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Arkadien 01 - Arkadien erwacht

Titel: Arkadien 01 - Arkadien erwacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kai Meyer
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ein Haar krümmen. Solange du also allen, die mich unterstützen, die Wahrheit erzählen könntest –«
    »– bist du in Sicherheit«, führte sie seinen Satz zu Ende. »Egal, was du hier in der Villa aufstöberst. Über den Tod deiner Mutter. Und denjenigen, der dafür verantwortlich ist.«
    Er nickte abermals. »Ja.«
    Sie fühlte sich hintergangen und ausgenutzt, aber sie würde den Teufel tun, ihm das offen zu zeigen. Plötzlich hatte sie dasGefühl, die Blöße ihres halb nackten Oberkörpers bedecken zu müssen. Ihr T-Shirt lag unten am Strand. Sie atmete tief durch.
    »Okay«, sagte sie. »War das alles?«
    »Nein«, erwiderte er. »Ich mag dich. Das ist die Wahrheit.«
    Sie holte aus und gab ihm eine Ohrfeige, die es in sich hatte.
    Er zuckte nicht mal zusammen. »Es ist wahr.«
    Sie scheuerte ihm noch eine. Sah ihn lange wortlos an.
    Schließlich trat sie an ihm vorbei und ging zum Eingang der Villa. »Komm schon. Sehen wir zu, dass wir finden, wonach du suchst.«
    s
    Vor ihnen öffnete sich eine Eingangshalle, in die von allen Seiten Tageslicht durch riesige Glasfenster fiel. Selbst die Treppenstufen zum oberen Stock waren aus dickem Plexiglas.
    »Hier entlang.« Er führte sie durch mehrere Räume, die derart von Weiß beherrscht wurden, dass sie allmählich zu frösteln begann, trotz des Sonnenscheins. Auch die Möblierung war eigenwillig, mit geschwungenen Schalensesseln aus Plastik, in sich verdrehten Stehlampen, die aussahen wie DNA-Modelle, abgerundeten Regalen aus Kunststoff – alles in Weiß, nur hier und da ein schrilles Orange. Psychedelischer Chic der frühen James Bond -Filme. In ihrem Hinterkopf erklang wieder My Death , und hier schien es herzugehören, als sei es für diesen Ort komponiert worden.
    Das Haus roch nach ungelüfteten Zimmern, nach warmem Plastik und Staubpartikeln, die als flirrende Lichtsäulen in den Räumen standen und die verglasten Decken der Wintergärten stützten.
    Eine Treppe führte hinauf in die obere Etage. Ein neuer Geruch. Erst wie Wachsmalstifte, und gleich danach, intensiver, nach Ölfarben. Sie betraten das Atelier von Gaia Carnevare,und nach all dem blendenden Weiß wirkten die Farben in diesem Raum umso greller.
    Auch hier bestand die Decke vollständig aus Glas und sie war die einzige Fläche, die nicht mit Bildern bedeckt war. Überall sonst hingen oder lehnten ungerahmte Leinwände, überzogen mit einem Inferno aus Pinselstrichen und wilden Klecksen, Farbexplosionen, die beim zweiten Hinsehen zu Gesichtern wurden. Verzerrten, verzogenen, entstellten Gesichtern.
    Rosa sagte nichts. Sie drehte sich langsam auf der Stelle und ließ ihren Blick über die Gemälde wandern. Vielerorts waren Leinwände hintereinandergestapelt, fünf oder acht oder zehn; sie konnte nur ahnen, wie viele dieser verstörenden Grimassen sich hinter den vorderen verbergen mochten.
    »Warum ist das alles noch hier?«, fragte sie.
    »Cesare hat meinen Vater davon abgehalten, die Bilder ins Schloss zu holen. Er wollte sie nicht um sich haben.« Alessandros Kiefermuskeln mahlten. »Er hat sie gehasst.«
    »Ihre Bilder?«
    »Die auch.«
    Sie sah ihn jetzt wieder direkt an, zum ersten Mal seit den Ohrfeigen. »War er es? Hat Cesare deine Mutter getötet?«
    »Ich glaube, ja.«
    »Und hier suchst du die Beweise dafür?«
    Er ging zu einem der Gemälde hinüber, einem Gesicht mit weit aufgerissenem Mund in Rot und Schwarz und dunklem Violett. Seine Fingerspitzen strichen sanft über die Oberfläche. »Ich denke, sie hat herausgefunden, dass Cesare meinen Vater hintergangen hat. Cesare war sein engster Vertrauter, sein Berater in allen Dingen – nicht nur geschäftlichen. Aber Cesare hängt auch an den alten Traditionen der Cosa Nostra, er beharrt auf dem Recht des Stärkeren und für ihn müssen die Machtkämpfe auf offener Straße ausgetragen werden. Dass die Familien mehr und mehr wie echte Wirtschaftsunternehmen arbeiten, dass sie Schleichwege am Rande der Legalität benutzen und ihre Streitigkeiten nicht mehr zwingend in Schießereien zwischen ein paar angeheuerten Bauerntölpeln enden – das alles ist an Cesare vorbeigegangen. Jede Form von Neuerung ist ihm zuwider, alles soll bleiben, wie es war. Deshalb will er die Macht über den Carnevare-Clan. Um das zu bewahren, was er die alten Werte nennt. Und ich glaube, dass mein Vater in seinen Augen zu sehr davon abgewichen ist, mit seinen Scheingeschäften, der Fassade aus wohltätigen Stiftungen, den Verbrüderungen mit Politikern in

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