Armageddon 04 - Der Neutronium-Alchimist
Kontrolle. Heilige Mutter Maria, vergib mir meinen Hochmut.
Sie warf einen Seitenblick zu Voi, die angesichts des lahmenden Aufzugs genauso ungeduldig aussah wie immer. Voi würde niemals eine Änderung der Prioritäten hinnehmen. Das Konzept des Versagens war ihr völlig unbekannt.
Wie mir in ihrem Alter.
Ich muß von dieser Welt verschwinden, erkannte sie plötzlich. Ich muß neue Optionen eröffnen. Es darf nicht so enden.
Nach der Anzeige des Lifts zu urteilen waren sie noch drei Stockwerke unterhalb des Penthouses, als Ngong und Gelai unruhig wurden und fragende Blicke wechselten.
»Was ist los?« fragte Voi.
»Wir können Omain nicht spüren, genausowenig wie Lodi«, antwortete Gelai.
Alkad versuchte augenblicklich, einen Datavis-Verbindung zu Lodi herzustellen. Er antwortete nicht. Sie befahl dem Lift zu halten. »Ist jemand dort oben?« fragte sie.
»Nein«, sagte Gelai.
»Sind Sie sicher?«
»Ja.«
Die energistische Perzeption war etwas, das Alkad von allen Fähigkeiten der Besessenen am meisten faszinierte.
Sie hatte gerade erst angefangen, über den Mechanismus der Possession nachzudenken. Das Konzept konnte nur eines bedeuten, daß nämlich die gesamte Quantenkosmologie letzten Endes neu formuliert werden mußte. Bisher hatte sie nur geringe theoretische Fortschritte erzielt.
»Ich hab’ ihm gesagt, er soll in Deckung bleiben!« sagte Voi indigniert.
»Wenn seine neurale Nanonik nicht mehr antwortet, dann ist es etwas Ernsteres. Bestimmt ist er nicht einfach nur spazierengegangen«, entgegnete Alkad.
Voi schnitt eine wenig überzeugte Grimasse.
Alkad befahl dem Aufzug weiterzufahren.
Gelai und Ngong standen vor der Tür, als sie sich zum Vestibül des Penthouses hin öffnete. Statische Entladungen tanzten über ihre Kleidung, als sie sich auf Schwierigkeiten gefaßt machten.
»Heilige Mutter Maria!« flüsterte Eriba. Die Doppeltür zum Penthouse war zerschmettert.
Gelai winkte den anderen zurückzubleiben, während sie sich vorsichtig in die Lounge schob. Alkad hörte, wie sie scharf einatmete.
Der Körper, den Omain besessen hatte, lag über einem der schweren Sessel. Er war von oben bis unten mit tiefen Brandwunden übersät. Durch ein klaffendes Loch im Fenster wehte Schnee herein.
Hastig überprüfte Ngong die übrigen Zimmer. »Keine Leiche. Er ist nicht hier«, sagte er schließlich.
»Heilige Mutter Maria, was machen wir jetzt?« rief Alkad. »Gelai, haben Sie eine Idee, wer dahinterstecken könnte?«
»Keine. Abgesehen von der offensichtlichen Tatsache, daß es Besessene gewesen sein müssen.«
»Sie wissen also, daß wir hier sind«, flüsterte Voi. »Und jetzt, da Lodi ebenfalls besessen wurde, wissen sie viel zuviel. Wir müssen sofort verschwinden.«
»Ja«, erwiderte Alkad zögernd. »Vermutlich haben Sie recht. Wir fahren besser direkt zum Raumhafen. Vielleicht finden wir ein Schiff, das uns mitnimmt.«
»Glauben Sie nicht, die Besessenen wissen, daß wir so reagieren?« warf Eriba ein.
»Was bleibt sonst noch? Auf dieser Welt finden wir jedenfalls keine Hilfe mehr.«
Einer der Prozessorblocks auf dem Tisch gab ein lautes Summen von sich. Der kleine AV-Projektor erwachte flimmernd zum Leben.
Alkad blickte direkt hinein. Und blickte durch ein fremdes Augenpaar auf einen Mann, der in ein prachtvolles traditionelles Kosakengewand gekleidet war.
»Können Sie mich hören, Dr. Mzu?« fragte er.
»Ja. Wer sind Sie?«
»Mein Name lautet Baranovich; nicht, daß das etwas mit der Sache zu tun hätte. Der bedeutende Fakt ist, daß ich mich einverstanden erklärt habe, für die Organisation von Mister Capone zu arbeiten.«
»Heilige Scheiße!« stöhnte Eriba.
Baranovich lächelte und hielt einen kleinen runden Spiegel in die Höhe. Alkad blickte in Lodis verängstigtes Gesicht, das von der Oberfläche reflektiert wurde.
»So«, fuhr Baranovich fort. »Wie Sie sehen, haben wir Ihrem Kameraden nichts getan. Das ist seine Datavis-Übertragung, die Sie gerade empfangen. Wenn er besessen wäre, könnte er seine Nanonik wohl nicht mehr benutzen, habe ich recht? Nein? Sag was, Lodi.«
»Voi? Dr. Mzu? Es … es tut mir leid. Ich konnte nicht … Sehen Sie, es sind nur sieben von ihnen. Omain hat versucht …« Irgend etwas hinter ihm zischte laut. Das Bild verschwamm. Dann blinzelte er.
»Ein so tapferer Junge.« Baranovich klopfte Lodi auf die Schulter. »Die Organisation hat einen Platz für Leute, die so integer sind. Ich würde nicht gerne sehen, wenn jemand anderes
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