrede dabeigewesen war. Er schloß: »Dein Vater glaubt zuversichtlich, nach Warschau geschickt zu werden. Ich bin überzeugt, daß es dann leichter sein wird, ein Wiedersehen mit Richard zu arrangieren.«
»Was für ein guter Freund George ist«, sagte Florentyna.
»Von Abel und auch von uns«, erwiderte Richard nachdenklich. Jeden Tag las Florentyna die von Pressesprecher Salinger bekanntgegebenen Ernennungen.
Der Botschafter für Polen wurde nicht erwähnt.
17
Dann sah Florentyna den Namen ihres Vaters in der Zeitung allerdings auf der Titelseite: DER CHICAGO-BARON VERHAFTET
Ungläubig las Florentyna die Nachricht: New York, – Heute um halb neun wurde Abel Rosnovski, der unter dem Namen Chicago-Baron bekannte Hotelier, in einer Wohnung auf der 57. Straße vom FBI verhaftet.
Zu der Verhaftung kam es nach seiner Rückkehr aus der Türkei, wo er das jüngste Hotel seiner Kette, das Istanbul Baron,
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