Arkadien 02 - Arkadien brennt
Sicherheitsschlössern verriegelt;ihre Großmutter hatte dafür gesorgt, dass Eindringlinge es nicht leicht hatten.
Sie hörte Hecheln und Knurren in den Schatten. Je weiter sie sich vom Pool und von seiner Unterwasserbeleuchtung entfernte, desto finsterer wurde es. Die Hundinga beobachteten sie. Sobald Rosa sich aus dem Schussfeld der Lehrerin bewegte, würde nichts mehr die Biester aufhalten. Vermutlich wussten sie, dass sie die einzige Lamia im Palazzo war.
Sie erreichte die Ecke des Gebäudes und damit das Ende der Terrasse. Schnell glitt sie zwischen den Steinstempeln des Geländers hindurch auf die Wiese, die an die Nordfassade grenzte. Sie suchte einen ebenerdigen Weg ins Innere, dazu musste sie die offene Fläche überqueren.
Hinter ihr setzte ein Hunding über das Geländer und landete im Gras. Ein zweiter – der größte Pitbull, den sie je gesehen hatte – jagte hinterher. Bei den Kastanien am Rand der Wiese bewegten sich weitere Silhouetten vor dem Dunkelgrau der Nacht.
Rosa schlängelte sich so schnell sie konnte vorwärts, selbst erstaunt über ihre Geschwindigkeit, und war womöglich doch nicht schnell genug. Die Pranken der Hundinga ließen den Boden erzittern, sie mussten unmittelbar hinter ihr sein. Schon schnappte der erste nach ihr. Er verfehlte ihren Reptilienleib nur um Haaresbreite.
Vor Rosa wuchs das Palmenhaus empor. Grünliches Licht schimmerte schwach in dem gläsernen Anbau. Die beschlagenen Scheiben verbargen den tropischen Dschungel im Inneren.
Eine Glasscheibe in der untersten Reihe war zersplittert. Rosa hielt genau darauf zu. Die Scherben waren nach innen gefallen. Offenbar hatten die Hundinga bereits den Versuch unternommen, auf diesem Weg in den Palazzo zu gelangen. Ein unbekleideter Leichnam lag inmitten der Glassplitter. Jemandhatte den Ansturm des Hunding aufgehalten, er war keine zwei Meter weit ins Innere vorgedrungen.
Einer ihrer Verfolger stieß ein kurzes, hartes Bellen aus, dann erbebte der Boden ein letztes Mal. Die Hundinga waren stehen geblieben. Rosa schoss über das Glas und den Toten hinweg und tauchte in die Tropenatmosphäre des Palmenhauses.
Grüner Dämmer, der zischelnd zum Leben erwachte. Sie kamen von allen Seiten, erst nur wenige, dann immer mehr. Die Schlangen, die hier lebten, die Totemtiere der Alacantaras, erkannten ihre Herrin und nahmen sie schützend in ihre Mitte. Einige wandten sich in Richtung der Hundinga, und Rosa roch den Duft ihres Giftes, sah es an den Spitzen ihrer Fangzähne glitzern. Sie hatte erst kürzlich erfahren, dass der Biss einiger dieser Reptile tödlich war. Sie selbst besaß keine Giftdrüsen; womöglich galt das für alle Lamien.
Die Hundinga folgten ihr nicht durch die zerbrochene Scheibe. Knurrend zogen sie sich zurück. Lange würden die verschlossenen Türen und Gitter sie nicht aufhalten, jetzt da ihr Anführer entschlossen war, den Angriff auch gegen den Befehl des Hungrigen Mannes durchzuführen. Rosa ging davon aus, dass sie Waffen dabeihatten, wahrscheinlich auch Sprengstoff. Selbst wenn sie es vorzogen, als Hundinga im Rudel zu jagen, waren auch sie letztlich nur Killer, die einen Auftrag zu erledigen hatten.
Die herandrängenden Schlangen liebkosten Rosa, rieben sich an ihrem Schuppenkleid, jede einzelne schien sie berühren zu wollen. Rosa bewegte sich im Pulk mit ihnen in Richtung der schweren Tür, die vom Glashaus in den Nordflügel führte.
Dort schloss sie die Augen, verdrängte die Bedrohung durch die Hundinga, konzentrierte sich ganz auf ihr Menschsein, erinnerte sich an das Gefühl, Arme und Beine zu haben. Und als sie hinsah, waren da wieder Arme und Beine. Die Reptilienschuppen auf ihrem Kopf und im Nacken teilten sich zu Strähnen, zerfaserten zu wirrem, hellblondem Haar.
Die Schlangen wimmelten weiterhin um ihre nackten Füße, zogen sich aber ein Stück zurück, als Rosa einen Schritt machte, um den Schlüssel von einem Haken an der Wand zu nehmen. Vorsichtig öffnete sie die Tür und blickte durch den Spalt hinaus auf einen Korridor. Imposante Fresken bedeckten die gewölbte Decke, Engel, Teufel und Heilige inmitten von Wolkengebirgen und Gartenlandschaften. Der Gang selbst war verlassen; eine der Nachtleuchten, die sich bei Dunkelheit automatisch einschalteten, spendete notdürftig Licht.
Der Steinboden war eisig unter ihren Fußsohlen, aber diesmal hieß sie die Kälte willkommen. Sie trat hinaus und zog die Tür hinter sich zu. Dann ging sie in die Hocke, schloss die Augen und machte
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