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Arkadien 02 - Arkadien brennt

Titel: Arkadien 02 - Arkadien brennt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kai Meyer
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Finsternis. Ein Körper klatschte auf eine Wasseroberfläche. Die Kugel musste einen von ihnen in den Pool geschleudert haben.
    Die Kälte in Rosa erreichte ihre Haarspitzen. Alles kribbelte, juckte, brannte. Sie versuchte, die Verwandlung aufzuhalten, dagegen anzukämpfen. Aber sie schwebte in Lebensgefahr – und ihr Körper reagierte darauf, ob sie wollte oder nicht.
    Mehr Schüsse. Länger anhaltendes Jaulen. Noch ein Treffer.
    Der Dobermann stieß ein zorniges Knurren aus, schnappte drohend ins Leere, dann fuhr er herum und stürmte am Mauerfundament der Terrasse entlang zur nächsten Treppe, um seinen Rudelbrüdern beizustehen.
    Rosa schloss die Augen. Unter ihren Lidern wurden die Pupillen zu engen Schlitzen. Ihre gespaltene Zunge ertastete Fangzähne. Sie öffnete die Augen wieder, aber es blieb dunkel. Erst im nächsten Moment begriff sie den Grund. Mit einem Zischen glitt sie unter dem Haufen ihrer schwarzen Kleider hervor, über trockenes Erdreich hinaus ins Mondlicht.

Der Leopard
    S ie schlängelte sich die Stufen zur Terrasse hinauf, eng in den Winkel zwischen Treppe und Mauer gepresst. Ihre Reptilienhaut schillerte in Bronze und Gold.
    Die weite Panoramaterrasse des Palazzo, umfasst von einem wuchtigen Steingeländer, erstreckte sich grau im schwachen Mondschein. Die nächste Wolkenfront rückte bereits heran, bald würde wieder alles in tiefem Schatten liegen. Jemand musste die Bewegungsmelder für die Außenstrahler oben in den Palmwipfeln lahmgelegt haben.
    Die Fenster im Erdgeschoss waren vergittert, nirgends brannte Licht. Der Wohnbereich lag im ersten Stock. Hier auf der Westseite des Palazzo befanden sich einige Schlafzimmer. In einem davon stand Signora Falchi am offenen Fenster und hielt eine Waffe in Richtung Terrasse.
    Ein Toter lag auf dem Steinboden, ein zweiter trieb in einer Blutwolke im Swimmingpool. Das bläuliche Licht aus dem Becken flirrte in diffusen Reflexen über die Fassade. In seinem Schein glänzte das Gesicht der Lehrerin, als wäre es mit Glas überzogen.
    Am Rand ihres Blickfelds bemerkte Rosa eine Bewegung, nur ein Huschen, und sofort flammte im Fenster Mündungsfeuer auf. Die Kugel peitschte über die Terrasse, ohne jemanden zu treffen. Der Hunding, für den sie bestimmt gewesen war, sprengte knurrend auf die Treppe zu, genau wo Rosa sich befand. Es war nicht derselbe wie vorhin, sondern eine gewaltige Bulldogge. Rosa spürte mit ihrem empfindlichen Schlangensinn, wie der Boden unter seinen Schritten vibrierte. Zugleich stieg Aggression in ihr auf. Als Mensch wäre sie geflohen, vielleicht erstarrt vor Grauen über das heranpreschende Ungeheuer; als Schlange aber brannte sie darauf, die Herausforderung anzunehmen.
    Der Hunding wusste, dass er eine Lamia vor sich hatte, kein gewöhnliches Reptil. Zwei Meter vor ihr blieb er stehen, ging in Angriffsstellung und fletschte das mörderische Gebiss. Rosa richtete ihren Schlangenkörper auf und fauchte. Er war drauf und dran, sich auf sie zu stürzen, aber sie war schneller. Mit einem kraftvollen Schlängeln schoss sie auf ihn zu, war im nächsten Augenblick unter ihm und schlug ihm die Fänge in die weiche Haut unterhalb seiner Rippen. Der Hunding jaulte schmerzerfüllt auf und stieß die Schnauze abwärts, doch bevor er nach ihr schnappen konnte, rammte sie ihren Leib gegen seinen Schädel. Aus dem Jaulen wurde ein Heulen, dann biss sie auch schon ein zweites Mal zu, schmeckte sein Blut und empfand dabei nichts als Triumph.
    Sie nutzte das Überraschungsmoment und wickelte sich um ihn. Er fiel schwer auf die Seite, strampelte panisch und schnappte erneut nach ihr. Blitzschnell zog sie sich zusammen, spürte seine Knochen brechen, zerquetschte seine Rippen, die Lunge und die inneren Organe.
    Wieder peitschten Schüsse, und als sie aufsah, erkannte sie, dass ein weiterer Hunding einer Kugel der Lehrerin zum Opfer gefallen war. Er war aus seiner Deckung gesprungen, um Rosas Gegner zu Hilfe zu eilen. Weit war er nicht gekommen.
    Wusste Signora Falchi, wer die Schlange wirklich war? Hatte sie deshalb geschossen? Oder war Rosa die Nächste, auf die sie das Feuer eröffnen würde?
    Der tote Hunding in Rosas Umschlingung begann sich in einen Menschen zu verwandeln. Rasch zog sie sich zurück, glitt über die Terrasse zur Außenwand des Hauses und folgte ihrem Verlauf nach Norden. Die Gitterstäbe vor den Fenstern standen zu eng, als dass sie das Glas mit dem Schädel hätte eindrücken können, die Türen waren mit

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