Ardeen: Band 3: Nimrod (German Edition)
jetzt machst du dem Unmagischen aber Mut. Ich frage mich schon die ganze Zeit über, ob der dein Sohn ist, Anführer. Hast ihn wohl aus Mitleid aufgezogen?“
„Wie kann eine schöne Frau nur so boshafte und beleidigende Worte von sich geben?“ Meister Raidens Hand ruhte auf Ravenors Oberschenkel und die Magie floss stetig.
„Schlechte Erfahrungen mit Männern“, konterte sie.
„Bevor oder nachdem du ihnen die Magie ausgesaugt hast?“, blieb Meister Raiden wie gewohnt nichts schuldig, aber Essyia blieb auf Konfrontationskurs: „Und das von einem Diener des Erhabenen. So lässt er sich doch von den schwarzen Aasfressern nennen. Bist du eine neue Hybridzüchtung? Fast könnte man meinen, ihr wärt Menschen.“
Ein Anflug von Röte zeigte sich bei dem Wort ‚Hybrid‘ auf Meister Raidens Wangen, doch keiner der anderen bemerkte das. „Was hast du nur immerzu mit dem Erhabenen? Wir sind nicht seine ‚Diener‘.“
Diesmal änderte sich der Tonfall und ein erstauntes: „Oh?“ kam über ihre Lippen, dann fragte sie: „Und warum trägst du dann sein Wappen?“
Prinz Raiden beobachtete die Eishexe ganz genau. Sie hat tatsächlich angenommen, ich wäre ein Vasall des Großen Grauen. „Im Gegensatz zu dir habe ich gute Beziehungen zum Drachen und er hat mir die Kette als Schutz angeboten. Doch wenn ich ehrlich bin, hat sie mir bisher keine guten Dienste geleistet. Und welchen Zwist hast du mit dem Drachen?“
„Wir haben... Differenzen.“ Vielleicht ist noch nicht alles verloren. Nun gab Essyia doch einen Teil der Wahrheit preis: „Als ich das Zeichen des Drachen an deinem Hals erkannte, wollte ich euch vorbeiziehen lassen. Nur habt ihr mir unglücklicherweise den Weg abgeschnitten. So saß ich die ganze Nacht über in meinem Versteck und na ja, das Unhaer ist nicht jedermanns Sache. Wenn ihr aber nicht Handlanger des Erhabenen seid, dann kommen wir vielleicht überein. Das mit dem Dolch tut mir leid, aber ich hatte große Angst und habe mich nur verteidigt.“ Ihre Stimme wurde sehr sanft und mitleiderregend. Und das verfehlte seine Wirkung nicht. Die Situation begann sich zu entschärfen.
„Sir Ravenor ist hart im Nehmen. Er wird darüber hinwegkommen“, behauptete Meister Raiden schlichtweg und Ravenor verdrehte die Augen, aber nur so, dass Eryn es sehen konnte.
„Du kennst dich hier in der Gegend aus, Eishexe?“, wollte Meister Raiden nun wissen.
Wenn sie einen Führer brauchen, ist das meine Chance. „Ich kenne die Gegend hier sehr gut. Und nachdem ich euch letzte Nacht unfreiwillig belauscht habe, könnte ich euch helfen, den Ort zu finden, den ihr sucht. Dafür lässt du mich gehen, Prinz.“ Festigkeit und Überzeugungskraft lagen in ihrer Stimme.
Eryn verfolgte das ganze Gespräch mit Neugierde und merkte, wie Prinz Raiden nun die Möglichkeiten gedanklich abwog, schließlich sagte er: „Ein kleiner Handel könnte unser beider Nutzen sein. Und solange deine Magie versiegelt ist, sehe ich auch keine große Gefahr in dir. Du führst uns und wenn wir dieses Land wieder verlassen, dann bist du frei.“
Protestierend meldete sich Ravenor im Hintergrund: „Mein Prinz, aber...“
Ruhe ! Sie kann uns nützlich sein, wurde er sogleich unterbrochen.
„Dann haben wir eine Übereinkunft“, bestätigte Essyia erfreut und erzählte im heiteren Plauderton: „Ich bin sowieso gerade auf Wanderschaft. Woher kommst du eigentlich, Mensch? Ihr seid doch Menschen oder etwa nicht?“
Anstatt zu antworten, fragte Meister Raiden im Gegenzug: „Es scheint hier in der Gegend nicht viele Menschen zu geben?“
„Um ehrlich zu sein, habe ich seit vierzig Jahren keine mehr gesehen. Als das Mittelland sich vom Rest der Welt trennte, da starben die wenigen Menschen, die es hier gab, bald aus. Sie waren einfach zu schwach. Verfügen kaum über Magie und sind so verletzlich. Mal abgesehen von den Magiern, aber mit denen hatten die Drachen noch eine Rechnung offen.“
„Du kennst noch die Zeit vor dem Großen Krieg? Wie alt bist du, Hexe?“
Essyia strahlte trotz ihres zerrupften Äußeren eine innere Würde aus. „Ich war damals jung. Im jugendlichen Alter.“
Die Magie hat der Hexe also ihre Jugend erhalten. Sie wirkt kaum älter als zwanzig.
„Ein ehrwürdiges Alter, das man dir nicht ansieht“, schmeichelte der Prinz: „Übrigens, da du nun für mich arbeitest, mein Name ist Raiden und Prinz mein Titel. Ich wünsche dementsprechend respektvoll angesprochen zu werden.“ Einen kurzen Augenblick
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