Ardeen: Band 3: Nimrod (German Edition)
gereizt: „Ich halte das für keine gute Idee. Sie braucht ihre Magie nicht, um sich ein Messer zu greifen und es uns in den Leib zu rammen. Ist ja bereits schon einmal passiert... vor nicht allzu langer Zeit. Und wenn sie wegrennt, dann darfst du sie wieder einfangen.“
Dieser Ravenor geht mir mit seinem unnützen Gerede extrem auf die Nerven. „Dein Freund ist nicht so dumm. Er hat mich mit Bannen belegt. Unmagischer“, giftete sie ihn an, nur um etwas dagegenhalten zu können. Da Eryn so problemlos durchschaut worden war, wurde er rot im Gesicht. Natürlich stimmte das mit den Bannen, aber es so offen auszusprechen machte das Gute seiner Tat irgendwie zunichte.
„Zumindest kannst du dich nun frei im Bereich des Plateaus bewegen, Erhabene Essyia. Mehr Zugeständnisse darf ich im Augenblick nicht machen.“
Sie verzog kurz das Gesicht, fand sich dann aber mit der Situation ab. Natürlich, die kleinen Vasallen entscheiden nicht selbst. „Was wollt ihr überhaupt an diesen Orten?“, fragte sie Eryn freiheraus. Es ist an der Zeit, mehr in Erfahrung zu bringen. Ich weiß fast gar nichts über sie.
Aber Eryn erwies sich als wenig kooperativ. „Meister Raiden wird dich in unsere Pläne einweihen, wenn er es für nötig hält.“
„Ich soll euch helfen, aber ihr verratet mir rein gar nichts?“ Komm schon. Sie gab sich sanft wie ein Lämmlein. Aber es half nichts. Der junge Magier ging nicht darauf ein und wiederholte nur: „All deine Fragen kannst du morgen Meister Raiden stellen.“
Sie äffte ihn nach: „Meister Raiden, Meister Raiden. Ich will dir ein Geheimnis verraten, Magierwelpe. Orte wie die, die ihr sucht, gibt es hier wie Sand am Meer. Einer so unwichtig wie der andere. Vor allem wenn sie nur aus zwei Kreisen bestehen. Wenn sie reif sind, kann man die Magie abschöpfen und seine eigene damit mehren. Das ist alles. Es sind mir sogar zwei Stätten bekannt, die alle zwölf Adern haben. Um diese Orte sind Tempel errichtet und sie werden verehrt. Das ist etwas anderes als solch unwichtige Orte mit nur zwei lächerlichen Kreisen.“
Dunkel erinnerte sich Eryn. Das war auch die Ansicht des Erhabenen. Auch der hat den Orten keinen großen Wert beigemessen. Nur Meister Ador schien etwas Besonderes in ihnen zu sehen, sagte er. Und die Orte stehen in einem Zusammenhang mit Elverin, der geheimnisvollen Stimme und dem Schlüssel.
„Kann jeder die Magie abschöpfen, wenn sie reif ist?“, fragte er und Essyia antwortete mit einem Seitenhieb auf Ravenor: „Ja, selbst der Unmagische mit seinen krüppelhaften Adern. Dann wäre der große Sir Ravenor auch einmal in seinem Leben in der Lage, einen Lichtzauber zu wirken.“ Essyia lachte boshaft über ihren gelungenen Scherz.
Ravenor fixierte sie mit einem unerbittlichen Blick, dem sie trotzig standhielt. Dann bat er Eryn:
„Kannst du ihr nicht die Stimme wegzaubern, Eryn? Und dann lass sie ein bisschen für uns tanzen, damit ich mich wieder daran erinnere, dass sie eine Frau ist. Ansonsten könnte es sein, ich schmeiße sie doch noch den Bergkatzen in den Abgrund hinterher.“
Das machte Eryn stutzig. „Was für Bergkatzen?!“
Kurz erzählte Ravenor von seinen zwei Besuchern und ihrem schnellen Ende. Eryn wunderte sich: „Also die Bergkatzen in den Bergen meiner Heimat waren eine absolute Delikatesse. Ich bezweifle, dass es hier im Mittelland anders ist.“
Als Ravenor dämmerte, dass ihn Essyia angeflunkert hatte, sprang er wütend auf. „Diese elende Fee hier hat mich also nur verarscht und ich habe das gute Fleisch in die Tiefe geworfen. Es reicht.“ Drohend kam er auf Essyia zu, wobei er mit dem verwundeten Bein beträchtlich hinkte. Doch die Schmerzen schienen ihn nicht zurückzuhalten, darum griff Eryn ein und hielt seinen Freund zurück. „Warte!“
Nun merkte selbst Essyia, dass sie den Bogen überspannt hatte. Mühsam verkniff sie sich ein boshaftes Lachen und stellte eine unschuldige Miene zur Schau. „Es tut mir leid, das war nicht richtig von mir. Entschuldigung.“ Das schauspielerische Talent war beeindruckend, doch Ravenor nahm ihr das nicht mehr ab. „Sie lügt, wenn sie nur den Mund aufmacht“, tobte er und war inzwischen wirklich zornig.
Ravenor wollte an Eryn vorbei, doch der hielt ihn an den Schultern fest. „Hör auf. Sie hat sich gerade entschuldigt. Jetzt beruhige dich wieder.“
Unwillig gab Ravenor nach und setzte sich wieder mühsam auf einen Stein. Die Wunde pochte inzwischen heftig und machte ihm sehr zu schaffen.
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