Argwohn: Thriller (Solveigh Lang-Reihe) (German Edition)
kümmert sich dann darum.«
Eddy würde mehr Monitore bestellen, als das LKA aufbieten konnte, wenn man ihn so freimütig nach seinen Wünschen fragte, aber Solveigh versprach, alles weiterzugeben.
»Und bis dahin?«, fragte Solveigh.
»Machen wir einen Spaziergang«, sagte Paul Regen.
»Sie wollen spazieren gehen?«, fragte Solveigh.
»Vertrauen Sie mir, Frau Lang. Ich möchte Ihnen etwas zeigen. Und ich glaube, dass es wichtig ist.«
Um halb eins, drei Stunden bevor Eddy Rames und Dominique Lagrand eintreffen würden, liefen Solveigh und Paul Regen über die Türkenstaße. Hier saßen Studenten auf viel zu kleinen Bänken vor den Cafés, und die Schaufenster der Einzelhändler waren farbenfroh dekoriert. In einem Imbiss kaufte Paul Regen zwei gerollte Teigfladen und hielt ihr einen davon hin.
»Was ist das?«, fragte Solveigh.
»Indisch. Linsenrolle mit Mangochutney.«
Solveigh beäugte es skeptisch und biss eine kleine Ecke ab.
»Sehr gesund«, behauptete Paul Regen. Und es schmeckt sogar, stellte Solveigh fest.
»Also«, sagte sie zwischen zwei Bissen. »Wohin gehen wir?«
»Ins Museum«, sagte Paul Regen.
»Warum denn das?«, fragte Solveigh.
»Ich frage mich, warum Sie meine Theorie mit dem Schachspiel beim Polizeipräsidenten mit keinem Wort erwähnt haben«, sagte Paul Regen mit vollem Mund.
»Darf ich ehrlich sein?«, fragte Solveigh.
»Ich bitte darum«, antwortete Paul Regen.
»Weil ich glaube, dass sie auf sehr dünnem Eis steht.«
»Tatsächlich?«, fragte Paul.
»Schauen Sie«, sagte Solveigh. »Auf den ersten Blick mag das ja alles sehr logisch aussehen. Aber wie Sie ja bereits richtig bemerkt haben, heißt der Läufer im Englischen Bishop.«
»Und?«, fragte Paul Regen.
»England ist nicht gerade das wahrscheinlichste Land für einen europaweit agierenden Mörder«, sagte Solveigh.
»Nein?«, fragte Paul Regen.
»England gehört zur EU, hat aber das Schengen-Abkommen nicht unterzeichnet. Sie gehen doch auch davon aus, dass unser Mörder seine Opfer sammelt, oder nicht?«
Paul Regen nickte.
»Und dass er dafür eine Operationsbasis braucht, können wir wohl auch als gesichert annehmen …«
Erneut nickte der Kriminalhauptkommissar.
»Dann kommt England so gut wie nicht infrage. Es ist ausgeschlossen, dass es jemand derart häufig mit einer Leiche oder einer Entführten im Kofferraum über die Grenze schafft, ohne kontrolliert zu werden.«
»England hat wirklich noch Grenzkontrollen?«, fragte Paul.
»Sagen Sie bloß, das wussten Sie nicht?«, fragte Solveigh.
»Das ist ein Problem«, sagte Paul.
»Weil Ihre Theorie nicht mehr greift? Wir haben das Mandat doch auch ohne sie bekommen, oder etwa nicht?«
»Ja«, gab Paul Regen zu. »Dank Ihrer Hilfe.«
Solveigh wusste, dass er damit andeuten wollte, dass ihm Wochinger jeden Stein in den Weg gelegt hätte, den er finden konnte. Und vermutlich traf seine Einschätzung zu. Sie bogen links ab und liefen auf ein buntes Gebäude zu.
»Die Sammlung Brandhorst?«, fragte Solveigh.
»Ich befürchte, das hat sich jetzt erübrigt«, sagte Paul Regen ein wenig zerknirscht.
Solveigh blieb stehen und überlegte.
»Zeigen Sie sie mir trotzdem«, entschied sie schließlich.
Paul Regen lief vorneweg und besorgte die Eintrittskarten.
»Es geht um die aktuelle Ausstellung«, sagte er, als sie die Tickets bei einem steinalten Museumswärter abreißen ließen. »Sie zeigt Skulpturen verschiedener Künstler. Und obwohl ich mir sicher bin, dass Sie recht haben, kommt es mir vor, als wollten die Figuren mir etwas sagen. Etwas, das mit unserem Fall zu tun hat. Versuchen Sie es mal. Die Technik heißt assoziative Investigation. Versuchen Sie, etwas hinter dem zu sehen, was Sie gerade betrachten.«
»Vielleicht ist er ein Künstler?«, fragte Solveigh auf der Treppe in den ersten Stock.
Paul Regen lachte: »Sie sollten damit warten, bis Sie etwas sehen, das Sie normalerweise nicht sehen, wie zum Beispiel die Skulpturen.«
Am obersten Absatz der Treppe blieb er stehen: »Aber möglicherweise haben Sie trotzdem recht. Oder er ist einfach ein Engländer, der im Ausland lebt.«
Solveigh betrachtete die erste Skulptur. Die Bronze eines Tänzers, stark stilisiert, aber mit einem wunderschönen Gleichgewicht. Und tatsächlich spürte sie, wie ihre Gedanken die unterste Ebene des aktuellen Falls verließen und versuchten, darüber zu schweben wie ein Ballon.
KAPITEL 75
Dortmund, Deutschland
Mittwoch, 31. Juli 2013, 6.21 Uhr (am nächsten
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