Ardeen: Band 1: Der Kreis der Magie (German Edition)
Fraß. Manchmal waren Steine darin oder man hatte andere widerliche Zutaten beigemengt.
Sir Haerkin erwies sich als ausgesprochen großes Übel. Immer schien er aufzutauchen und die beiden sprangen in Hab-Acht-Stellung. Manchmal ignorierte Sir Haerkin sie einfach, bequemte sich aber auch nicht, weiterzugehen. Noch schlechter war es, wenn Sir Haerkin dann zufällig auch noch Aufgaben für sie fand. Und Eryn kostete es einmal fünf weitere magische Hiebe, weil er Sir Haerkin nicht gesehen hatte. Mit einer der schlimmsten Tage war der, an dem der Zug sechs Stunden in voller Montur marschierte. Als sie dann beim Einrücken in die Kaserne Sir Haerkin über den Weg liefen, durften sie sofort wieder kehrtmachen und den nächsten Marsch mit Sir Haerkins Truppe gleich mit absolvieren.
Es geschah in diesen Höllentagen des Öfteren, dass Eryn und Ravenor die Kräfte verließen, doch stets wurden sie von einem aufmerksamen Magierschüler wieder aus ihrer Ohnmacht ins Bewusstsein zurückgeholt.
Auf Wache gingen sie nie zusammen. Stets mit einem der altgedienten Soldaten, deren Gesichter aus Stein gemeißelt schienen und die kein überflüssiges Wort mit ihnen sprachen. Kamen sie dann bis aufs Äußerste erschöpft auf ihr Zimmer, so fielen sie ohne Worte ins Bett. Nach einer viel zu kurzen Nacht begann dann der neue Tag, so wie der alte geendet hatte.
Dazu waren sie auch als Wache auf der Zitadelle. Diesen Dienst hatte Eryn zuvor noch nie versehen. Als er nun nach etlichen Monaten den Prinzen von Ardeen wiedersah, war das kein angenehmes Vergnügen. Eryn stand Wache an der Tür zur großen Halle. Es war nicht ungewöhnlich, dass der Prinz hier vorbeikam, schließlich wohnte er im Schwarzen Turm. Doch als Prinz Raiden nun den Gang entlangkam, da fühlte Eryn den übermächtigen Drang, sich zu Füßen seines Meisters zu werfen. Was der Seelenbann mit einem Menschen anstellte, war schwer zu beschreiben. Er zwang den Gebannten zu absolutem Gehorsam gegenüber seinem Herrn. Aber der Prinz wird so ein Verhalten von einem Soldaten der Garde als disziplinlos und schändlich erachten. Ich muss mich zusammenreißen . Schweiß trat Eryn auf die Stirn und er zitterte merklich in der Bemühung, reglos zu stehen, doch der Schwarze Prinz beachtete ihn gar nicht und ging wortlos an ihm vorbei. Je öfter er nun Prinz Raiden zu Gesicht bekam, umso leichter fiel es Eryn, mit der Situation umzugehen.
Ravenor hatte auch oft Wachdienst auf der Zitadelle, wenn nicht gerade Latrinen zu reinigen waren oder anderweitig ungeliebte Arbeiten anstanden. Wachdienst war für Ravenor nicht das schlimmste Übel. Manchmal kam Rhyenna vorbei und redete mit ihm. Auch wenn Ravenor stur geradeaus schaute und nichts erwiderte – alles andere würde ihm einen weiteren Besuch am Pfahl bescheren – störte das Rhyenna nicht.
„Ich weiß natürlich Bescheid“, erklärte sie ihm verschwörerisch. „Du musst auch nichts erwidern, aber ich erzähle dir trotzdem, was so erzählt wird. Damit dir nicht so langweilig ist. Einfach so rumzustehen ist sicherlich doof.“
Und dann erzählte sie ihm den neuesten Tratsch und Klatsch: „Also, die Kommandanten sind alle ein bisschen sauer darüber, was da passiert ist. Wie jemand in ihrer tollen Garde nur so etwas machen konnte. Ihr beide seid ein Schandfleck auf ihrer strahlenden Rüstung und besonders schlimm ist es für sie, dass Prinz Raiden auch noch alles mitbekommen hat. Aber mach dir nichts draus, für die anderen Soldaten seid ihr Helden. Es wird erzählt, ihr hättet den halben Weinkeller leer getrunken. Kann man überhaupt so viel trinken?“
Leider ja, dachte Ravenor.
„Also ich kann nicht einmal eine Flasche auf einmal trinken. Der halbe Weinkeller – das geht sicherlich nicht“, schlussfolgerte Rhyenna. „Und dann sind die anderen Soldaten sogar ein bisschen neidisch, weil ihr euch die besten Sachen aus der Küche geholt habt. Aber spätestens wenn sie die Geschichte erzählen, wie Eryn Sir Haerkin auf die Stiefel gekotzt hat, lachen alle darüber – natürlich nur, wenn es niemand von den Offizieren hört. Halford hat alle seine Küchenjungen verdroschen, weil sie die Tür offen gelassen haben, und Gyswen hat Halfe den Laufpass gegeben...“ Rhyenna berichtete noch viel mehr und Ravenor fand es nicht langweilig, ihr zuzuhören.
Das Wachehalten in der Zitadelle selbst war da um einiges langweiliger. Dort hatten nur wenige Leute Zutritt und der Prinz kam auf seinen Wegen öfter mal an ihm vorbei.
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