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Arktis-Plan

Arktis-Plan

Titel: Arktis-Plan Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: R Ludlum
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stürzte auf sie herab und keine gefrorene Flut riss sie mit sich. Als der erste panische Moment vorüber war, wurde sie wieder ruhiger und ließ ihre Arme sinken. Es war nur eine kleine Lawine gewesen. Höchstens ein paar Tonnen Schnee hatten sich gelockert und waren einige Meter vor ihr heruntergegangen. Sie schüttelte die dünne Schneeschicht ab, die sie wie eine Kruste überzog, und zog sich wieder auf die Füße.
    Die Frage war jetzt, ob sie es über den losen Schnee schaffen würde, der aufgehäuft auf der Felsbank liegen musste, ohne daneben zu treten und in den Abgrund zu stürzen. Ein Jammer, dass die Schneewechte nicht zwischen ihr und dem Suchtrupp niedergegangen war. Dann hätte sie ihr etwas nutzen können.
    Randis Verstand war einen Moment lang blockiert, doch dann überschlugen sich ihre Gedanken. Möglicherweise hatte der Schnee ihr doch eine Chance eröffnet.
    Was war, wenn ihre Verfolger feststellten, dass ihre Spuren bis zum Rand der Lawine führten und dort endeten? Würden sie dann glauben, sie sei vom Schnee mitgerissen worden? Auch sie konnten heute Nacht nicht gern hier draußen sein. Vielleicht brauchten sie nur einen Vorwand, um die Suche einzustellen.
    Sie machte zwei oder drei Schritte nach vorn und erreichte den Rand des lockeren Schnees, der heruntergerutscht war. Somit war ihr Entschluss gefasst. Von diesem Punkt an würde sie geradewegs den Hang hinaufsteigen müssen, ganz gleich, wie die Felswand aussähe, wenn sie sichtbar gewesen wäre.
    Und dann hatte sie auch gleich noch ein anderes Problem: die fehlenden Handschuhe. Bisher war es ihr gelungen, ihre Hände in den überlangen Ärmeln der Kleidungsstücke zu schützen, die sie über ihrem Skianzug trug. Aber zum Klettern würde sie ihre Hände
brauchen. Wie viel Zeit blieb ihr bei diesen Temperaturen, bevor sie sich dauerhafte, unbehebbare Verletzungen zuzog? Zwei Minuten? Drei?
    Eines war positiv. Die Felswand direkt über ihr konnte nicht allzu hoch sein. Der herabstürzende Schnee hatte die Felsbank binnen ein oder zwei Sekunden erreicht. Sie warf einen Blick über ihre Schulter. Die Taschenlampen wurden heller. Sie musste handeln. Jetzt sofort!
    Randi zog die Ärmel von ihren Händen zurück und sprang so hoch wie möglich in die Luft. Ihre Nägel scharrten über den mit Eis umhüllten Fels; einer riss schmerzhaft ein; dann bekam sie etwas zu fassen. Der Atem kam zischend durch ihre zusammengebissenen Zähne. Sie zog sich ausschließlich mit der Kraft ihrer Arme hoch, damit ihre Stiefel den Fels nicht berührten und keine Spuren hinterließen. Einen Moment lang hielt ihre linke Hand ihr gesamtes Gewicht, während sie die rechte hoch nach oben streckte. Ein barmherziges Universum ließ sie von neuem Halt finden.
    Wieder zog sie sich hoch, obwohl ihre Schultermuskulatur zu zerreißen drohte. Jetzt war sie hoch genug, um ihre Stiefel aufzusetzen, ohne offensichtliche Spuren zu hinterlassen, und konnte beginnen, auch nach Halt für die Zehen zu suchen. Sie war schon früher an Felswänden geklettert, zum reinen Vergnügen, aber das hier hatte absolut nichts Vergnügliches an sich. Ihre Hände standen jetzt schon vor Kälte in Flammen.
    Nun mach schon, Randi! Du hast die Augen doch nur geschlossen, weil die Sonne von Utah zu grell ist. Im Zion Nationalpark herrscht eine Temperatur von zweiunddreißig Grad, und du trägst Shorts und ein rückenfreies Top und kannst spüren, wie der Klettergurt sich an dich schmiegt und dir Sicherheit gibt. Es sind nur noch ein paar Meter. Dann bist du oben und kannst die Füße über dem Abgrund baumeln lassen, lachen und eine eiskalte Diät-Pepsi aus der Kühlbox trinken.
    Nur noch ein paar Meter.
    Sie fand eine horizontale Felsspalte, in der sie einen Moment stehen
bleiben konnte, und dort trommelte sie mit den Fäusten gegen den Stein, um gewaltsam dafür zu sorgen, dass eine Spur von Gefühl in ihre Hände zurückkehrte. Sie durfte sie noch nicht vollständig taub werden lassen. Sie musste in der Lage sein, sich bis nach oben vorzutasten.
    Stimmen! Der Widerschein von Lichtern. Der Suchtrupp! Wie eine Napfschnecke klammerte sich Randi an die Felswand. Die Männer hatten die Lawine erreicht. Sie standen direkt unter ihr auf der Felsbank.
    Jetzt kam es darauf an. Würden sie ihr den Unfalltod abkaufen, oder würden sie Verdacht schöpfen und ihr auf die Schliche kommen? Würde ein Lichtstrahl an der Felswand hinaufgleiten, gefolgt von einer Salve Kugeln oder von einem einzigen gezielten

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