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Arkadien 02 - Arkadien brennt

Titel: Arkadien 02 - Arkadien brennt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kai Meyer
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bleiben. Aber sie hatte keine Erfahrung darin, längere Distanzen als Schlange zurückzulegen, und sie wusste nicht, wie sehr sie das aufhalten würde. Also lief sie weiter, schwitzte am ganzen Körper und redete sich ein, dass es allein der Wind auf ihrer feuchten Haut war, der sie derart frösteln ließ.
    Glühende Punkte erschienen vor ihr in der Dunkelheit. Nur wenige Fenster des Palazzo waren erleuchtet.
    Wieder ein Schuss. Dann in rascher Folge zwei weitere.
    Ein Hund jaulte auf. Einer der Hundinga. Oder Sarcasmo.
    An der Grenze zwischen Oliven- und Zitronenhain stieß sie erneut auf ein Bündel am Boden. Der Mann war nackt. SeinTod lag noch nicht lange zurück, die klaffenden Fleischwunden glänzten nass. Seine Kehle war zerfetzt, sein Schädel abgewinkelt. Er war mit ungeheurer Wildheit getötet worden.
    Sie hörte Pfotengetrappel und Hecheln – es kam von Osten, wo sich jenseits der Zitronenbäume und einiger Palmen das hohe Fundament der Panoramaterrasse erhob. Sie kletterte über einen alten Lattenzaun und presste sich eng an einen Stamm.
    Keine zehn Meter entfernt lagen noch zwei Leichen. Beide waren bekleidet. Sie gehörten zu den Wächtern des Anwesens. Offenbar waren sie getötet worden, als sie etwas entdeckt hatten: mehrere Taschen und Rucksäcke, die am Fuß einer Palme lagen. Gleich hinter deren Stamm wuchs vier Meter hoch das Terrassenfundament empor.
    Rosa hielt den Atem an. Bewegte sich nicht mehr.
    Die Silhouette eines riesigen Dobermanns, größer als ein Wolf, näherte sich von Süden her den Toten und ihrem Fund. Rosa nahm das Biest nur auf Grund seiner Bewegungen wahr, in der Finsternis war es so schwarz wie die Umgebung.
    Ein Knirschen und Reißen erklang, als es sich im Laufen verwandelte. Von einem Schritt zum anderen erhob sich die Kreatur auf die Hinterbeine, streckte und dehnte sich, während sich die Knochen verschoben und verlängerten, Gelenkköpfe sprangen mit scheußlichen Lauten aus ihren Pfannen und Glieder zeigten in die falsche Richtung. Struppiges Haar verwuchs zu Fleisch. Muskeln blähten sich auf und wanderten unter der Haut entlang.
    Im schwachen Gegenlicht des Mondes verformte sich sein Gesicht, die Schnauze wurde zurückgebildet und die Stirn gestreckt. Der Mann hob die Arme – aus Pfoten wurden Hände – und rieb sich die Augen.
    Wenige Sekunden später trat er nackt an eine der Taschen und zog etwas hervor. Das Display eines Handys leuchtete aufund beschien das Gesicht des Mannes von unten. Rosa schätzte ihn auf vierzig, vielleicht ein wenig älter. Er hatte harte, narbige Gesichtszüge und einen raspelkurzen Haarschnitt.
    Flüsternd sprach er in das Handy. Rosa konnte ihn kaum verstehen, sie war zu weit entfernt. Er hatte einen harten Akzent, vielleicht ost- oder nordeuropäisch, und schien seinem Auftraggeber Bericht über die Lage zu erstatten.
    »… zwei meiner Leute getötet«, hörte sie den Hunding sagen. »… länger warten … Der Plan interessiert mich nicht … gleich reingehen …«
    Sie wagte nicht, näher heranzuschleichen. Selbst Atmen war ein Risiko, aber sie konnte die Luft nicht noch länger anhalten.
    Der Mann ließ das Handy sinken und blickte sich um.
    Sie stand in völliger Dunkelheit, und dennoch sah er genau in ihre Richtung. Er sprach einen letzten, zornigen Satz in das Handy – »… ist meine Entscheidung …« –, dann schaltete er es aus und warf es in die offene Tasche.
    Langsam kam er auf Rosa zu, eine hünenhafte Silhouette vor der mondgrauen Mauer. Ein bedrohliches Knurren drang aus seiner Kehle.
    Wenn sie auch nur den Kopf bewegte, würde er sie entdecken. Sie konnte nicht anders, als ihn unverwandt anzustarren, ob sie wollte oder nicht.
    Ihr Herz schlug rasend schnell, mit jedem Pochen pumpte es den Eishauch der Schlange durch ihre Glieder. Wenn sie sich jetzt verwandelte, würde er sie auf jeden Fall bemerken. Und sie war keineswegs sicher, ob sie als Schlange flink genug wäre, um seinen Fängen zu entgehen.
    Er sank nach vorn auf alle viere. Explodierte zurück in seine Hundegestalt, so rasch, dass es wie ein altmodischer Spezialeffekt wirkte. Hier der Mann, Cut! , da der Hund. Nicht mal eine Überblendung.
    Das Biest war noch drei Meter von ihr entfernt. Sein Dobermannfell roch nach Menschenschweiß.
    Wieder erklang das Heulen der anderen, oben am Haus. Sie belagerten den Palazzo. Schüsse jaulten, unmittelbar über ihnen auf der Terrasse.
    Der Hunding verharrte.
    Ein zweiter brüllte schmerzerfüllt in der

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