Armageddon 04 - Der Neutronium-Alchimist
jedoch wußte war, daß sich vor ihm plötzlich ein dunkler und gefährlich breiter Abgrund auftat, und daß er verdammt schnell näherkam. Erst im letzten Augenblick hörte Joshua das sanfte Plätschern des Wassers und erkannte, was dort vor ihm lauerte. Fast hätte er sich der Länge nach hingelegt, als er einen Meter vom Rand entfernt zum Stehen kam und hektisch mit den Armen ruderte, um nicht das Gleichgewicht zu verlieren.
Er drehte sich um und sah die anderen auf sich zukommen, weil alle gedacht hatten, er wüßte, was er tat, und weil keine Zeit gewesen war, um Fragen zu stellen. Hinter ihnen sammelten sich die Besessenen von Baranovich mit ihren schrillen, durch die dunstige Feuchtigkeit schimmernden Kostümen auf dem Laufsteg.
Alkad rannte mit eingezogenem Kopf und zwang ihr lahmes Bein zum Gehorsam. Gelai und Ngong hielten sich neben ihr und stützten sie. Eine Luftblase rings um die drei schimmerte in schwach silbernem Licht.
Dann polterte Baranovichs Lachen durch den weiten leeren Raum der zentralen Halle. Er streckte die Hand aus, und Joshua stand wie vom Donner gerührt da, als der Blitz weißen Feuers quer durch die Halle genau auf ihn zuraste.
Dick Keaton war der erste in dem Rudel, das hinter Joshua herkam. Er war keine vier Meter mehr von dem zu Tode erschrockenen Joshua entfernt, als der Feuerstrahl Baranovichs den Datensicherheitsexperten genau zwischen den Schulterblättern traf. Die höllische Kugel zerplatzte in einer spektakulären Wolke aus tanzenden Wirbeln, die harmlos im beständigen Nieselregen von oben erloschen. Und Dick Keaton war vollkommen unverletzt.
»Das war knapp!« rief er fröhlich, als er die Arme um Joshua warf und sein Schwung alle beide über den Rand des Beckens hinwegriß, während über ihnen die gequälte Trägerkonstruktion endgültig nachgab. Zerbrochene Streben wurden in alle Richtungen geschleudert und erzeugten einen ohrenbetäubenden Lärm, als sie auf den harten Beton aufprallten. Ein riesiger Riß öffnete sich von unten nach oben in der Wand. Er reichte bis in eine Höhe von hundertsiebzig Metern, als es endlich anhielt. Die Trägerkonstruktion setzte sich, und eine unheimliche Stille breitete sich aus.
Das schwarze Wasser im Eisenberg-Bassin war eiskalt. Joshua schrie auf, als es über ihm zusammenschlug und Luftblasen vor seinem Gesicht nach oben strömten. Der Kälteschock war so intensiv, daß sein Herz stehenzubleiben drohte, was Joshuas Angst einen weiteren Schub gab. Salzwasser drang in seinen aufgerissenen Mund. Und dann – Dem Himmel sei Dank! – erwachte seine neurale Nanonik wieder zum Leben.
Nervenimpulse wurden überlagert, und sein Mund schloß sich ganz ohne sein Zutun, damit kein Wasser in seine Lungen eindringen konnte. Eine Analyse der Innenohren enthüllte seine genaue Orientierung. Die wilden Bewegungen hörten auf, wichen einem besonnenen Schwimmen, das ihn auf direktem Weg zurück an die Oberfläche brachte.
Er atmete in tiefen und heftigen Zügen und sah über sich Menschen in flexiblen Kampfanzügen durch die Luft segeln – Lemminge, die mit gewaltigem Platschen neben ihm im Wasser landeten. Joshua erblickte Mzu, deren kleine Gestalt in dem strengen Geschäftskostüm unverkennbar war. Keaton schüttelte den Kopf wie ein nasser Hund und blies die Backen auf. »Verdammt, das ist vielleicht kalt!«
»Wer, zur Hölle, sind Sie?« fragte Joshua. »Das weiße Feuer hat Sie voll getroffen, und Sie haben nicht einmal eine Brandwunde davongetragen!«
»Eine gute Frage, Sir, auch wenn es das falsche Pronomen ist. Wie ich einst schon zu Oskar Wilde sagte. Was ihm wiederum die Sprache verschlug; er war nicht halb so schlagfertig, wie die Legende uns immer glauben machen will.«
Joshua mußte husten. Die Kälte war unerträglich. Seine neurale Nanonik hatte Mühe, die Muskeln am Verkrampfen zu hindern – vergeblich. Lange würde er nicht mehr durchhalten.
Weißes Feuer schlug in den Rand des Beckens fünf Meter über ihm ein. Glühendes Magma spritzte herab.
»Warum, in Gottes Namen, haben Sie uns hierher geführt?« brüllte Monica ihn an.
»Ich hab’ Sie nicht hergeführt, verdammt!«
Sie packte die Vorderseite seines Bordoveralls. »Wie kommen wir hier wieder raus?«
»Meine Güte, ich weiß es nicht!«
Sie ließ ihn wieder los. Ihre Hände zitterten heftig. Ein weiterer Blitz aus weißem Feuer schoß über sie hinweg. Der Beckenrand sah aus wie eine Tag-Nacht-Linie aus dem Orbit.
»Hier können sie uns jedenfalls nicht
Weitere Kostenlose Bücher