Ardeen: Band 1: Der Kreis der Magie (German Edition)
aus, die Ketten schlossen sich um die Gelenke und wurden nach oben gezogen. Sein Hemd hatte er ja schon zuvor eingebüßt, konnte sich nicht mal erinnern, wann das gewesen war. Ravenor wurde das Hemd vom Körper gerissen, dann führte man ihn auf die andere Seite.
Die ganze Garde hatte sich ebenfalls in Bewegung gesetzt und bildete nun ein Viereck aus Schwarz und Stahl, in dessen Mittelpunkt der Pfahl stand.
Vier Männer traten vor. Ihre Gesichter waren durch Helme mit Masken verborgen und sie trugen lange schwarze Kutten. Zwei hielten ganz normale Ochsenpeitschen in der Hand, die anderen beiden ließen blaue magische Lichterketten erglühen. Wie in einem Tanz ließen die vier die Peitschen durch die Luft knallen. Die lauten, scharfen Geräusche fuhren Eryn durch Mark und Bein. Scheiße. Müssen die jetzt auch noch zeigen, wie gut sie mit den Peitschen umgehen können. Mit den Masken sehen die Gesichter der Exekutoren aus wie die Fratzen finsterer Dämonen.
Eryn legte den Kopf zwischen die Arme und schloss die Augen, um die Gesichter der Dämonen zu bannen, doch das laute Knallen der Peitschen konnte er nicht ausblenden.
Plötzlich verstummte die Knallerei, dann hörte Eryn Lord Borons Stimme: „Man möge beginnen.“
Wieder wirbelten die Trommeln kurz auf, dann folgte eine unheimliche Stille, bis jemand laut zu zählen begann: „Eins!“ Die Peitschenschnur knallte auf Eryns Rücken und jagte einen heißen, brennenden Schmerz durch seinen ganzen Körper.
Eryn wusste später nicht mehr, wie er das überhaupt überstanden hatte. Kreuz und quer hatten die Exekutoren ein Striemenmuster über seinen Rücken gewebt. Anfangs hatte er noch versucht, sich zu beherrschen, nicht zu schreien und es zu ertragen, doch irgendwann war es zu viel. Eryn schrie seinen Schmerz hinaus.
Ravenor hatte schon viel früher zu schreien begonnen, doch dieser Umstand verschaffte Eryn keine Genugtuung im Angesicht der eigenen Qualen. Zwischendurch verlor Eryn sogar einmal die Besinnung, aber einer der Magier holte ihn sofort wieder zurück, natürlich ohne einen Heilzauber oder auch nur einen Erfrischungszauber zu wirken. Die Strafe würde bis zum letzten Schlag vollstreckt werden, als Exempel für die ganze Garde, und bei vollem Bewusstsein der Bestraften. Als die Ochsenpeitschen knallten, floss warmes Blut Eryns Rücken hinunter. Neun weitere grausame Schläge und dann war es endlich vorbei. Eryn nahm nicht mehr wahr, wie die Garde wegtreten durfte, oder dass es inzwischen Nacht geworden war und nur noch Fackeln und ein paar magische Lichter den Hof erhellten.
Wie er ins Bett gekommen war und wer ihm die Wunden verbunden hatte, daran konnte Eryn sich auch nicht mehr erinnern.
In aller Frühe wurde er geweckt: „Rekruten Eryn und Ravenor in fünfzehn Minuten zum Dienst bei Sir Galden melden!“, dröhnte eine Stimme und riss sie aus dem Schlaf.
Jede Bewegung schmerzte. Eryn rasierte sich hastig und schnitt sich dabei mehrmals.
Alle in der Stube waren wach. Ravenor mühte sich ebenfalls ab, um den Vorschriften zu genügen, aber auch Farat und Deren hatten sich aufgerappelt, obwohl sie noch keinen Dienst hatten.
In anklagendem Ton bemerkte Deren: „Warum habt ihr uns nichts davon erzählt, dass ihr nachts in die Küche schleicht?“
„Willst du etwa mit uns tauschen?“, giftete Ravenor zurück, wobei er sich mühte, die Hosen anzuziehen.
Jede Beugung des Rückens schmerzte und durch den Verband begannen sich bereits wieder rote Flecken zu bilden. Schließlich kapitulierte Ravenor.
Arg, so geht das nicht! „Deren, hilf mir bitte. Wenn wir zu spät kommen, reißen sie uns gleich wieder den Arsch auf.“
Deren zögerte, denn die arrogante Art Ravenors war manchmal unerträglich. Doch im Augenblick boten die beiden Bestraften ein so jämmerliches Bild, dass die Zimmergenossen tiefes Mitleid mit ihnen hatten. Und so kam Deren Ravenor dann doch zu Hilfe.
In den nächsten Tagen konnten sich Eryn und Ravenor mehr als einmal bei Deren und Farat für die Unterstützung bedanken. Wenn sie zum Beispiel von einer Feldübung im tiefen Dreck kamen und innerhalb der nächsten halben Stunde in einwandfreier Uniform auf Wache erscheinen sollten. Einmal tauschten sie mit den Zimmergenossen einfach nur die Kleidung, um nicht zu spät zu kommen. Jeder Vorgesetzte hatte sie gefressen. Aber auch wirklich jeder. Und Halford der Küchenmeister natürlich ganz besonders. Ihre Mahlzeiten waren magere Portionen und dazu noch der letzte
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