Arktis-Plan
stand und der letzte Mensch, den sie auf Erden lieben konnte, sie allein zurückließ.
Randis Stiefel knickte um, als er gegen einen gefrorenen Stein stieß. Sie fiel hin und unternahm keinerlei Anstrengung, ihren Sturz abzufangen. Eine schwache Stimme in ihrem Hinterkopf trieb sie rasend an, aufzustehen, aber es war zu anstrengend, auf sie zu hören. Sie kroch auf die windgeschützte Seite einer Eismasse, rollte sich zusammen und versuchte, die letzten Überreste Körperwärme aufzusparen, während Schnee auf sie rieselte.
Hier würde sie also sterben. Randi wollte nicht mehr dagegen ankämpfen. Es war zwecklos. Sie gab sich den Phantomen hin und durchlebte das verblassende, zersplitternde Kaleidoskop der Erinnerung.
Besonders klar erinnerte sie sich an Sophia, und das freute Randi. Sie war wieder mit ihrer Schwester vereint.
Aber Sophia führte sie an die falschen Orte. Zurück zu Mikes Tod. Zurück zu diesem anderen großen, nüchternen Soldaten mit dem schwarzen Barett, vor dem sie plötzlich von neuem stand. Zurück zu dem einzigen ernsthaften Streit, den sie je mit ihrer Schwester gehabt hatte. Zurück zu dem einzig Unverzeihlichen, das ihr Sophia jemals angetan hatte.
»Ich werde Jon heiraten, Randi«, sagte Sophia wieder.
Nein!
»Jon tut leid, was er dir angetan hat, Randi. Du kannst dir gar nicht vorstellen, wie sehr er es bedauert, und du bist noch nicht einmal bereit, es zu verstehen.«
»Ich will nicht, dass es ihm leid tut! Ich wünschte nur, er hätte dich gerettet!«, schrie Randi zurück und die qualvolle Auseinandersetzung zwischen den beiden Schwestern flackerte mit unverminderter Heftigkeit wieder auf.
»Niemand hätte mich retten können, Randi. Jon hätte mich nicht retten können. Nicht einmal du hättest es gekonnt.«
»Es muss doch eine Möglichkeit gegeben haben!«
Jetzt füllten Sophias Augen ihr Universum aus. »Wenn es eine Möglichkeit gegeben hätte, dann hätte Jon sie gefunden. Ebenso, wie du sie gefunden hättest.«
»Nein!«
»Sag Jons Namen, Randi. Tu es für mich.«
»Nein, ganz bestimmt nicht! Ich will nicht!«
Sophias Stimme wurde eindringlich. »Sag seinen Namen, Randi!«
Randi konnte ihr diesen Wunsch nicht abschlagen. »Jon«, schluchzte sie.
»Lauter, Randi.« Sophias Blick war liebevoll, verängstigt und fordernd.»Sag seinen Namen lauter!«
»Jon!«
Warum tat ihre Schwester das? Randi wollte doch einfach nur
schlafen. Jetzt beugte sich ihre Schwester über sie und rüttelte sie. »Noch mal, Randi! Ruf ihn! Schrei seinen Namen! Schrei so laut du kannst Jons Namen!«
»JON!«
Smith blieb stehen, blickte auf und sah sich suchend in der Nacht um. »Was war das?«
»Was war was?«, erkundigte sich Valentina und blieb hinter ihm stehen. Smith hatte die Führung übernommen, während ihm Valentina und Smyslov am Sicherungsseil folgten. Kurz nach dem Eisbruch hatte sich das Schicksal zu ihren Gunsten gewandt, und der weitere Abstieg zur Nordküste war problemlos und rasch zu bewältigen gewesen. Sie stapften schon seit einiger Zeit in einem gleichbleibenden Tempo am Ufer entlang und kamen im Schutz der aufgetürmten Eisklötze gut voran, bis Smith plötzlich stehen geblieben war, um den Lauten nachzugehen, die er über den Sturm gehört hatte.
»Ich weiß es nicht. Es klang, als riefe jemand meinen Namen.«
»Das ist ziemlich unwahrscheinlich.« Valentina schob sich die Schneebrille auf die Stirn. »Wer könnte dich hier draußen rufen?«
»Randi! Wer denn sonst?« Smith löste sich vom Sicherungsseil und schaltete die Taschenlampe ein, die an seinem Gürtel klemmte. »Macht Licht und fächert euch auf! Sucht sie! Setzt euch in Bewegung !«
Sie fanden sie innerhalb von fünf Minuten.
»Jon! Hier drüben! Komm schnell!«
Valentina kniete in einem Einschnitt in den aufgeworfenen Packeiskämmen und streifte den Schnee von einer zusammengekauerten Gestalt. Sekunden später kniete Smith neben ihr und wand sich mühsam aus den Riemen seines Rucksacks. Einen Moment später kam Smyslov dazu.
»Du hast Recht gehabt!«, rief Valentina aus. »Was zum Teufel hat sie in dieser Aufmachung hier draußen zu suchen?«
»Sie ist geflohen«, gab Smith unwirsch zurück. »Die Speznas müssen die Forschungsstation angegriffen haben.«
»Das ist vollkommen ausgeschlossen«, protestierte Smyslov. »Nur eine Einheit ist hier eingeschleust worden und die hat Sie an der Höhle angegriffen.«
»Dann ist eben noch jemand anderes hier.« Smith breitete eine Isolationsfolie
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