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Arkadien 01 - Arkadien erwacht

Titel: Arkadien 01 - Arkadien erwacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kai Meyer
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Jeans und T-Shirt stieß.
    Sie machte einen Schritt auf den Mann zu, sorgfältig darauf bedacht, in der Schusslinie zwischen ihm und Alessandro zu bleiben. Ruhig hielt sie ihm das Heft entgegen.
    »Sie werden ihm nichts tun.«
    Der Mann streckte die Hand aus, um die Unterlagen entgegenzunehmen. Hinter ihm rappelte sich der andere mühsamauf, beide Hände vors Gesicht geschlagen. »Schlampe«, murmelte er dumpf und sah sich zwischen den Fingern nach seinem verlorenen Revolver um.
    »Ihr gehört zu meinem Clan«, sagte sie kühl. »Und Florinda wird nicht ewig das Sagen haben.«
    Der Mann winkte sie ungeduldig heran. Noch ein Schritt.
    Hinter ihr stieß Alessandro ein animalisches Brüllen aus.
    Der Kerl fuhr zusammen, der Revolver ruckte zur Seite – und Rosa stürzte sich auf ihn.
    Ein Schuss löste sich. Heft und Fotos flatterten durch die Luft. Rosa krallte sich mit den Fingernägeln in sein Gesicht, stieß ihn durch die Wucht ihres Aufpralls nach hinten und rammte ihm zugleich das Knie zwischen die Beine.
    Nichts davon wäre ihr gelungen, hätte er sie tatsächlich erschießen wollen. Aber er musste eindeutige Befehle erhalten haben. Brüllend vor Wut und Schmerz krümmte er sich zusammen. Rosa ließ ihn los und zog das Knie ein zweites Mal nach oben, diesmal unter sein Kinn. Nicht besonders gezielt, aber doch heftig genug, um ihn aufschreien zu lassen, als es seinen Kiefer streifte.
    Alessandro fegte an ihr vorbei, noch immer ein Mensch, aber überzogen mit schwarzem Pelz, auch im Gesicht, und warf sich auf den zweiten Mann. Aus dem Augenwinkel sah Rosa, wie er im Fallen Alessandro mit zu Boden riss. Im selben Moment aber rappelte sich ihr eigener Gegner auf, holte aus – und versetzte ihr einen so heftigen Faustschlag gegen die Schläfe, dass ihr schwarz vor Augen wurde.
    Als sie wieder zu Bewusstsein kam, nur wenige Herzschläge später, lag sie am Boden, während der Mann vor ihr das Heft und die verstreuten Fotos aufklaubte. Sie konnte Alessandro nicht sehen, wollte sich aufsetzen, aber ihr Kopf tat höllisch weh. Sie hörte Kampfgeräusche, dann erneut das Zischen und Rascheln, das lauter wurde, immer näher kam.
    Alessandro schrie alarmiert auf und Rosa zwang sich in dieHocke. Der Mann mit der Waffe hatte jetzt alle Fotos beisammen, schob sie zurück in das Heft, drehte sich um und lief los.
    »Nein!«, schrie sie. Reptilienkälte erfüllte sie von Kopf bis Fuß. Es war noch immer nicht genug. Verdammt noch mal!
    Da fiel ihr Blick auf den Revolver des ersten Mannes, der jetzt hilflos auf dem Rücken lag. Auf ihm kniete Alessandro, halb Mensch, halb Panther, den Kopf in den Nacken geworfen, den Mund weit aufgerissen – zu weit, mit viel zu spitzen Zähnen! –, um seine Fänge in die Kehle seines Opfers zu graben.
    Rosa rief seinen Namen, während sie auf allen vieren vorwärtskroch und den Revolver zu fassen bekam. Das Blut seiner Beute schien Alessandro noch wütender zu machen. Sie sah, wie sein T-Shirt am Rücken aufplatzte.
    »Alessandro! Nicht!«
    Sie war nicht sicher, warum sie ihn aufhalten wollte. Die Männer hatten sie bedroht und auf ihn geschossen. Die beiden zu töten erschien ihr gerecht , und es kam ihr noch richtiger vor, als die Schlangenkälte in ihrem Inneren auch ihr Denken erfasste und alle Moral zurückdrängte. Sie kauerte auf den Knien am Boden, in ihren Händen lag schwer der Revolver, und nun zielte sie auf den Mann mit den Papieren, sah ihn im Mondschein auf die Büsche und den Zaun zulaufen, genau vor ihrer Waffe; Trommel und Mündung waren klobig ummantelt – schallgedämpft.
    Rosas Zeigefinger am Abzug zitterte. Die Kälte vertrieb ihre Skrupel, aber noch war da ein letzter Rest ihres Verstandes, der ihr sagte, dass es falsch war, einem Menschen in den Rücken zu schießen.
    Aber sie wollte ihn töten. Um Iole zu retten und für das, was er getan hatte. Für den Schlag, für ihren Schmerz. Für das, was er Alessandro hatte antun wollen. Vor allem aber, weil sie ihn töten konnte , während diejenige, der ihre eigentliche Wut galt, unsichtbar als Schlange durch die Schatten glitt.
    Und dann registrierte sie wieder das Knistern des trockenen Grases, über das sich etwas auf sie zubewegte, und ihr wurde klar, dass nur zwei, drei Sekunden vergangen waren und die Schlange noch immer näher kam.
    Mit einem Ruck rollte sie sich herum, stieß die Waffe vor – und richtete sie zwischen die bernsteinfarbenen Augen eines riesigen Schlangenschädels.
    Die Zeit blieb stehen. Ihr

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