Ardeen: Band 3: Nimrod (German Edition)
„Soll ich Meister Raiden ausrichten, dass du nicht kommst?“ „Genau. Tu das... Was mich wundert, heute Morgen waren wir noch eine Schande für die Garde und nun möchte er mit uns essen?“
Eryn zog sein Hemd aus und wusch sich: „Das stört doch Meister Raiden nicht. War ja unsere Schande, nicht seine und nun ist ihm langweilig und er sucht ergebene Zuhörer, damit er sich unterhalten kann. Wer hat dich heute Morgen eigentlich geheilt? Ich musste ja gleich weg.“
Ravenor kam nun doch ächzend auf die Beine: „Meister Eriwen. Aber glaub nicht, dass er das aus Gutherzigkeit getan hat. Die Formulierung war ein mitfühlendes ‚So kann ich mit Ihnen nichts anfangen‘. Und dann hat er mich geheilt, um mich endlos durch einen magischen Übungsparcours zu jagen. Wobei er nur am Rand saß und danach jedes Mal sagte, wir ändern jetzt ein wenig und bitte noch einmal.
Nach dem Pfahl heute Morgen hab ich wirklich gedacht, ich schaffe es gar nicht mehr bis zu Meister Eriwen. Ich habe die Vermutung, dass alle Vorgesetzten glauben, nur weil es magische Strafen sind, tun sie nicht weh. Bleibt ja nichts zurück. Und darum muss man auch nicht damit geizen. Wer sich das ausgedacht hat, der gehört wirklich bestraft.“
Eryn war fertig und trocknete sich mit seinem alten Hemd ab.
Ravenor warf einen Blick zu ihm hinüber und forderte seinen Freund dann auf: „Tausch mal das Wasser, jetzt ist es sicher dreckig.“
„Es ist jetzt sauberer als vorher, aber weil du es bist und als Unmagischer so vieles nicht tun kannst.“
„Zu gnädig. Hast du diese Arroganz vom Alten gelernt.“ Aber Eryn war schon zur Tür hinaus, um sich ein anderes Hemd anzuziehen.
Natürlich waren sie pünktlich in der großen Halle, aber Meister Raiden kam wie immer zu spät.
Besser so als andersherum. Noch eine Abreibung brauche ich heute nicht mehr, dachte Eryn.
Der Herr von Naganor war gut gelaunt und begann ein lockeres Gespräch. Doch Eryn und Ravenor hielten sich mit all ihren Antworten sehr zurück, bis Meister Raiden bemerkte:
„Meine Herren, Ihr seid nicht mehr im Dienst und ich bin auch nicht nachtragend wegen der Sache von heute Morgen. Etwas mehr Konversation als Ja und Nein wäre wünschenswert. Oder müssen noch mehr Lektionen aufgefrischt werden, als nur die Grundübungen?“ Dann gab er selbst einen Anstoß für ein Gespräch: „Wie kommt Ihr mit der Kampfmagie vorwärts, Sir Ravenor?“
Und dann – man glaubt es kaum – begann eine Unterhaltung zwischen Meister Raiden und dem Unmagischen über Magie.
„Wir probieren viel aus, mein Prinz. Die Schwierigkeit ist das Abrufen verschiedener Stärken und Arten von Magie. Alleine die Dosierung eines Feuerstrahles vom Entzünden einer Kerze bis zu einer Lanze, die hundert Meter weit schießt, ist verbal sehr schwer zu steuern. In einem richtigen Kampfgeschehen wäre das Intonieren schlichtweg zu langsam. Also überlegt sich Meister Eriwen, das Artefakt an meinen Strang Rot zu koppeln, sodass ich es eventuell direkt steuern kann.“
Meister Raiden scannte ihn. „Stimmt, Ihr habt tatsächlich eine rote Ader, wenn auch recht dürr und kraftlos. Aber als Aktivator für ein Artefakt, eine interessante Überlegung. Müsste Meister Eriwen Euch dazu nicht erst erwecken?“
„Oh, das hat er bereits getan, mein Prinz.“
Das brachte sichtliches Erstaunen hervor: „Ihr klingt recht überzeugt, Sir Ravenor. Seid Ihr da sicher?“
Davon hatte Ravenor bisher noch nicht einmal Eryn erzählt, weil er sich im Schatten von Eryns und Prinz Raidens Magie doch ziemlich kläglich vorkam: „Mein Prinz, es ist mir gelungen aus eigener Kraft einen Zauber zu wirken“, gab er nun doch mit einem gewissen Stolz in der Stimme zu.
Das Interesse am Tisch war auf einmal groß: „Na dann lasst mal sehen.“
Ganz wohl fühlte sich Ravenor nicht dabei: „Mein Prinz, es ist nichts Besonderes. Nur ein einfacher Lichtzauber...“, versuchte er sich vorneweg schon zu entschuldigen, doch der Herr von Naganor ermutigte ihn: „Nur zu. Jeder fängt mal mit dem Lichtzauber an.“
Also begann der junge Offizier sich zu konzentrieren und den Strang Gelb zu bündeln. Geschlagene zwei Minuten verstrichen und der Schweiß lief ihm am ganzen Körper hinunter, als Meister Raiden schon ungeduldig wurde. Da zeigte sich plötzlich ein kleines unstetes Flackern in Ravenors Handfläche.
Das brachte Meister Raiden zum Schmunzeln: „Ihr könnt die Demonstration beenden, Sir Ravenor. Ein großer Magier wird aus Euch
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