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Arm und Reich

Arm und Reich

Titel: Arm und Reich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jared Diamond
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und im Jangtsetal in Südchina.
    Neben den fünf genannten Gebieten, in denen die Landwirtschaft definitiv neu entstand, sind vier weite­re Gebiete – die afrikanische Sahelzone, das tropische Westafrika, Äthiopien und Neuguinea – ebenfalls Kan­didaten für diese Ehrung. Jedoch gibt es bei jedem von ihnen Zweifel. Während unumstritten ist, daß in der Sa­helzone südlich der Sahara heimische Wildpflanzen do­mestiziert wurden, könnte die Viehzucht dort älter sein als die Landwirtschaft, wobei nicht sicher ist, ob es sich um eigenständig domestizierte Sahel-Rinder oder nicht doch um Rinder aus Vorderasien handelte, deren An­kunft den Anstoß zur Domestikation örtlicher Pflanzen gab. Ungewiß bleibt auch, ob das Eintreffen dieser Sa­hel-Pflanzen Auslöser der unbestrittenen Domestikation heimischer Wildpflanzen im tropischen Westafrika war und ob Kulturpflanzen aus Vorderasien auch die Dome­stikation heimischer Wildpflanzen in Äthiopien in Gang setzten. Für Neuguinea lieferten archäologische Unter­suchungen Belege für die Existenz der Landwirtschaft, lange bevor sie in benachbarten Regionen Einzug hielt; es steht allerdings noch nicht eindeutig fest, welche Kul­turpflanzen angebaut wurden.

    Tabelle 4.1. Beispiele von in verschiedenen Regionen domesti­zierten Arten
    Tabelle 4.1 gibt für diese und andere Gebiete mit lo­kaler Domestikation einen Überblick über die bekann­testen Kulturpflanzen und Haustiere samt den ältesten bekannten Zeitpunkten der Domestikation. Unter den neun Kandidaten für eine unabhängige Evolution der Landwirtschaft steht der Fruchtbare Halbmond in Vor­derasien mit den ältesten definitiv bekannten Zeitpunk­ten der Domestikation von Pflanzen (rund 8500 v. Chr.) und Tieren (rund 8000 v. Chr.) an der Spitze. Für diese Region liegen auch mit Abstand die meisten präzisen Ra­diokarbon-Datierungen für die Anfänge der Landwirt­schaft vor. Die Datierungen für China sind fast genauso alt, während die für den Osten der heutigen USA eindeu­tig etwa 6000 Jahre jünger sind. Bei den sechs anderen Kandidaten stellen die ältesten vorliegenden Datierun­gen, die allgemein anerkannt werden, keine Konkurrenz für Vorderasien dar, aber es wurden auch noch zu we­nige Fundstätten in diesen Regionen zuverlässig datiert, um sichergehen zu können, daß sie tatsächlich sehr viel jünger sind als die in Vorderasien, und wenn ja, wieviel jünger.
    Die nächste Gruppe von Regionen umfaßt solche, in denen wenigstens einige örtliche Pflanzen oder Tiere domestiziert wurden, aber deren Landwirtschaft haupt­sächlich auf Pflanzen und Tieren fußte, deren Domesti­kation woanders erfolgt war. Jene Importe waren sozu­sagen die »Gründer« einer örtlichen Landwirtschaft. Mit ihrer Ankunft wurden die örtlichen Bewohner in die Lage versetzt, seßhaft zu werden, was wiederum die Wahrscheinlichkeit erhöhte, daß sich örtliche Nutz­pflanzen aus Wildformen entwickelten, die gesammelt, heimgebracht und zunächst zufällig und erst im Laufe der Zeit planvoll ausgesät wurden.
    In drei oder vier dieser Regionen kam das »Gründer­paket« aus Vorderasien. Dies trifft zum Beispiel auf West­und Mitteleuropa zu, wo die Landwirtschaft mit der An­kunft von Kulturpflanzen und Haustieren aus dem Na­hen Osten zwischen 6000 und 3500 v. Chr. Einzug hielt; mindestens eine Pflanze (Mohn, daneben wahrschein­lich auch Hafer und einige andere) wurde dort jedoch örtlich domestiziert. Wilder Mohn kommt nur in den Küstengebieten des westlichen Mittelmeerraumes vor. In Ausgrabungsstätten der ältesten bäuerlichen Siedlun­gen in Osteuropa und Vorderasien wurden keine Mohn­samen gefunden; sie tauchten erstmals in den ältesten bäuerlichen Siedlungen Westeuropas auf. Im Gegensatz dazu fehlten die Wildvorfahren der meisten vorderasia­tischen Kulturpflanzen und Tiere in Westeuropa. Daran wird erkennbar, daß sich die Landwirtschaft in Westeu­ropa offenbar nicht eigenständig entwickelte. Sie wur­de vielmehr durch die Ankunft domestizierter Pflanzen und Tiere aus Vorderasien in Gang gesetzt. Die darauf­hin in Europa entstehenden bäuerlichen Gesellschaften domestizierten den Mohn, der sich in der Folge als Kul­turpflanze nach Osten ausbreitete.
    Ein weiteres Gebiet, in dem die Domestikation offen­bar nach Ankunft von »Gründerpflanzen« aus Vorderasi­en begann, war das Industal des indischen Subkontinents.
    Dort bauten die ältesten bäuerlichen Gemeinschaften im 7. Jahrtausend v. Chr.

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