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Arkadien 01 - Arkadien erwacht

Titel: Arkadien 01 - Arkadien erwacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kai Meyer
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Warteten ab, für welche Art von Angriff sich der andere entscheiden würde.
    Rosas Blick fiel auf Tanos nackten Rücken. Er war behaart. Sie hatte es für Reflexe des Sonnenlichts gehalten, aber nun sah sie, dass eine dichte Spur aus weißgelbem Haar von seinem Nacken aus über die Wirbelsäule abwärtslief.
    Tano stieß ein zorniges Brüllen aus. Dann prallten die Gegner erneut aufeinander.
    Niemand achtete auf Rosa. Sie huschte zu ihrer Tasche und schob die Mappe mit Gaias Dokumenten hinein. Als sie sich wieder aufrichtete, dröhnte vom Meer Lärm herüber zum Strand.
    Rotorengeräusche.
    Blinzelnd entdeckte sie einen Helikopter, der über dem Wasser heranraste, über die ankernde Jacht hinweg- und in gerader Bahn auf den Strand zujagte. Die Konturen der Maschine verschwammen vor lauter Funkeln und Blitzen der Sonne auf ihrem Rumpf.
    Alessandro warf Tano zu Boden. Mit beiden Knien ließ er sich brutal auf den Brustkorb seines Kontrahenten fallen.
    Die beiden Mädchen rissen eine der Kisten auf und hieltenim nächsten Augenblick Maschinenpistolen in den Händen. Maschinen! Pistolen! Ihr Anblick war so unwirklich, dass Rosa abermals blinzelte.
    Einer der Jungen nahm seine Sonnenbrille ab. Der Kellner wirkte wie versteinert.
    Alessandro hockte über Tano am Boden, warf den Kopf in den Nacken und stieß ein triumphierendes Raubtierbrüllen aus. Schatten rasten wie ein Flächenbrand über seinen Körper, färbten ihn schwarz wie Teer.
    Tano jaulte auf.
    Alessandro riss den Mund weiter auf, noch weiter. Er sah aus, als wollte er die Zähne in die Kehle seines Gegners schlagen. Oder rief er etwas, das Rosa im Lärm der Rotorblätter nicht verstand?
    Sand wurde aufgewirbelt und verschleierte die Sicht.
    Ich versprech’s dir , hatte sie gesagt. Wir holen dich hier raus.
    Die Kufen des Helikopters berührten den Boden.

Familienfehde
    D er Pilot ließ den Rotor laufen, als er gebückt aus der Kanzel sprang und die seitliche Schiebetür aufzog. Sandwirbel wehten über den Strand, das Haar der Mädchen tanzte auf ihren nackten Schultern.
    Rosa wusste längst, wen sie gleich zu sehen bekäme.
    Florinda Alcantara glitt ins Freie, huschte geduckt unter der tosenden Sense der Rotorblätter hervor und richtete sich auf. Hinter ihr sprangen zwei bewaffnete Männer aus dem Hubschrauber.
    Die beiden Handlanger trugen leichte Maschinenpistolen wie die Mädchen in Tanos Gefolge. Auch der Pilot zog eine automatische Pistole aus seiner Jacke. Das Ganze glich einer Szene aus einem drittklassigen Actionfilm – einem, dem das Geld für Komparsen fehlte.
    Bikinimädchen mit Maschinenpistolen. Mafiosi mit verspiegelten Sonnenbrillen. Ein Pilot in Kunstlederjacke. Sie wollte »Cut!« rufen, damit das Ganze ein Ende hatte. Damit sie alle nach Hause gehen und die Leute vom Kino das Popcorn auffegen konnten.
    Stattdessen rief ihre Tante: »Komm, Rosa, die Party ist vorbei.« Sogar ihre Sprüche waren die einer B-Movie-Schurkin.
    Florinda stand auf halber Strecke zwischen dem Helikopter und Rosa. Das blond gefärbte Haar peitschte um ihr Gesicht, während die beiden Männer mit den Waffen im Anschlag rechts und links von ihr Position bezogen.
    Eines musste Rosa Florinda lassen: So albern dieser Auftritt war, so elegant blieb sie dabei. Sie trug ein schwarzes Kostüm mit kurzem Rock und eng geschnittenem Oberteil. Der deutlichste Hinweis darauf, dass sie nicht ernsthaft mit einer Auseinandersetzung rechnete, waren ihre hochhackigen Stiefel, mitdenen sie bei einem Kampf keine drei Meter weit über den Strand kommen würde.
    Und da begriff Rosa: Dies alles war nichts als Theater. Jede Geste, jedes Wort, jeder Blick war Teil einer geheimen Sprache, die nur Mitglieder der Familien verstanden. Das Konkordat schützte sie voreinander und das ganze Machogehabe war nichts als Zuckerguss auf einer Torte, deren Geschmack sie alle nur zu gut kannten. Sie hielten sich an eine Tradition, die auf dem basierte, was die Mafiosi in Filmen über sich selbst gesehen hatten. Der Pate und Scarface konnten sie alle wahrscheinlich mitsprechen.
    Alessandro hockte noch immer auf Tanos Brust und hatte beide Hände um dessen Kehle gelegt. Die sonderbare Dunkelheit, die seinen Körper vorhin überzogen hatte, war verschwunden. Rosa konnte seine Augen nicht genau sehen; sie wirkten noch immer sehr finster, aber das mochte am Schatten liegen. Als er zu ihr herüberschaute, meinte sie, Traurigkeit in seinem Blick zu erkennen.
    Seit Florindas Ankunft waren nur Sekunden

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