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Arkadien 01 - Arkadien erwacht

Titel: Arkadien 01 - Arkadien erwacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kai Meyer
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ein paar Hundert Meter entfernt. Dazu kamen die zahlreichen Kurven. Und Verfolger, die sich nicht um den Straßenverlauf kümmern und den kürzesten Weg über die Felsen nehmen würden.
    Alessandro blieb einige Meter zurück, obgleich er schneller laufen konnte als sie. Ihre Knie schmerzten, ihre Beine fühlten sich merkwürdig an. Er hätte sie ohne Mühe überholen können. Doch er blieb hinter ihr, sie hörte seine Schritte und dachte daran, was er gesagt hatte. Nicht umschauen.
    Aber ihr Blick über die Schulter geschah wie von selbst. Sie aufzufordern, etwas nicht zu tun, war der sicherste Weg, das Gegenteil zu provozieren.
    Alessandro sah selbst immer wieder nach hinten, auch jetzt. Da war noch etwas, zehn oder fünfzehn Meter hinter ihnen auf der Straße, ein verwischter Schemen im Regen, ungleich schneller als sie und drauf und dran, sie einzuholen.
    Sie riss den Kopf herum, um nicht von der Straße abzukommen. In den Felsen würde sie sofort stürzen. Sie musste auf der Asphaltpiste bleiben und versuchen in den Rinnsalen nicht auszurutschen.
    Als sie erneut zurückblickte, war Alessandro verschwunden.
    Zerfetzte Kleidung war über die Straße verstreut. Der Anblick traf sie wie ein Stoß in den Rücken, ließ sie straucheln, und als sie sich doch noch fing, blieb sie schlitternd stehen.
    »Alessandro?«
    Auch ihr Verfolger war hinter der letzten Kurve und düsterem Felsengewirr zurückgeblieben. Für einen Moment schien selbst das Prasseln des Regens zu verstummen. Rosa stand mitten auf der Straße, starrte mit zusammengekniffenen Augen den Berg hinauf und hörte nichts als ihren eigenen Herzschlag, ihren jagenden Atem. Die Tropfen schienen in Zeitlupe vom schwarzen Himmel zu fallen, und sie hatte das Gefühl, jedeneinzelnen davon mit den Fingerspitzen aus der Luft pflücken zu können.
    Starr blickte sie zurück auf den Weg. Auf die Kleidungsstücke, die inmitten der Regenrinnsale lagen. Widerstrebend suchte sie den Boden nach weiteren Spuren ab. Nach Blut, das sich mit dem Wasser vermischte.
    Ein tiefes Grollen drang an ihre Ohren, unerwartet nah. Sie roch heißen Raubtieratem. Nicht wie bei dem Tiger im Wald, sondern wilder.
    Langsam wandte sie den Kopf zur Seite. Sah an dem Felsbuckel hinauf, der sich keine drei Meter entfernt am Straßenrand erhob.
    Darauf stand ein ausgewachsener Löwe mit triefender Mähne. Unter seinem nass glänzenden Fell zeichneten sich gewaltige Muskelstränge ab. Seine Augen glühten. Er musterte sie, den Duft ihres warmen Blutes in der Nase, das Maul halb offen, um ihr zu zeigen, womit er sie im nächsten Augenblick zerreißen würde.
    Sie warf sich herum und lief weiter, obwohl sie wusste, dass es zwecklos war. Sie rannte, so schnell sie konnte. Erst als sich nichts auf sie stürzte, sah sie nach hinten.
    Die Schwärze der Nacht gerann zu einem festen, geschmeidigen Körper, der mit ohrenbetäubendem Fauchen den Fels hinaufjagte und in die Seite des Löwen rammte. Der brüllte auf, verlor seinen Halt und stürzte schwer zur Seite, schnappte nach dem Angreifer und riss ihn mit sich.
    Der Löwe krachte mit einem wütenden Grollen seitwärts auf die Straße. Die zweite Raubkatze landete auf ihm, schlug Krallen und Fangzähne in seinen Leib, zerfetzte Fell und Fleisch. Dann setzte sie über ihn hinweg, wirbelte erneut herum und wandte sich ihrem Gegner zu. Auch der Löwe erhob sich, rasend vor Schmerz und Wut. Er verschwendete keine Zeit und ging zum Gegenangriff über.
    Als ein Blitz die Nacht erhellte, sah Rosa das zweite Tierdeutlicher. Der Anblick flimmerte weiter vor ihren Augen, während sie wie betäubt den Berg hinabrannte.
    Ein Panther, pechschwarz, fast so groß wie sein Gegner, aber schlanker und flinker. Seine Lefzen entblößten schimmernde Fänge.
    Sie trug die Bilder und Laute der Kämpfenden mit sich den Hang hinunter. Erkannte kaum die Straße unter ihren Füßen, sah auch die Anlegestelle und das Gittertor erst, als sie fast schon davorstand.
    Ein Mann trat ihr in den Weg. Rosa blieb keine Zeit, überrascht zu sein. Mit einem Ächzen rammte sie ihm in vollem Lauf die Schulter vor die Brust, sprang an ihm vorbei, bevor er sie packen konnte, und erreichte den Platz am Ufer. Meterhohe Brandung krachte gegen die Felsen.
    Hinter ihr, höher im Hang, tobten Panther und Löwe. Der Mann rief etwas, das sie nicht verstand.
    Am Ende des Betonstegs glühten die Lichter der Gaia durch die Regenschwaden.
    Zwischen Rosa und dem Schiff befand sich nur das Gittertor. Die

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