Arktis-Plan
Taschenlampe fiel ihm aus der Hand, und er fluchte wieder, als sie aus seiner Reichweite rollte.
»Jon, ist alles in Ordnung mit Ihnen?« Diesmal kamen die Worte scharf heraus, und Valentinas Stimme klang gebieterisch.
»Ja, verdammt nochmal!« Er ließ die Taschenlampe liegen und versuchte stattdessen, zu dem schummerigen Licht zu kriechen, das
am anderen Ende des Schachts zu erkennen war. Kalter Schweiß brannte in seinen Augen und seine Arme fühlten sich an, als wären sie von erstarrendem Beton umschlossen. Sein Atem kam zischend durch die zusammengebissenen Zähne, als er seinem Körper befahl, sich in Bewegung zu setzen. Aber seine Muskeln verweigerte ihm den Gehorsam.
Und dann drang die Erkenntnis durch seinen konfusen Verstand zu ihm vor. Er war keineswegs in Ordnung. Er war schon so gut wie tot.
»Verschwindet! Seht zu, dass ihr von dem Flugzeug wegkommt!«, rief er mit matter Stimme, denn plötzlich brannte seine Lunge wie Feuer.
»Was ist los, Jon? Was geht da vor?«
»Das Flugzeug ist verseucht! Ich bin verseucht! Hier ist noch etwas anderes! Es ist nicht das Anthrax! Brecht die Mission ab! Verschwindet von hier!«
»Jon, halten Sie durch! Wir ziehen die Anzüge an. Wir holen Sie raus!«
»Nein! Die Anzüge nutzen nichts! Es dringt durch! Die Antibiotika helfen auch nicht dagegen!«
»Jon, wir können Sie nicht einfach zurücklassen!« Er konnte nicht nur Vals panische Worte hören, sondern im Hintergrund auch Smyslovs hartnäckige Fragen.
»Lasst es bleiben!« Sein Atem ging abgehackt, und er musste jedes Wort einzeln hervorstoßen. »Mich hat es erwischt! Ich sterbe bereits! Holt mich nicht raus! Das ist ein Befehl!«
Früher oder später hatte es zwangsläufig dazu kommen müssen. Im Fall Hades, im Fall Cassandra und im Fall Lazarus hatte er der biologischen Keule ausweichen können. Früher oder später musste es ihn treffen. Der kleine Teil seines schwindenden Bewusstseins, den immer noch der Forscher und der Wissenschaftler einnahmen, drängte sich gewaltsam in den Vordergrund. Er konnte denen, die ihm in diese schwarze Grube folgen würden, um das gespenstische
Ding zu untersuchen und es zu bekämpfen, einen letzten Dienst erweisen.
»Val, hören Sie zu … hören Sie mir gut zu! Es ist eine Sache der Atmung. Es befällt die Atemwege. Meine Lunge und meine Bronchien brennen … Kein Blutandrang und auch keine Flüssigkeit, die sich dort staut … keine Lähmung der Lungenfunktion … aber ich bekomme keinen Sauerstoff … beschleunigter Puls … Sicht getrübt … Kraft … nachlassend … Verschwindet … Das … Befehl.«
Ihm war nichts mehr geblieben, womit er atmen oder sprechen konnte. Sie riefen ihm über Funk etwas zu. Es hatte mit dem ABC-Schutzanzug zu tun. Sein stockender Herzschlag hämmerte so laut in seinen Ohren, dass er kaum ein Wort hören konnte. War es so mit Sophia zu Ende gegangen, als sie an ihrem eigenen Blut erstickt war? Nein. Wenigstens war Sophia nicht so allein gewesen. Er unternahm eine letzte Anstrengung, sich zum Licht zu ziehen, nur um nicht an diesem grauenhaften Ort zu sterben. Dann war das letzte Licht verschwunden, und das Dunkel hüllte ihn vollständig ein.
Eine Ewigkeit verging. Oder vielleicht auch nur eine Sekunde.
Smith nahm Bruchstücke wahr … Bewegung … Berührungen … Stimmen … Druck auf seiner Brust … Lippen, die sich weich, warm und lebendig auf seine pressten, eindringlich, aber ohne jede Leidenschaft.
Sein Körpergefühl kehrte zurück. Seine Brust hob sich; Luft, kalt und sauber, strömte in seine Lunge wie Wasser aus einem gekühlten Krug. Leben regte sich in dieser wohltuenden Kühle und breitete sich strahlenförmig von seiner Lunge nach außen aus. Er konnte atmen. Er bekam wieder Luft! Er lag in der plötzlich angenehm kühlen Dunkelheit und kostete jeden Atemzug nahezu orgiastisch aus.
Eine nackte kleine Hand strich ihm das Haar aus dem Gesicht, und diese Lippen pressten sich wieder auf seine. Diesmal sanft und ohne jede Eile.
»Ich glaube, die Atmung ist vollständig wiederhergestellt, Professor«, bemerkte eine amüsierte Stimme mit einem ausländischen Akzent.
»Ich wollte nur ganz sichergehen«, erwiderte eine zweite, hellere Stimme.
Smith begriff, dass sein Kopf auf einen zusammengerollten Schlafsack gebettet war. Als er die Augen aufschlug, sah er, dass Valentina Metrace neben ihm kniete. Sie hatte die Kapuze ihres Parkas vom Kopf gezogen, und Eiskristalle funkelten wie Sterne in ihrem
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