Arglist: Roman (German Edition)
»Hat er etwa nicht?«
»Ich weiß es nicht. Das Letzte, was ich gehört habe, war, dass der toxikologische Bericht noch nicht vorlag, und der Pathologe hat deshalb noch keine offizielle Todesursache bekanntgegeben. Ich würde Ihnen gerne eine Frage stellen, Arnie: Hatte Cal irgendwelche besonders starken Schmerzen, zum Beispiel am Rücken oder im Nacken oder...«
»Er war alt geworden, genau wie ich. Garantiert hatte er irgendwo irgendwelche Schmerzen.«
»Auf seinem Nachttisch stand ein offenes Glasfläschchen für starke Schmerztabletten. Das Medikament war ihm persönlich verschrieben worden, aber bereits vor einem Jahr. Irgendeine Idee, warum man es ihm ursprünglich verabreicht hatte?«
Lamar dachte einen Moment nach. »Als wir noch Partner waren, hatte er mal Nierensteine. Vielleicht war’s wieder so weit.«
»Okay, das erklärt die Stärke des Schmerzmittels. Aber Sie wissen nicht, ob Cal es regelmäßig genommen hat?«
»Da die Flasche über ein Jahr alt ist, würde ich sagen, es sieht nicht danach aus. Worauf wollen Sie hinaus, Decker?«
»Ich weiß es nicht, Arnie.« Er versuchte, seine Gedanken zu ordnen. »Das Medikament war ihm vor einem Jahr verschrieben worden, und das Fläschchen muss noch fast voll gewesen sein, den verteilten Pillen auf dem Boden nach zu urteilen. Ich würde behaupten, dass Cal das Zeugs vergessen hatte. Ich glaube, er ist nicht der Typ, der sich betäubt, bevor er sich erschießt. Aber Sie wissen das vielleicht besser als ich. Was glauben Sie?«
Lamar starrte vor sich hin, schwieg.
»Sie wissen, worauf ich hinauswill«, sagte Decker. »Ich will sichergehen, dass man Cal nicht geholfen hat, sich umzubringen.«
Lamar nickte. »Und wer sollte ihm geholfen haben?«
»Das frage ich gerade Sie.«
»Ich habe keine Ahnung. Cal hatte meines Wissens nicht sehr viele Freunde. Aber er hatte meines Wissens auch keine Feinde. Er blieb gerne für sich.«
Decker holte einen Notizblock hervor. »Gab es in Cals Leben zum Zeitpunkt des Little-Mordes besondere Probleme? Gibt es irgendwas, das in Verbindung zu dem Fall stehen und ihn irgendwie beunruhigt haben könnte?«
Lamar dachte darüber nach. »Ich kann mich nicht mehr erinnern, ist alles lange her. Viel Wasser unter der Brücke.«
»Sie meinten, Cal Junior fühle sich vielleicht schuldig am Tod seines Vaters.«
»Reine Spekulation.«
»Auf welche Highschool gingen denn die Vitton-Jungs?«
»North Valley, aber beide haben ihren Abschluss schon vor dem Little-Mord gemacht.«
»Wie lange vorher?«
»Vier, fünf Jahre.«
»Kannten sie Dr. Little?«
»Ja, wir haben mit den beiden über Dr. Little geredet, und wie der Rest der Gemeinde hatten sie nur Gutes über ihn zu berichten. Cal J mochte Little besonders. Er hatte Probleme mit ein paar Mitschülern, und ich glaube, Little mischte sich ein und half ihm.«
»Was für Probleme? Schlägereien?«
»Was sonst?«
»Cal war das Opfer von Schwulenhassern?«
»So lautete das Gerücht.«
»Also wussten seine Klassenkameraden, dass er schwul war«, meinte Decker. »Und Big Cal? Wusste er das auch?«
»Wenn er es wusste, gab er es nicht zu.«
»Wer war für die Schlägereien verantwortlich?«
»Keine Ahnung, aber ich glaube, Cal J geht’s so gut, dass er es Ihnen sagen wird, wenn Sie ihn fragen.«
»Wann hatte Cal J sein Coming-out?«
»Lange nach dem Mord. Ungefähr vor zehn Jahren.«
»Da war er Ende zwanzig?«
»Ungefähr. Sein Schwulsein hatte nichts mit Little zu tun. Wie ich schon sagte, Cal J mochte Dr. Ben einfach... so hat er ihn genannt, Dr. Ben.«
»Und Cal J machte fünf Jahre vor Littles Ermordung seinen Abschluss?«
»Es verschwimmt alles, Decker. Wie gesagt, richten Sie Ihre Fragen an die Jungs. Erstens sind sie etliche Jahre jünger als ich, mit intaktem Gedächtnis. Und zweitens stellen Sie Fragen nach ihrem Privatleben, und sie sind lebendig genug, um sie Ihnen zu beantworten, sofern sie das wollen.«
»Nur Fragen zu ihrem Privatleben, die im Zusammenhang mit Big Cals Selbstmord stehen. Stand Cal damals persönlich besonders unter Druck?«
»Ich kann mich nicht erinnern, dass Cal persönlich unter Druck stand, aber ganz bestimmt durch unser Unvermögen, einen Verdächtigen anzuschleppen. Versucht haben wir’s weiß Gott. Haben Sie unseren Bericht Seite für Seite durchgelesen?«
»Natürlich.«
»Also haben Sie gesehen, wie viele Leute wir befragt haben?«
»Wir überprüfen so viele wir können noch einmal. Einer meiner Kollegen war gerade in
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