Ardeen: Band 3: Nimrod (German Edition)
Mitleid. „Damit Ihnen wieder warm wird, marschieren wir jetzt weiter.“
„Jawohl, mein Prinz“, kam es mit recht dürftigen Stimmen zurück. Tatsächlich wärmte sie die immer stärker werdende Sonne schnell wieder auf und weil sich die Lederkleidung unter der Rüstung voll Wasser gesogen hatte, trugen alle nun doppelt schwer. Hitze und Durst waren nun wieder die größeren Probleme der Männer. Aber Prinz Raiden dachte nicht mehr daran, dem Trupp eine Pause zu gönnen. Erst spät nach Mittag zügelte er seinen Rappen unter einem einzelnen Baum. Der spendete mitten auf einer großen Wiese den einzigen Schatten.
Wie von selbst marschierten die Männer in den Schatten des Baumes, bevor Sir Askir „Anhalten“ flüsterte. Der Herr von Naganor glitt elegant aus dem Sattel. „Der Schatten ist für den Rappen. Sie gehen ein bisschen in die Sonne, damit Sie etwas Farbe bekommen. Eryn, kümmere dich um das Pferd, die anderen reinigen ihre Ausrüstung. Sie sehen trotz des Bades immer noch sehr ungepflegt aus. Für Offiziere meiner Garde ein untragbarer Zustand.“ An und für sich war das Reinigen und Pflegen der Ausrüstung eine verhasste Aufgabe, aber heute hatte selbst Ravenor nichts dagegen. Für Lappen, Öl und Seifenwasser sorgte der Prinz großzügig. So saßen die Männer nun im Gras und um sie herum war ihre Ausrüstung verteilt. Nach den Höllenstunden war dies die reinste Erholung. Auch Prinz Raiden schien die Ruhe zu genießen.
Er fläzte auf einem magischen Diwan und zu einem Schirm verwobene Blätter schützten ihn vor den gleißenden Sonnenstrahlen. Andere fleißige Blätter fächelten ihm Wind zu. Und für sein leibliches Wohl standen eine Holzschale mit Obst bereit sowie ein Becher mit Wasser. Schläfrig schien Prinz Raiden zu dösen, doch der Schein trog. Denn der Herr von Naganor beobachtete seine jungen Offiziere sehr genau bei der Arbeit. Eryn war fleißig, geschickt und beleidigt. Dem hatte Prinz Raiden nämlich zuvor hart auf die Finger gehauen, als Eryn versuchte an die Artefakte in der Satteltasche zu kommen.
Unser Eryn ist eine kleine Mimose, wenn er sich schlecht behandelt fühlt. Und naiv ist er manchmal. Hat er wirklich geglaubt, dass ich die Satteltaschen ungeschützt lasse, bei dem teuren Inhalt? Ansonsten hat er sich ganz gut entwickelt, wenn man bedenkt, wo er ursprünglich herkam.
Prinz Raidens magisches Auge wanderte weiter zu Askir. Die Männer selbst konnten nicht erkennen, wie er sie beobachtete, daher verstellten sie sich auch nicht. Oder sie waren alle einfach schon zu fertig für irgendwelche Spielchen. Askir ist gewissenhaft, fleißig, ordentlich und strukturiert. Er geht systematisch und überlegt vor. Er hat Potenzial und wird später seine Aufgabe im Zweistromland gut erfüllen, da bin ich mir sicher.
Zur Tarnung aß der Prinz von dem Obst und tat gelangweilt. Ah, Marten Durin, nicht der Härteste, eher ein Weichling. Hat auch so ein weichliches Gesicht. Seine Bewegungen klein und akribisch. Aber er kann sich in eine Aufgabe verbeißen und liefert eine saubere Arbeit ab. Da ist Demon Agarat viel oberflächlicher. Bewegt sich souveräner, ist aber schnell mit dem Ergebnis zufrieden. Cerdik ist ein guter Handwerker, tut das, was man ihm gezeigt hat. Ein eher einfaches Gemüt.
Dann schweiften die stahlblauen Augen des Prinzen zu Ravenor hinüber und der Herr von Naganor begann sich schon wieder über das missratene Früchtchen zu ärgern. Er poliert immer noch sein Schwert. Nein, gerade betrachtet er sein Spiegelbild im glänzenden Metall und denkt wie gut er doch aussieht. Ein eitler Geck, der nur tut, worauf er gerade Lust hat. Das Gehabe verlangt schon wieder nach Intervention.
„Sir Ravenor, die Ausrüstung besteht auch noch aus anderen Gegenständen. Euer Schwert glänzt schon so sehr, dass es mich blendet.“
Ein Lippenbekenntnis Ravenors und das Schwert verschwand in der Scheide, dafür griff er zum Brustpanzer und begann lustlos darüberzuwischen.
Jetzt zählt er wieder vor sich hin, weil er genau weiß, dass ich ihn beobachte. Der braucht kein Artefakt, um seine wahren Gedanken abzuschirmen. Ist aber gleich, ich weiß sowieso, was in deinem Hirn vor sich geht, mein Freund. Rebell und Hofnarr in einer Person. Gestern hat er die anderen dazu angestiftet noch bis zum bitteren Ende weiterzufeiern. Dafür hat ihm heute jeder einzelne mehrfach die Poxe und Schlimmeres an den Hals gewünscht. Dabei steckt er die ganze Sauferei auch noch am besten weg und amüsiert
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