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Arkadien 01 - Arkadien erwacht

Titel: Arkadien 01 - Arkadien erwacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kai Meyer
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bald wieder und stießen tiefer in das bergige Ödland im Zentrum Siziliens vor. Anfangs wellte sich das Land in ockerfarbenen Hügeln, wurde dann immer schroffer. Die wenigen Äcker waren unbestellt, viele schwarz verkohlt, wo die Bauern die Reste ihrer abgeernteten Felder in Brand gesteckt hatten. Überall roch es nach Rauch, auch wenn keiner zu sehen war. Manchmal öffneten sich am Rand der kurvenreichen Straße breite Buchten, in denen überfüllte Müllcontainer standen; meist hatten die Menschen aus der Umgebung ihre Tüten voller Abfall einfach daneben geworfen. Auch entlang der Straßengräben und Böschungen sammelten sich Plastikflaschen und leere Verpackungen.
    »Ich hab noch nie so viel Müll auf einem Haufen gesehen«, sagte Rosa, als sie einmal mehr an einem rußgeschwärzten Feld vorbeikamen, übersät mit verbrannten Kunststoffresten.
    »Angeblich ist es besser geworden«, erwiderte Zoe. »Aber es stimmt schon – schwer vorstellbar, dass es irgendwann mal noch schlimmer war.«
    »Ich dachte, die Cosa Nostra verdient daran, dass sie den Müll illegal entsorgt.«
    »Aber nicht vor der eigenen Haustür. Ein paar der Familien sind wirklich groß im Müllgeschäft, aber sie verschiffen ihn nach Kalabrien oder sonst wohin.«
    »Das macht es nicht besser, oder?«
    Zoe warf ihr einen ernsten Blick zu, bevor sie sich auf die nächste Kurve konzentrieren musste. »Fang gar nicht erst damit an, dir ein schlechtes Gewissen zu leisten. Sonst bist du hier fehl am Platz.«
    »Was tust du dagegen?«
    Die Frage schien Zoe zu überraschen. »Einkaufen«, sagte sie nach einem Moment. »Das hilft gegen vieles.«
    »Aber das hast du jetzt nicht vor, oder? Einkaufen, meine ich.«
    »Nein.«
    »Wo fahren wir also hin?«
    »Ich will dir was zeigen. Wir sind bald da.«
    »War das Florindas Idee?« Rosa verzog das Gesicht. »Damit ich zurück auf den rechten Pfad der Familie finde?«
    »Sie war viel zu sauer, um überhaupt was zu sagen.«
    »Sie wird drüber wegkommen.«
    »Sie hat es nicht leicht. Es gibt kaum weibliche Familienoberhäupter. Dad hätte damals der nächste capo werden sollen, aber dann ist er gestorben. Mom hat uns mit nach Amerika genommen, und Florinda saß plötzlich allein in ihrem Palazzo und musste sehen, wie sie mit allem zurechtkommt.«
    »Aber sie führt die Geschäfte doch nicht im Alleingang?«
    »Sie hat ihre consiglieri , ihre Berater«, sagte Zoe, »aber die sind in Palermo und Catania, ein paar auch in Rom und Mailand. Einige von ihnen sind unsere Großcousins und -cousinen. Sie leiten die Firmen und geben Florinda Ratschläge, aber die endgültige Entscheidung liegt immer bei ihr. Sie kommen regelmäßig her und erstatten Bericht, und Florinda fährt auch oft zu ihnen. Internet und Telefon sind zu unsicher. Das meiste wird noch immer unter vier Augen besprochen und daran wird auch keine noch so ausgeklügelte Technik irgendwas ändern können.«
    Rosa musterte das schöne, aber hagere Profil ihrer Schwester. Zoe hatte zwei Facetten, das wurde ihr allmählich klar. Es gab die sprunghafte, modebesessene und vergnügungssüchtige Zoe, die sie von früher kannte. Aber da war auch noch eine andere, die sich offenbar gründlich mit den Geschäften ihrer Familie auseinandergesetzt hatte. Das war eine neue, unerwartete Facette, bis Rosa sich erinnerte, dass sie dieser Zoe schon zu Beginn ihres Aufenthalts begegnet war – auf dem Weg zur Beerdigung, als Florinda und sie ihr wie zwei Insektenköniginnen gegenübergesessen hatten.
    Das Bild verblasste, als sie gegen ihren Willen erneut an Alessandro denken musste. Dass Tano seinen Plan einfach aufgegeben haben sollte, erschien ihr unwahrscheinlich. War auf der Insel noch etwas geschehen, nachdem Florinda sie dort abgeholt hatte? Sie kam sich vor wie ein Kind, das man an der Hand vom Spielplatz gezerrt hatte, und das machte sie rasend.
    »Du magst ihn«, stellte Zoe unvermittelt fest.
    »Alessandro?«
    »Du weißt genau, wen ich meine.«
    »Ich kenne ihn gar nicht.«
    »Genau das ist das Problem. Die Carnevares sind nicht wie wir. Ihre Familie und unsere –«
    »Jetzt komm mir nicht mit diesem Romeo-und-Julia-Scheiß.«
    »Also magst du ihn wirklich.« Das war keine Frage mehr.
    »Er hat mich eingeladen. Ich bin mitgefahren. Das ist alles. Wir haben nicht darüber gesprochen, fünf Kinder zu zeugen und den Umsturz der Cosa Nostra voranzutreiben.«
    »Nimm das nicht so leicht.«
    Rosas Hand krallte sich fester um ihr knochiges Knie. »Wir wollten

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