Armageddon 04 - Der Neutronium-Alchimist
Mühe gehabt, den Behörden des Ethenthia zu erklären, aus welchem Grund er ursprünglich überhaupt entführt worden war.
Dreizehn Stunden nach dem Andocken gingen die letzten Beamten des Durchsuchungsteams von Bord. Andrés Blicke schweiften düster über die Brücke. Die Konsolen waren kaum noch mehr als offene Gestelle mit Prozessoreinschüben; Wände, Decke und Boden waren mitsamt Isolierung herausgerissen worden, und auf dem nackten kalten Metall kondensierte Feuchtigkeit.
»Wir haben es geschafft!« Sein Clownsgesicht zeigte ein echtes Lächeln, als er von Erick zu Madeleine und schließlich Desmond blickte. »Wir sind frei, und wir sind zu Hause.«
Madeleine und Desmond fingen an zu kichern, als es ihnen ebenfalls dämmerte. Sie waren tatsächlich noch einmal davongekommen.
»Ich hab’ noch ein paar Flaschen in meiner Kabine«, sagte André. »Falls diese verfluchten diebischen Anglos sie nicht gestohlen haben. Das müssen wir feiern. Der Ethenthia ist so gut wie jeder andere Ort, um das Ende dieses Krieges abzuwarten. Wir können uns mit Wartungsarbeiten beschäftigen. Ich bin sicher, daß ich die Versicherung dazu bringen kann, zumindest einen Teil der Schäden zu bezahlen. Schließlich sind wir jetzt Kriegshelden, nicht wahr? Wer wagt es, etwas anderes zu behaupten?«
»Tina vielleicht«, sagte Erick.
Die Kälte in seiner Stimme vertrieb Andrés Lächeln. »Tina? Welche Tina?«
»Das Kind an Bord der Krystal Moon, das wir getötet haben. Ermordet, um genau zu sein.«
»O Erick, mein lieber Junge! Du bist müde. Du hast härter gearbeitet als die meisten.«
»Ganz bestimmt härter als du. Aber das ist ja nichts Neues.«
»Erick«, sagte Desmond, »komm schon. Es war eine schreckliche Zeit für uns alle. Vielleicht sollten wir uns ein wenig ausruhen, bevor wir überlegen, was wir als nächstes tun.«
»Ein guter Vorschlag, Desmond. Ich gebe zu, daß ich mir noch nicht darüber im klaren bin, was ich mit euch tun soll.«
»Was du mit uns tun sollst?« fragte André indigniert. »Ich glaube, deine medizinischen Module funktionieren nicht mehr richtig. Dein Gehirn scheint unter Sauerstoffmangel zu leiden. Komm jetzt, wir gehen schlafen, und morgen früh sieht die Welt wieder ganz anders aus.«
»Halt die Klappe, du aufgeblasener Spinner«, unterbrach ihn Erick. Es war die verächtliche Gleichgültigkeit in Ericks Stimme, die André tatsächlich so schockierte, daß er schwieg.
»Mein Problem ist, daß ich Madeleine und Desmond mein Leben verdanke«, fuhr Erick fort. »Andererseits, wenn du nicht so ein verdammtes Arschloch wärst, Duchamp, wäre niemand von uns in diese irrsinnige Position gekommen, in der wir jetzt stecken. Aber das ist eben das Risiko, das ich auf mich nehmen muß, wenn ich Missionen wie diese durchführe.«
»Missionen?« André gefiel die kalte Leidenschaftslosigkeit überhaupt nicht, die sein Besatzungsmitglied plötzlich an den Tag legte.
»Missionen. Ich bin Undercover-Agent im KNIS.«
»Ach, du Scheiße!« entfuhr es Madeleine. »Erick … Verdammt, ich habe dich wirklich gemocht!«
»Ja. Das ist auch mein Problem. Ich stecke ein wenig tiefer in der Sache, als ich je für möglich gehalten habe. Wir waren ein gutes Team, als wir gegen die Besessenen gekämpft haben.«
»Und was jetzt?« fragte sie wie betäubt. »Eine Strafkolonie?«
»Nach allem, was wir gemeinsam durchgestanden haben … ich mache euch ein Angebot. Ich denke, das bin ich euch schuldig.«
»Was für ein Angebot?« fragte André.
»Einen Tauschhandel. Versteht ihr, ich bin der für euren Fall zuständige Offizier. Ich bin derjenige, der entscheidet, ob ihr angeklagt werdet. Ich bin derjenige, der bezeugt, daß ihr die Krystal Moon angegriffen und ein fünfzehnjähriges Mädchen ermordet habt, weil du so inkompetent bist, Duchamp, daß du die Raten für ein Schiff nicht bezahlen kannst, das keine zehn Fuseodollars wert ist.«
»Ah. Selbstverständlich. Geld ist kein Problem, mon cher enfant. Ich kann eine Hypothek auf das Schiff aufnehmen, morgen schon. Welche Währung möchtest …«
»Halt das Maul!« brüllte Madeleine ihn an. »Halt endlich deine dämliche Klappe, Duchamp. Was willst du uns vorschlagen, Erick? Was soll er tun? Was auch immer es ist, er wird es tun, mit einem satten Grinsen in seinem fetten, dämlichen Gesicht.«
»Ich möchte etwas von dir wissen, Duchamp«, sagte Erick. »Und ich bin sicher, du kannst mir weiterhelfen. Ich bin sogar ganz sicher, daß du das kannst. Weil es
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