Aretha Franklin - Queen of Soul
The Steve Allen Show auf. Ein Millionenpublikum konnte in Schwarz-weiß bewundern, wie die frisch wirkende, konzentrierte und modisch frisierte 21-Jährige in einem paillettenbesetzen, schulterfreien Kleid sang und sich selbst am Klavier begleitete. Zu den Songs, die sie aufführte, gehörten »Lover Come Back to Me«, »Rock-A-Bye Your Baby with a Dixie Melody«, »Won’t Be Long« und »Skylark«.
Doch langsam wurde es Zeit zu entscheiden, welche Richtung Arethas Karriere nehmen sollte. Aretha hatte mit dem Dinah-Washington-Album einen kreativen Höhepunkt erreicht. Washington war in den 1950er-Jahren eine respektierte Bluessängerin gewesen, der kommerzielle Erfolg stellte sich aber erst ein, als sie mit Clyde Otis zusammenarbeitete. Robert Mersey dachte sich also: Warum nicht Aretha und Otis zusammen ins Studio bringen, damit er aus ihr einen zeitgemäßeren Star macht?
»Das Ganze kam zustande, weil Bob Mersey, der damalige Chef der A & R-Abteilung [Artists & Repertoire] bei Columbia, mein Nachbar war«, erinnert sich Otis. »Wir wohnten nur ein paar Häuser voneinander entfernt, hier in Englewood, New Jersey. Er kam ständig vorbei und bat mich rüberzukommen [zu Columbia], um ihm dabei zu helfen, ein paar Problemfälle zu lösen – vor allem das Problem Aretha Franklin. Schließlich willigte ich ein. Ich ging also rüber und nahm in nicht einmal einem Jahr Material für fünf Alben mit Aretha auf.«
Doch ihre Karriere war zu diesem Zeitpunkt nicht das Einzige, womit Aretha sich beschäftigen musste. Ihre ersten fünf Alben bei Columbia hatte sie aufgenommen, bevor sie 21 wurde. Nach ihrer Heirat mit Ted hatte sie einen weiteren Sohn, Ted Jr., zur Welt gebracht und musste zusätzlich zu ihrer Arbeit als Sängerin »um vier Uhr morgens aufstehen, um Windeln zu wechseln«. Sie war erschöpft und unglücklich.
In dieser Zeit zogen Aretha und Ted in eine ruhige, bürgerliche Gegend auf der West Side von Detroit, in ein Haus im Kolonialstil auf der Sorrento Street. Noch heute reden die Nachbarn über die lauten nächtlichen Partys, die bei den Whites stattfanden. Cathy Maloney zog zwar schon 1960 aus dem Haus ihrer Eltern aus, erinnert sich aber noch, dass ihre Eltern sich über den Lärm beschwerten, der aus dem Nachbarhaus kam.
»Ehrlich gesagt, haben meine Eltern nicht gerade positive Erinnerungen an sie«, sagt Maloney. Ihre Eltern litten unter dem Krach, den vielen Autos, die vor dem Haus parkten, und darunter, dass die ganze Nacht hindurch ein ständiges Kommen und Gehen herrschte. »Meine Eltern waren sehr ruhige Menschen«, berichtet Maloney, »und Showleute und Musiker leben nachts erst auf. Die Häuser waren so angelegt, dass Arethas Wohnzimmer sich direkt unter dem Schlafzimmerfenster meiner Eltern befand. Sie hatte oft Freunde zu Besuch und es gab ein Klavier. Sie kam meist erst um drei Uhr morgens nach Hause und dann ging die Party los. Im Sommer, wenn die Fenster offen standen, war das für meine Eltern besonders störend.«
Den Straßenzug, in dem Aretha und Ted wohnten, beschreibt Maloney wie folgt: »Das waren alles nette Häuser im Kolonialstil mit Wohnzimmer, Esszimmer und Küche im Erdgeschoss und Schlafzimmern im ersten Stock. Das Haus, in dem Aretha lebte, wurde wohl etwas später als die meisten der anderen Häuser gebaut, denn es war größer und neuer.« Maloney klassifiziert das Viertel als »Mittelschicht bis obere Mittelschicht«. »In der Umgebung wohnten mehrere Ärzte. Damals lebten auch schon viele schwarze Familien im Nordwesten von Detroit.«
Mehrere Menschen behaupten, dass es in Aretha und Teds Ehe zu der Zeit bereits kriselte. Aretha geriet bei Streitigkeiten zwischen ihrem Mann und Columbia Records oft zwischen die Stühle und zog bei Auseinandersetzungen mit Ted meist den Kürzeren.
Auch m Hinblick auf ihren Musikstil kam es zum Streit. Aretha sehnte sich danach, andere Musikrichtungen auszuprobieren, während Ted darauf bestand, dass sie dem Jazz treu blieb. Doch es wurde bald klar, dass sie unter ihre Jazzkarriere einen klaren Schlussstrich ziehen musste, wenn sie eine größere Zahl Plattenkäufer erreichen wollte. Schließlich stimmten alle Bob Merseys Idee zu, dass Clyde Otis sie an die aktuelle Popmusik heranführen solle.
Otis versprach zu tun, was er konnte, damit Arethas nächstes Album ein breiteres Publikum fand. »Er nahm Barbra [Streisand]«, sagt Otis über Mersey, »und gab mir Aretha«. Mitte 1964 gingen Aretha und Otis – und Ted – ins
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