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Argwohn: Thriller (Solveigh Lang-Reihe) (German Edition)

Argwohn: Thriller (Solveigh Lang-Reihe) (German Edition)

Titel: Argwohn: Thriller (Solveigh Lang-Reihe) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jenk Saborowski
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das Kratzen des Bleistifts auf dem rauen Papier. Er musste noch eine zweite Zeichnung anfertigen. Das Spiegelbild der ersten. Und doch eine ganz andere. Er wartete auf den Mond. Und dann sah er den leeren Platz, und es formte sich eine Szene. Eine Haltung. Er begann mit einer groben Skizze. Wie kniete das Spiegelbild der standhaften Frau? Der Stift kratzte ein Bein, aufgestellt zum Schwur. Ein zweites, dann ihre Hände über dem Knauf des Schwerts gefaltet. Ihr Blick nach oben gerichtet, zu ihrem Herrn. Ein Gesichtsausdruck entstand auf einem zweiten Blatt. Flehende Augen, ein Moment der Schwäche oder der Bewunderung. Es war wichtig, dass dieser Unterschied später nicht zu deuten war. Es war wichtig, wie jedes Detail wichtig war. Jeder Ring an ihren Fingern, jede Wimper ihrer Augen, jede Ader auf ihren Händen. Alles war wichtig, nichts durfte dem Zufall überlassen werden. Es gab keine Alternative. Nicht für ihn. Sondern für die Menschheit. Niemand wusste, wie wichtig es war, dass er ihren Gesichtsausdruck richtig hinbekam. Nur in der Perfektion lag die Unsterblichkeit. Erst nach Stunden erhob er sich, seine Glieder waren steif, seine Beine schmerzten. Aber er hatte eine Vorstellung davon, wie es werden könnte. Morgen Abend würde er wiederkommen und warten, bis sich die Frau mit den ausgeprägten Wangenknochen und die Sonne beinah trafen, wie jeden Tag. Er würde ihren Gesichtsausdruck bewundern und dann an ihrem Gegenstück arbeiten. Die ganze Nacht, bis zum nächsten Morgen. Wie oft würde er sie noch malen müssen? Wie lange würde er mit einem Bild vorliebnehmen müssen? Es war kein adäquater Ersatz. Eher ein Vorspiel. Das Vollkommene braucht Zeit, ermahnte er sich. Dann ging er nach Hause, stellte Teewasser auf den Ofen und holte Käse und Oliven aus dem Kühlschrank.

KAPITEL 8
Amsterdam, Niederlande
Donnerstag, 13. Juni 2013, 20.12 Uhr (zur gleichen Zeit)
    Solveigh schob langsam einen Fuß vor den anderen. Es war ein Ding der Unmöglichkeit, sich im stehenden Wasser fortzubewegen, ohne ein Geräusch zu verursachen. Einzig das Kreisen des Hubschraubers über dem Gebäude und die Aufräumarbeiten zwei Stockwerke unter ihr verschafften ihr alle paar Sekunden ein kurzes Zeitfenster für eine schnelle Bewegung. Kurz bevor sie Wills Büro erreichte, hielt sie noch einmal inne und lauschte. Sie hatte keine Schritte mehr gehört. Stattdessen vernahm sie ein metallisches Kratzen. Jemand versuchte, eine Schranktür zu öffnen. Oder etwas Ähnliches. Oh, Eddy, ich bin es nicht gewohnt, so etwas alleine machen zu müssen, flehte sie, obwohl sie wusste, dass sie nicht mit seiner Unterstützung rechnen konnte. Wo zum Teufel war der Mistkerl? Solveigh hielt die Luft an und schwang ihre Pistole um die Ecke in den Gang vor Wills ehemaligem Büro. Der Gang existierte nicht mehr, die Explosion hatte die Wände zu beiden Seiten fast vollständig zerstört. Der Lauf ihrer Waffe streifte die Löcher in den Wänden, Schwaden von Staub und Rauch hingen immer noch in der Luft. Aber der Verursacher der Geräusche war nirgends zu erkennen. Solveigh stieg über Metallstreben und Betonbrocken, die Jericho weiter im Anschlag. Das Kratzen wurde lauter. Es kam aus dem Nachbarzimmer. Hinter ihr. Solveigh fuhr erschrocken herum, aber ihr Fuß fand keinen Halt. Ihr Schuh platschte ins Wasser. Viel zu laut, Solveigh. Sie hielt inne und wartete auf eine Reaktion des Unbekannten. Das Kratzen hatte aufgehört. Keine Sekunde nach ihrem Abrutschen. Solveigh gab ihre Vorsicht auf und lief den Gang hinunter. Es hatte keinen Sinn, darauf zu hoffen, dass ihr Gegner sie unterschätzte. Initiative war bedeutend mehr wert in dieser Situation. Die Wand zum Nebenzimmer war intakt geblieben, ebenso wie die Tür. Offenbar hatte die Bombe einen Großteil ihrer Sprengkraft in die andere Richtung abgegeben. Solveigh hörte Schritte hinter der Wand. Sie drückte die Klinke nach unten und stieß die Tür mit dem Fuß auf. Eine dunkle Gestalt mit einer Sturmhaube auf dem Kopf kletterte über die Reste der Rückwand zu Wills Büro. Die Bombe hatte sie beinah komplett eingerissen.
    »Stehen bleiben!«, rief Solveigh.
    Die Gestalt machte keine Anstalten, sich zu ergeben. Solveigh feuerte einen Warnschuss in die Luft und riss sofort wieder beide Arme nach vorne, um sie ins Visier zu nehmen. Die Gestalt bewegte sich ohne Angst, was sehr ungewöhnlich war. Sie war zu breitschultrig für eine Frau. Der Mann mit der Maske hatte die Figur eines Kraftsportlers, und

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