Aristos - Insel der Entscheidung
aus der Dusche kam, wickelte Louisa sich in ein flauschiges Badetuch und setzte sich auf den Wannenrand. Heute musste sie sich entscheiden. Sollte sie an Bord gehen und Aristos für immer verlassen oder hierbleiben? Bei ihm. Mit der fadenscheinigen Begründung, dass sie vielleicht ein Kind von ihm erwartete.
Seufzend gestand sie sich ein, dass dies nicht mehr als eine lahme Ausrede war. Die ganzen letzten Tage hatten sie das Thema Baby kein einziges Mal erwähnt. Genau genommen, hatten sie über gar kein ernstes Thema geredet. Weder über ihr Leben in London noch über Max. Auch seine Rachepläne schien er vorerst auf Eis gelegt zu haben. Manchmal, wenn er aus der Villa seiner Eltern zurückkehrte, benahm er sich allerdings ein bisschen seltsam. So abwesend und kühl, als ob es ihm schwerfiel, den harten Businessman abzulegen und sich ihr wieder zu öffnen.
Und dann, plötzlich und unerwartet, war er wieder der freche, ausgelassene Andreas, der sie einfach über die Schulter nahm und ins Schlafzimmer entführte. Oder sie, wenn sie am Strand lag, übermütig ins Meer warf und erst später ins Schlafzimmer entführte. Die zwei Seiten des Andreas Markonos …. Hart und verspielt zugleich. Eine unwiderstehliche Kombination, wie sie fand.
Aber all diese Überlegungen halfen ihr überhaupt nicht weiter, was die immer noch ausstehende Entscheidung betraf. Sollte sie heute Abend mit der Fähre abreisen? Nachdenklich ging sie ins Schlafzimmer zurück und betrachtete ihre Reisetasche, die noch immer vollständig gepackt in der Ecke stand. Wenn das kein Zeichen war … Was wäre, wenn sie jetzt einfach diese Tasche nehmen und gehen würde?
Ein eiskalter Schauer lief ihr den Rücken hinab, und sie wickelte sich noch fester in das Badetuch. Sie lebte in England, Andreas in Griechenland, und sie war längst kein junges Mädchen mehr, das sich bereitwillig in die Rolle der braven Ehefrau drängen ließ, die zu Hause blieb, während er in der Weltgeschichte herumreiste, ach so wichtige Geschäfte erledigte und den Ernährer spielte. Jetzt hatte sie sich ein eigenes Leben aufgebaut, einen Job, den sie liebte, und ihre Unabhängigkeit, die sie nicht mehr missen wollte.
Hastig suchte sie sich ein paar frische Kleider zusammen, trocknete ihr Haar und zog sich an. Als sie die Küche betrat, wurde draußen der Motor des Jet-Skis ausgeschaltet. Neugierig schaute sie aus dem Fenster und beobachtete ihren Bruder, wie er aus dem Wasser kam und auf das Haus zumarschierte.
„Hallo“, begrüßte er sie und blieb im Türrahmen stehen. „Wo ist denn Andreas?“
„In der Villa seiner Eltern. Arbeiten“, erwiderte sie knapp.
„Gut. Das macht die Sache einfacher. Er erstarrt immer zu Stein, wenn ich auch nur den Namen deines Chefs erwähne.“ „Warum hast du ihm denn überhaupt von Max erzählt?“, fragte sie vorwurfsvoll. „Sorry, zu dem Zeitpunkt hat es mir einfach Spaß gemacht, ihn ein bisschen leiden zu lassen.“
Na, ein reuevoller Blick sah aber anders aus!
„Wie auch immer“, fuhr Jamie fort. „Max ist der Grund, weshalb ich hergekommen bin. Heute früh hat er nämlich im Hotel angerufen, weil er dich dringend sprechen wollte. Als ich ihm gesagt habe, wo du steckst, war er alles andere als begeistert.“ Er zog einen zusammengefalteten Notizzettel aus der Hosentasche und drückte ihn ihr in die Hand. „Du solltest ihn so schnell wie möglich zurückrufen.“
„Schalt dein verdammtes Handy ein! Ich muss mit dir sprechen – sofort!“, lautete die Nachricht ihres Chefs.
„Aber er weiß doch, dass ich auf Aristos immer das Handy ausmache“, sagte sie kopfschüttelnd.
Ihr Bruder zuckte nur mit den Schultern. „Er klang jedenfalls sehr wütend.“
Verwirrt ging sie ins Schlafzimmer, um ihr Telefon zu holen. Was war denn bloß in Max gefahren? Ob es auf der Arbeit irgendeine Krise gegeben hatte? Doch selbst wenn, Max liebte Krisen geradezu. Dann lief er zu Höchstleistungen auf. In den ganzen vier Jahren, seit sie für ihn arbeitete, hatte er sie noch nie im Urlaub angerufen, geschweige denn derartige Nachrichten übermitteln lassen.
Jamie, dessen Neugierde offensichtlich die Lust am Jet-Ski fahren überwog, folgte ihr und beobachtete gespannt, wie sie ihr Telefon aus der Tasche fischte. Kaum hatte sie es angeschaltet, begann es wie wild zu vibrieren und zu piepsen. Ein Dutzend SMSen und Sprachnachrichten trudelten ein – und alle von Max.
Sofort wählte sie seine Nummer. Da musste es ja ein ernsthaftes Problem
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