Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Aristoteles: Lehrer des Abendlandes (German Edition)

Aristoteles: Lehrer des Abendlandes (German Edition)

Titel: Aristoteles: Lehrer des Abendlandes (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hellmut Flashar
Vom Netzwerk:
die Eudemische Ethik in einen Preis der theoretischen Lebensform, doch ohne einen Übergang zum praktischen Handeln und zur Politik . Stattdessen wird die «Schau des Gottes» als höchste Norm menschlicher Aktivität gepriesen, die näherhin darin besteht, «dem Gott zu dienen und der Schau (Gottes) zu leben» (VIII 3, 1249 b 20). Damit endet die Eudemische Ethik . Man hat die Seltsamkeit der Formulierung zu mildern versucht, indem man in dem «Gott» nicht den kosmischen Gott, sondern den «Gott in uns», also den menschlichen Geist als göttliches Element gesehen hat. Aber das überzeugt nicht, und ob dieser Schluss und damit wohl die ganze Eudemische Ethik als Werk des Aristoteles angesehen werden kann, bleibt weiterhin umstritten.[ 41 ]

5.
R HETORIK – T HEORIE DER Ö FFENTLICHEN R EDE
 
    D IE G RUNDLAGEN
    Grundlage sind die drei Bücher Rhetorik , die nicht in einem Zug geschrieben, aber doch wohl, von einigen Zusätzen abgesehen, in der Zeit entstanden sind, in der Aristoteles in der platonischen Akademie lebte und wirkte.
    Denn «Rhetorik» gehörte zu den Themen, die in der Akademie von Anfang an diskutiert wurden. Aristoteles hat sich damit in einem seiner frühesten Dialoge, dem Grylos , auseinandergesetzt, von dem fast nichts erhalten, aber so viel erkennbar ist, dass es um die damals virulente Frage geht, ob die Rhetorik eine erlernbare «Kunst» sei oder nicht. Eine solche «Kunst» liegt nun in den drei Büchern Rhetorik vor.[ 1 ] Die beiden ersten Bücher bilden eine weitgehende Einheit; Buch I handelt über die Formen und Gattungen der Rede, Buch II über die Überzeugungsmittel und die Wirkungen der Rede. In dem ursprünglich wohl selbständigen Buch III werden sprachliche Form, Stoffanordnung der Redeteile sowie Fragen des Vortrags von Reden behandelt.
    Zwei weitere Werke des Aristoteles zum Thema sind nicht erhalten, die Theodekteia (eine Sammlung rhetorischer Lehrstücke des Isokratesschülers Theodektes) und eine in zwei Bücher eingeteilte Sammlung rhetorischer Lehrsätze ( Synagoge ), die eingangs eine Geschichte der Rhetorik enthielt. Einzelheiten sind aus den spärlichen Fragmenten kaum zu gewinnen.
    Eine unter dem Namen des Aristoteles überlieferte Rhetorik an Alexander ist nach übereinstimmender Meinung der Forschung unecht. Als ihr Verfasser gilt ein durch einige Fragmente historischer Werke nur unvollkommen bekannter jüngerer Zeitgenosse des Aristoteles namens Anaximenes von Lampsakos. Das Werk (39 Kapitel) ist stark von der Rhetorik des Aristoteles abhängig.
    R HETORIK VOR A RISTOTELES
    Erfindung, Entstehung und Entwicklung der Rhetorik sind eine Leistung der Griechen.[ 2 ] In den altorientalischen Kulturen und Literaturen findet sich kein entsprechender Ansatz, wohl aber in den ältesten Zeugnissen der griechischen Literatur, in den homerischen Epen. Schon in der Ilias wird ein Heldenideal aufgestellt, in dem sachgerecht erlerntes Reden den Taten gleichgewichtig an die Seite gestellt ist: «Ein Redner von Worten zu sein und ein Täter von Taten» ( Ilias IX 443), so hat es Phoinix, der Erzieher Achills, als Ideal formuliert. Und über Odysseus heißt es, er sei alles andere als eine ideale Heldengestalt, klein, untersetzt, von linkischen Bewegungen. Aber wenn er zu reden beginnt, dann zieht er mit seinen Worten, die winterlichen Schneeflocken gleichen, alle in seinen Bann ( Ilias 3, 216–224). Sieht man sich die Reden des Odysseus und anderer Helden in der Ilias und erst recht die Trugreden des Odysseus in der Odyssee näher an, so gewinnt man den Eindruck, es stehe hinter ihnen schon so etwas wie eine vorrhetorische Rhetorik, wofür die in ihren Argumentationsketten kunstvoll aufgebauten Reden im 9. Buch der Ilias mit dem Ziel, Achill wieder zum Teilnahme am Kampf der Griechen gegen die Troer zu bewegen, besonders eindrucksvolle Beispiele sind. Noch der römische Rhetoriklehrer Quintilian (35–100) empfiehlt dem angehenden römischen Redner gerade diese Reden zum Studium ( Institutio oratoria X 47: «nonus liber quo missa ad Achillem legatio continetur»). Jedenfalls waren von den frühesten Zeiten an, noch unter den geschichtlichen Bedingungen der Königs- und Adelsherrschaft, die positiven wie die negativen Möglichkeiten der Rede als Mittel der Beeinflussung des Menschen durch den Menschen erkannt und reflektiert.
    Eine gewaltige Steigerung erfuhr die kunstgerecht geformte Rede im Austragen der Interessen und Konflikte der Bürger unter der politischen Konstellation der

Weitere Kostenlose Bücher