Ardeen: Band 1: Der Kreis der Magie (German Edition)
hatte nur einen Moment gezögert und vielleicht war es auch keinem anderen außer Eryn aufgefallen.
Der Ausrufer begann zu verlesen: „Im Namen Seiner Hoheit, Prinz Raiden von Ardeen, Oberbefehlshaber der Schwarzen Garde, und dem Kommandanten Lord Boron werden heute diese zwei Rekruten beschuldigt, durch unehrenhaftes Verhalten die Disziplin und Ehre der Garde auf das Schändlichste beschmutzt zu haben. Die Vorwürfe sind: unerlaubtes Entfernen von der Truppe...“
Und dann wurde die ganze Litanei vorgetragen. Am Ende folgte dann die überflüssige Frage: „Geben die Beschuldigten das Vergehen zu?“
„Jawohl, Sir!“, kam von Eryn und Ravenor die erwartete Antwort.
Nach den Anschuldigungen kam ein Passus über das Verhalten in der Garde und wie schändlich ihre Ausschweifungen waren und dass man sie eigentlich mit Schande aus der Garde entlassen müsste, doch der Prinz in seiner überaus großen Gnade würde es ihnen erlauben, ihre Vergehen zu sühnen und sich in Zukunft tadellos zu verhalten. Nicht zuletzt auch, weil...
Ravenor der Bastardsohn des Prinzen ist und ich mir nichts lieber wünsche, als Prinz Raiden und dem Weißen Magier Elderon, dem Herrn von Aleroth, mit all ihren geheimen Plänen und Intrigen zu entkommen.
… aus der Garde seit Bestehen noch nie jemand hinausgeworfen worden wäre.
Können sie nicht endlich anfangen, damit ich es hinter mich bringe, dachte Eryn, aber es ging noch weiter...
„Nach Ihrer Bestrafung steht es Ihnen frei, um die Entlassung zu bitten. Ziehen die Rekruten diese Möglichkeit in Erwägung?“
Ravenor verneinte sofort, doch Eryn zögerte kurz: Nicht mehr als eine Fangfrage, entschied er. „Nein, Sir.“ Den Folterkeller der Zitadelle kenne ich bereits und sie werden mich nicht einfach gehen lassen. Warum aber geht Ravenor nicht, für ihn ist es doch wirklich eine Option? Eryn kannte den Freund inzwischen zu gut und gab sich selbst die Antwort auf seine Frage: Ravenor strebt nach Anerkennung und Macht. Natürlich ist er ein Hitzkopf und Rebell, doch die Garde bietet ihm die einzige Möglichkeit des sozialen Aufstiegs. Er kann ein Ritter oder vielleicht sogar ein Lord werden, wenn er sich in der Garde hervortut.
Ein theatralischer Trommelwirbel kündigte die Verlesung der gerechten und natürlich auch äußerst gnädigen Bestrafung im Angesicht der vielen Vergehen der Beschuldigten an. Der Pfahl wurde gleich übersprungen.
Nicht nötig, diese Lappalie von zwölf Stunden zu erwähnen.
Dann kam der Vortrag des Strafmaßes.
Scheiße, von wegen dreißig Hiebe. Das ist echt heftig. Und die Ochsenpeitsche – das ist ja unmagisch und reißt einem die Haut vom Rücken.
Gerade wurde verkündet: „Die Wunden dürfen nicht magisch geheilt werden.“
Wäre auch zu schön gewesen, nach den Strapazen zum Heiler zu gehen und sich ein Paket Heil- und Erfrischungszauber geben zu lassen.
„Für die nächsten zwei Wochen doppelter Dienst bei halber Ration...“
Danke, Ravenor, für deine blöden Kommentare zu Halfords Küche.
„Und die Beschuldigten werden doppelten Dienst tun, wobei ihnen nicht mehr als vier Stunden Schlaf gestattet ist.“
S ie wollen uns doch noch umbringen.
„Der Rekrut Eryn wird seine Studien in dieser Zeit aussetzen und einen Magieblocker tragen.“ Soll ich nun zaubern lernen oder nicht?
„Und um der Ehre Sir Haerkins Genüge zu tun, haben sie in Gegenwart von Sir Haerkin zu salutieren, unabhängig davon, ob sie oder Sir Haerkin sich im Dienst befinden. Diese Regel wird zeitlich nicht begrenzt und ebenfalls werden weitere Disziplinlosigkeiten mit erheblich härteren Strafen belegt werden, als ansonsten üblich.“ Er folgte ein dramatischer Trommelwirbel.
Dann verkündete der Ausrufer: „Im Namen des Prinzen...“ Die ganzen Titel Seiner Hoheit wurden heruntergebetet und letztlich schloss der Ausrufer mit den Worten: „…ist das Urteil sofort zu vollstrecken.“
Nun übernahm der Zugführer das Kommando und ließ sie zurück zum Pfahl marschieren. Ein Kloß steckte Eryn im Hals. Die aufkommende Panik riet ihm zur Flucht. Aber Soldaten der Garde in voller Rüstung und mit den Waffen in der Hand flankierten Eryn und Ravenor zu beiden Seiten. Eine Flucht ist reiner Selbstmord. Bleibt mir nur übrig, es über mich ergehen zu lassen und dabei meine Angst nicht zu zeigen.
Mit mühsam aufrechterhaltener Würde und starr nach vorne gerichteten Augen schritt Eryn auf sein Verhängnis zu. Am Pfahl angekommen streckte er mechanisch die Hände
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