Arktis-Plan
rautenförmige Klinge war spitz wie eine Nadel, und die vier Facetten waren fein geschliffen und glänzten ölig. Smith war nicht nur in seiner Eigenschaft als Arzt, sondern ebenso sehr als Soldat beeindruckt. Wie ein Rapier oder einer der alten zweischneidigen Grabendolche für den Nahkampf würde das Messer einen Wundkanal verursachen, dessen Behandlung die reinste Horrorvorstellung war.
Es hatte keinen Handschutz, sondern eine ausgefräste Vertiefung für den Daumen rund um das obere Ende des geriffelten Griffs herum. Und das Messer war nicht aus mehreren Teilen zusammengesetzt;
es war aus außerordentlich schwerem Metall, aus einem Stück geschnitten und mit enormem Geschick senkgeschmiedet.
Das Messer wies eine gewisse Ähnlichkeit mit den Tonki-Wurfpfeilen auf, die bei japanischen Kampfsportarten zum Einsatz kamen, und als Smith es quer auf seine ausgestreckten Finger legte, stellte er fest, dass es perfekt ausbalanciert war. Abgesehen von den Schnittflächen der Klinge und einem winzigen silbernen »VM«, das in den Klingenansatz eingraviert war, war es tiefschwarz brüniert.
»Ist das schön«, flüsterte Randi mit aufrichtiger Bewunderung. Und das war es wirklich. Mit seinem eleganten Design und den ausgewogenen Proportionen war das kleine Messer nicht nur eine Waffe, sondern auch ein echtes Kunstwerk.
»Danke«, erwiderte Valentina Metrace. »Das ist DY-100-Stahl – höllisch schwer zu verarbeiten, aber unglaublich robust, und wenn man eine scharfe Klinge hinkriegt, hält sie ewig.«
Smith drehte sich um und sah sie an. »Sie haben diese Messer selbst angefertigt?«
Valentina antwortete ihm mit einem bescheidenen Nicken. »Das ist ein Hobby von mir.«
Randi lächelte nachsichtig, als sie sich den Gürtel mit dem Holster um ihre Taille schnallte. »Hübsch sind sie ja, Professor, aber wenn die Lage brenzlig wird, hätten Sie vielleicht doch lieber etwas Handfesteres.«
»Sie sollten diese Waffen nicht unterschätzen, meine Süße.« Valentina nahm die Messer von Smith entgegen. »Klingen haben schon mehr Menschen getötet als sämtliche Bomben und Kugeln, die jemals hergestellt wurden, und sie tun es auch weiterhin mit unverminderter Effizienz.«
Eines der Wurfmesser verschwand im linken Ärmel ihres Pullovers, das andere in einem ihrer Stiefel. »Meine kleinen Lieblinge machen keinen Lärm, sie klemmen und blockieren nicht, sie haben keine Ladehemmung und sind viel leichter zu verbergen als eine Schusswaffe. Man braucht sich nie Sorgen zu machen, dass einem
die Munition ausgehen könnte, und sie können kugelsichere Westen durchdringen, die eine herkömmliche Pistolenkugel abhalten würden.«
Randi rückte ein letztes Mal ihren Revolvergurt zurecht und ließ den Wagen an. »Ich bleibe trotzdem lieber bei einer Schusswaffe.«
»Ich hoffe, dass wir bei diesem Job Waffen keiner Geschmacksrichtung brauchen werden, meine Damen.«
»Du hoffst es, Jon?«, fragte Randi, während sie rückwärts aus der Parklücke fuhr.
»Sagen wir, es ist ein frommer Wunsch.«
Am Morgen vor der Abreise aus Seattle hatte Smith sich eine Telefonnummer eingeprägt, die er jetzt, als sie vom Flughafenparkplatz fuhren, auf seinem Handy wählte. Eine tiefe Stimme, die, wenn auch mit einem leichten Akzent, ausgezeichnetes Englisch sprach, meldete sich mit den Worten: »Hier spricht Major Smyslov.«
»Guten Tag, Major, hier spricht Colonel Smith. Wir werden Sie in etwa fünfzehn Minuten vor Ihrem Hotel abholen. Ein weißer Ford mit einem Nummernschild von Alaska, Sierra … Tango … Tango … drei … vier … sieben, ein Mann und zwei Frauen. In Zivilkleidung.«
»Sehr gut, Colonel. Ich werde Sie erwarten.«
Smith klappte das Handy zu. Das würde die nächste unbekannte Größe sein, ein weiterer kritischer Faktor. In der Zusammensetzung seines ausgesprochen interessanten Teams hatte er bereits einige Überraschungen erlebt. Was würde dieses letzte Mitglied zu den ohnehin schon exotischen Komponenten beitragen?
Major Gregori Smyslov stand in einem Anorak, einer saloppen Khakihose und Bergschuhen vor dem Eingang zum Foyer des Arctic Inn. Er hatte eine Reisetasche dabei. Seine Gedanken ähnelten denen von Jon Smith.
Man hatte ihm mitgeteilt, er hätte einen Militärarzt, einen Historiker und einen zivilen Hubschrauberpiloten zu erwarten. Aber wer würden diese Leute in Wirklichkeit sein? Smyslov hatte jetzt schon das Gefühl, dass sich dahinter mehr verbarg. Die Art und Weise, wie Smith den Kontakt
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