Arktis-Plan
Zeit mit Sophia noch bei einem ihrer zufälligen Zusammentreffen seither. Das war der Vollblutsoldat, der Kämpfer.
»Tut mir leid, Jon, da habe ich mich wohl im Ton vergriffen. Ich kümmere mich hier um alles für dich, kein Problem.«
Der Ausdruck zog sich von seinem Gesicht zurück, und Smith bedachte sie, was selten genug vorkam, mit einem strahlenden Lächeln und legte ihr einen Moment lang eine Hand auf die Schulter. »Daran habe ich nie gezweifelt, Randi. In vieler Hinsicht wird es der härtere Job sein. Du musst sehen, ob sich unser Verdacht, was sich hier abgespielt hat, bestätigt, und gleichzeitig musst du auf dich aufpassen, damit dir nicht dasselbe zustößt. Du musst auch herausfinden, wie die Nachricht von der Insel aus übermittelt worden ist und wer sie erhalten hat. In dem Punkt könnte dir Trowbridge unter Umständen behilflich sein. Das ist einer der Gründe, weshalb ich ihn mitgenommen habe. Alles, was du über die Identität, die Ressourcen und die Absichten des Feindes
in Erfahrung bringen kannst, könnte von größter Bedeutung sein.«
Sie nickte.
»Was das angeht, habe ich ein paar Ideen. Außerdem werde ich versuchen, das große Funkgerät wieder einsatzbereit zu machen.«
»Prima.« Sein Gesichtsausdruck verschloss sich wieder. »Aber denk währenddessen daran, am Leben zu bleiben, einverstanden?«
»Solange die Ausführung des Auftrags nicht darunter leidet«, erwiderte sie. Dann versuchte sie, den Zen-Charakter ihrer Bemerkung abzuschwächen. »Und während du dort oben auf dem Berg bist, würde ich vorschlagen, dass du dich vor dieser Ränke schmiedenden Schwarzhaarigen hütest. Ich glaube, sie hat es auf dich abgesehen.«
Smith warf den Kopf zurück und lachte schallend, und einen Moment lang konnte Randi erkennen, was ihre Schwester zu ihm hingezogen hatte. »Ein arktischer Gletscher ist wohl kaum die geeignete Umgebung für ein romantisches Intermezzo, Randi.«
»Wo ein Wille ist, da ist auch ein Weg, Jon Smith, und ich habe den ausgeprägten Verdacht, diese Dame besitzt große Willenskraft.«
Randi stand vor der Laborhütte und sah den drei kleinen Gestalten nach, die den mit Fähnchen markierten Pfad hinauftrabten, der in östlicher Richtung am Ufer entlang zu den zentralen Gipfeln führte. Es hatte ganz aufgehört zu schneien, doch der nahezu unaufhörliche Meeresdunst der Pole, dessen Schwaden ohnehin schon wie Rauch wirkten, verdichtete sich. Die arktische Tarnkleidung ihrer Teamgenossen ließ sie mit ihrer Umgebung verschmelzen, bis sie schließlich ganz verschwunden waren.
»Was jetzt?« Dr. Trowbridge stand neben ihr im Windschatten der Baracke und wirkte in der grellorangen Kaltwetterkleidung, mit der die wissenschaftliche Expedition ausgerüstet worden war, regelrecht aufdringlich. Randi konnte dem Akademiker ansehen,
dass er seinen spontanen Anfall von Verantwortungsgefühl an Bord der Haley jetzt schon bereute.
Dieser Mann war für die warmen Hörsäle und die komfortablen Büros einer Universität geschaffen und nicht für die unwirtlichen, kalten und gefährlichen Regionen der Welt. Sie konnte sehen, wie dieser einsame und bedrohliche Ort ihm zusetzte. Selbst ohne das Misha-Szenario wäre es ihm so gegangen.
Auch er zweifelte an seiner einzigen Gefährtin, diesem außerirdischen Wesen, das sich eine Maschinenpistole über die Schulter geschlungen hatte.
Randi spürte plötzlich Verachtung für den Akademiker in sich aufwallen. Gleich darauf wies sie diesen Gedanken zornig von sich. Rosen Trowbridge konnte genauso wenig dafür, wer er war, wie sie dafür konnte, dass sie zu einer Wölfin geworden war. Sie hatte nicht das Recht zu beurteilen, wer von ihnen beiden der Überlegene war.
»Habe ich nicht vorhin eine Datenverbindung gesehen, die an das Satellitentelefon angeschlossen war?«
Trowbridge sah sie blinzelnd an. »Ja, auf diesem Wege sind die meisten Erkenntnisse der Expedition den am Projekt beteiligten Universitäten übermittelt worden.«
»War den Expeditionsteilnehmern der Zugang zu dieser Datenleitung gestattet?«
»Selbstverständlich. Jedes Expeditionsmitglied hat einen Computer und etliche Stunden Internetzugang pro Woche zugeteilt bekommen, für seine Projektstudien und für den persönlichen Gebrauch – für E-Mails und dergleichen.«
»Aha«, erwiderte Randi. »So könnte es passiert sein. Jetzt werden wir als Erstes mal die Laptops einsammeln, Dr. Trowbridge.«
Kapitel vierundzwanzig
Am Südhang des Westgipfels
Nach der
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