Arglist: Roman (German Edition)
hat Rudy Banks mit dem Ganzen zu tun?«
»Es ist nur eine Vermutung, aber was wäre, wenn Primo Travis abgelehnt hatte und der dann zu Banks ging? Vielleicht hat Rudy ihm einen richtigen Vertrag versprochen, falls er Ekerling umbringt.«
Marilyn riss die Augen weit auf. »Das ist unglaublich.«
»Möglicherweise hat Banks schon mal etwas in der Art gemacht – ein paar Typen anzuheuern, die dann seine Feinde umlegen.« Decker gefiel diese Theorie, aber Marilyns Gesichtsausdruck war mehr als skeptisch.
»Sie erzählen mir hier, Rudy soll irgendwie herausgefunden haben, dass Travis Martel von Primo abgewiesen wurde. Also heuerte er den Kerl an, damit der Primo tötet?«
»Vielleicht musste er ihn noch nicht einmal anheuern. Vielleicht brauchte er Travis nur zu ermuntern. So ein Mistkerl wie der handelte dann auf eigene Faust. Ich frage mich allerdings, warum Rudy verschwunden ist.«
»Verschwunden?« Sie lächelte erfreut. »Mit ein bisschen Glück taucht er tot auf!«
»Autsch.«
Marilyn zog an ihrer Zigarette. »Also gut, vielleicht war das zu hart. Ich meine ja bloß, dass es so für die beiden übrig gebliebenen Sluts viel einfacher wäre.«
»Liam O’Dell und Ryan Goldberg.«
Sie nickte.
»Ich habe ein paar Mal mit Liam gesprochen. Er sagte, er hat den Prozess nur wegen Ryan angestrengt.«
»Zuerst einmal war es Primo, der den Prozess angeleiert hat.«
»Mit Liams Segen.«
»Natürlich. Vielleicht keimt in Mad Irish ein bisschen was Soziales, aber er macht das auch für sich selbst. Der Typ ist eine Niete.«
»Er scheint mit sich selbst im Reinen zu sein.«
»Na klar, und ich werde eine berühmte Schauspielerin!« Sie zog heftig an ihrer Zigarette. »Ich sag Ihnen was. Wenn Sie erst mal mit dem Ruhmesvirus infiziert sind, dann ist das Ding wie Herpes. Es lungert immerzu in Ihrem System herum und wartet auf die eine Gelegenheit.«
»Nach einer Weile würde man doch wohl realistisch werden.«
»Das sollte man meinen, aber Sie irren sich, Lieutenant. Genau das passiert mit neunundneunzig Prozent der Rockstars: von der Berühmtheit ab in die Vergessenheit, bevor sie dreißig sind. Ein paar talentierte Seelen schaffen es, sich strampelnd über Wasser zu halten, indem sie sonst irgendwas in der Musikbranche werden, und der Rest geht unter. Das ist brutal, aber in einem Beruf für Jugendliche kann man eben nicht sein ganzes Leben lang auf der Bühne stehen. Primo wusste das, wie Rudy.«
Sie machte eine Pause, um an ihrer Zigarette zu ziehen. »Wo, glauben Sie, steckt er? Rudy, meine ich.«
»Keine Ahnung. Ich wollte Sie gerade dasselbe fragen.«
»Über sein Privatleben weiß ich rein gar nichts. Als ich Primo kennenlernte, waren er und Rudy schon in zahlreiche Prozesse verwickelt. Meistens ging es um Geld, das Rudy Primo schuldete, wenn sie zusammen was produziert hatten.«
»Wie sind die beiden sich begegnet?«
»In der Musikszene von L. A.: zwei rebellierende Kerle, die nur rumhingen und viele Drogen nahmen. Dann trafen sie auf Ryan und Liam. Sie passten irgendwie zusammen, und die Band kam gut an – kometenhafter Aufstieg, kometenhafter Untergang. Ryan flippte aus, Liam geriet in Vergessenheit, und Rudy und Primo versuchten, ihren Ruhm für etwas Dauerhafteres zu verwenden.«
»Bevor ihre Partnerschaft den Bach runterging, haben sie an einigen Projekten gemeinsam gearbeitet«, sagte Decker. »Warum?«
»Rudy ist ein Psychopath, darum.« Sie zuckte mit den Achseln. »Geschäftsverbindungen funktionieren nun mal anders als eine Band. Aber wissen Sie, was ich nicht verstehe? Warum sollte Rudy Primo plötzlich töten, wo sie doch schon seit Jahren gegeneinander prozessierten?«
»Weil sich die Gelegenheit bot? Mit Travis Martel?« Decker lächelte. »Ich habe eine prima Theorie, aber keine Beweise. Deshalb wollte ich Primos Unterlagen durchsehen, um herauszufinden, ob er den Knaben je produziert hat. Aber es sieht so aus, als hätten Sie das meiste schon entsorgt.«
»Ich habe sie geschreddert. Ungefähr ein Viertel der alten Papiere liegt bei mir zu Hause – im Komposthaufen. Sie können gerne darin herumwühlen, aber ich warne Sie, er stinkt ein bisschen und ist circa ein Meter zwanzig hoch.«
»Ein Komposthaufen.« Decker lachte in sich hinein. »Meine Frau hat auch so was. Sie gärtnert gerne im großen Stil.«
»Blumen?«
»Alles.«
»Sagen Sie ihr, dass es eine neue Sorte Teerosen gibt: Lemon Kiss. Sie ist strahlend gelb und hat einen pointierten Zitronenduft. Sie ist
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