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Arkadien 02 - Arkadien brennt

Titel: Arkadien 02 - Arkadien brennt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kai Meyer
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behauptete, er wäre noch nie oben auf dem Gipfel gewesen und dies sei der allerbeste Tag dafür. Warum das so war, verriet er ihr nicht, und sie hatte den Verdacht, dass auch jeder andere Tag der allerbeste gewesen wäre. Solange sie nur zu zweit waren und niemand sie störte.
    »Du hast wirklich noch nie hineingeschaut?«
    »Nie.«
    »Nicht mal vom Hubschrauber aus?«
    Er schüttelte den Kopf.
    Sie blickte das letzte Stück nach oben. »Das sind noch … was, hundert Meter? Das hier ist die letzte Gelegenheit, um uns zu überlegen, was wir erwarten.«
    »Einen Krater?«
    »Du kannst so langweilig sein.«
    Er erwiderte ihr Grinsen. »Eine Basis von Außerirdischen.«
    »Den Einstieg ins Innere der Erde.«
    »Eine Abschussrampe für Atomsprengköpfe.«
    »Die Ruinen von Arkadien.«
    »Die geheime Zentrale von TABULA.«
    Sie neigte den Kopf. »Wäre das gut oder schlecht?«
    »Was weiß ich. Lass uns heute nicht darüber reden.«
    »Du hast davon angefangen.«
    »Nur im Eifer des Gefechts.«
    Sie setzten sich wieder in Bewegung. Unterwegs sagte sie: »Ich war gestern noch mal am Palazzo. Ich hab mich entschieden, das Ganze vorerst so zu lassen, wie es ist. Rundum ist alles voller Asche. Sogar die Zitronen sind grau.«
    »Die wäscht der Regen irgendwann wieder ab.«
    »Weißt du, was ich gern gemacht hätte?«
    »Was?«
    »Einen Schneeengel. In der Asche.«
    »Gute Idee.«
    »Im Ernst. Ich war ganz kurz davor. Mir ist klar geworden, dass ich tun und lassen kann, was ich will. Und wenn ich mich mit meinen Klamotten in die Asche legen und darin einen Schneeengel machen will, dann kann niemand was dagegen sagen.«
    »Schneeengel sind nur romantisch, wenn man sie zu zweit macht.«
    »Dann komm beim nächsten Mal mit.«
    »Worauf du wetten kannst. Ich wollte mich schon immer mal mit dir im Dreck wälzen.«
    Sie nahm seine Hand und gemeinsam überwanden sie die verbleibende Strecke bis zum Kraterrand. Es war Rosas Idee gewesen, hier heraufzusteigen, gleich heute Morgen, nachdem sie den Radiobericht über den Mord an einem Anwalt in Taormina gehört hatten. Sie brauchte dringend frische Luft und wenigstens für eine Weile das Gefühl, mit Alessandro allein auf der Welt zu sein.
    »Okay«, sagte sie, als sie stehen blieben und nach vorn über die Steinkante blickten. »Ganz offiziell: Wow!«
    Vor ihnen öffnete sich eine karge Felsenschüssel, mindestens dreihundert Meter im Durchmesser und halb so tief. Helle und dunkle Steinadern mäanderten über die Abhänge und verschlangen sich in der Mitte zu einem Muster aus zahllosen Grautönen. Es gab keine versteckte Basis und keine Landebahnen für fliegende Untertassen, nur lebensfeindliches Lavagestein, das vor Jahrtausenden zu Schollen und Buckeln erstarrtwar. Ein Flirren hing über dem Boden wie die Hitze eines bevorstehenden Ausbruchs, aber das war nur eine Luftspiegelung.
    »Also gibt es mehr als nur ein Ende der Welt«, sagte Rosa leise und deutete auf einen Löwenzahn, der einsam aus einem Spalt wuchs.
    »Oder einen Anfang.« Er lächelte. »Seit einer Ewigkeit war niemand mehr hier oben. Vielleicht überhaupt noch keiner. Also nehmen wir den Ort ganz offiziell als Entdecker in Besitz.«
    »Wir können eine Kolonie gründen. Und eine Missionsstation für die einheimische Käfer- und Spinnenpopulation.«
    »Und unsere Fußspuren sind die allerersten, wie oben auf dem Mond.«
    »Da gibt’s nur ein Problem«, sagte sie. »Die Insel gehört seit Jahrzehnten euch Carnevares. Erzähl mir nicht, es gäbe irgendeinen abgelegenen Ort, den deine Familie nicht für ihre Geschäfte genutzt hätte.«
    »Oh«, machte er und legte die Stirn in Falten. »Glaubst du das wirklich?«
    Ein Lächeln schlich sich auf ihre Züge. »Die Insel war der Lieblingsort deiner Mutter. Sie hätte das nicht zugelassen.«
    »Sie hätte auch nicht zugelassen, dass Cesare sie umbringt, wenn sie eine Wahl gehabt hätte.«
    Sie seufzte leise. »Nein.« Ein Windstoß fuhr von hinten in ihr Haar und ließ es um ihr Gesicht flattern. Sie musste es mit den Händen bändigen, um sich zu ihm hinüberzubeugen und ihn zu küssen.
    Als sie die Augen öffnete, bemerkte sie, dass er sie ansah.
    »Unfair«, beschwerte sie sich. »Nicht gucken beim Küssen.«
    »Sagt wer?« Sein Lächeln war ansteckend wie eh und je, und sie war froh, dass er den Gedanken an seine Mutter wieder verdrängte.
    »Küssen erfordert Konzentration, wenn man es ordentlich machen will.«
    »Wir verwandeln uns nicht mehr dabei. Schon

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