Arkadien 02 - Arkadien brennt
in diesem Moment über die Terrasse hinweg auf sie zukam und eine besorgte Miene aufsetzte.
»Alles in Ordnung, Signorina Alcantara?«
»Bestens.«
»Sie sehen blass aus.«
»Heller Hauttyp. Das war schon immer so.«
Die Assistentin nickte verständnisvoll. »Man kann sich nicht aussuchen, was einem in die Wiege gelegt wird, nicht wahr?«
Ehe Rosa etwas erwidern konnte, wandte Di Santis sich dem Avvocato zu, der in diesem Moment aus dem Hotelsalon ins Freie rollte. Rosa dachte, dass dies ein guter Augenblick wäre, ihr von hinten an die Kehle zu gehen.
»Kann ich etwas bringen?«, fragte die Assistentin. »Getränke? Eine Kleinigkeit aus der Küche?«
Trevini schüttelte den Kopf. »Lassen Sie uns bitte allein.«
Di Santis blickte über die Schulter, es sah beinahe vorwurfsvoll aus. Dabei rutschte ihre linke Augenbraue immer höher, bis Rosa sich Sorgen machte, sie könnte unter ihrem Haaransatz verschwinden.
»Wie Sie wünschen«, sagte die Assistentin und stolzierte in den Salon. Rosa gab den beiden Bodyguards einen Wink, sich ebenfalls ins Gebäude zurückzuziehen. Di Santis verkniffes sich nicht zu sagen: »Kommen Sie mit, meine Herren. Vielleicht kann ich ja etwas für Sie tun.«
Trevini lenkte den Rollstuhl an Rosa vorbei zum Geländer. Der Blick seines gesunden Auges wanderte über die See in die Ferne. »Wir alle neigen dazu, uns zu wichtig zu nehmen, finden Sie nicht auch? Was hat dieses Meer nicht schon alles mit angesehen. Das antike Griechenland, Rom, Karthago, die frühen mesopotamischen Stämme. Ur und Babylon, die Völker der Bibel. Und wir reden über ein einziges Leben, einen einzigen, unbedeutenden Menschen.«
»Das bewegt mich wirklich außerordentlich, Avvocato. Aber ich bin nicht für eine Geschichtsstunde hergekommen oder wegen der schicken Aussicht.«
»Ohne das Meer könnte ich nicht leben«, sagte er unbeeindruckt. »Das ist einer der Gründe, warum ich dieses Hotel nie verlasse.«
»Und die anderen?«
»Ich bin zu alt, um Risiken einzugehen.« Er legte die Fingerspitzen an die Schläfe. »Das hier, mein Verstand, ist mein einziges Kapital. Wussten Sie, dass ich keinen Computer besitze? Keine Regale voller Aktenordner?« Natürlich wusste sie das, es war das Erste, was sie über Trevini erfahren hatte. »Alles, was wichtig ist, bewahre ich hier oben, schon seit Jahrzehnten. Keine Beweise, keine Spuren. Ich bin mit diesem außerordentlichen Gedächtnis geboren worden, und ich schätze, es ist nur gerecht, dass ich dafür in anderen Dingen zu kurz gekommen bin.«
Sie beobachtete ihn, während er sprach. Er aber sah nach wie vor auf das Mittelmeer hinaus, in diese atemberaubende blaue Weite.
»Sicher haben Sie sich gefragt, warum ich ausgerechnet die Contessa eingestellt habe«, fuhr er fort. »Sie hat die bestmöglichen Qualifikationen und Beurteilungen, sie schmeichelt demAuge – aber nichts davon erklärt, weshalb sie wirklich hier ist. Die Wahrheit ist, dass sie über die gleiche Eigenschaft verfügt wie ich. Ich habe lange nach jemandem gesucht, der es in dieser Beziehung mit mir aufnehmen kann. Sie ist jung, ungeheuer ehrgeizig und, gewiss, sie ist kein unkomplizierter Charakter. Niemand hat mehr darunter zu leiden als ich.« Sein Augenzwinkern hätte anzüglich wirken müssen, stattdessen sah es fast freundlich aus. »Aber vor allem hat sie eine bemerkenswerte Aufnahmefähigkeit. Sie hört etwas, sieht etwas, und von da an ist es in ihrem Kopf gespeichert wie auf einer Festplatte. Ich muss mich damit abfinden, nicht mehr so einzigartig zu sein, wie ich immer dachte. Die junge Dame ist perfekt.«
Rosa seufzte. »Wenigstens ihre Oberweite hat sie sich machen lassen, oder?«
»Ich bedauere«, erwiderte er gutmütig. »Sie müssen die Contessa nicht mögen, Rosa. Ich bin nicht mal sicher, ob ich das tue. Aber sehen Sie sie als so etwas wie Ihre ganz persönliche Sicherheitskopie. Für den Fall, dass mir einmal etwas zustößt.«
»Sie ist in alles eingeweiht? In jedes Geschäft? Jede Transaktion?«
»Ich war so frei, sie einzubeziehen. Wir sitzen beisammen und ich zähle ihr die Fakten auf. Stunde um Stunde, Tag für Tag. Die Contessa speichert sie. Ich habe sie auf die Probe gestellt, mehr als einmal. Sie ist fantastisch. Sie erinnert sich an alles. Und auf Grund ihrer exzellenten Ausbildung ist sie in der Lage, Einschätzungen abzugeben, die selbst mich verblüffen.«
»Wie schön zu wissen, dass ich in Zukunft nicht nur mit Ihnen zu tun habe, sondern auch
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