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Armageddon 05 - Die Besessenen

Armageddon 05 - Die Besessenen

Titel: Armageddon 05 - Die Besessenen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter F. Hamilton
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legte die Arme um ihre kleine Schwester, und ihr kam in den Sinn, wie oft sie das getan hatte, seit sie von zu Hause geflohen waren. Früher hatten sich die beiden Schwestern nicht so häufig umarmt. »Eines Tages wirst du groß genug sein«, flüsterte sie in Genevieves flauschiges Haar. »Und die Dinge werden sich ändern, wenn wir erst wieder zu Hause sind.«
    »Glaubst du wirklich?«
    »Ja, das glaube ich.«
     
    Die Rezeptionistin schien die Frage recht amüsant zu finden, zumal sie in einem verschwörerisch leisen Tonfall vorgetragen wurde. Trotzdem erwies sie sich als hilfreich und verriet Louise, daß die Oxford Street und die New Bond Street wahrscheinlich die beste Adresse waren, was neue Kleidung anbelangte, während man in der Tottenham Court Road jede nur denkbare Art von Elektronik fand. Sie versicherte den beiden Schwestern außerdem, daß diese Gegenden auch für junge Frauen in ihrem Alter ohne Gefahr für Leib und Leben betreten werden konnten. »Und das Hotel unterhält einen Bring-In-Service für seine Gäste. Sie können alles abholen lassen, was Sie einkaufen.« Sie übergab Louise eine Autorisierungskarte mit ihrem biolektrischen Identifikationsmuster.
    Louise lud eine detaillierte Straßenkarte in ihren Prozessorblock, die sie in den Speichern des Hotels gefunden hatte, und verband sie mit dem Trägheitsleitprogramm. »Bist du soweit?« fragte sie Genevieve. »Dann komm, wir verschleudern das Vermögen der Familie.«
    Aubry Earle hatte in der Orbitalkapsel die Wahrheit gesagt, als er den beiden Schwestern erzählt hatte, daß die Arkologiebewohner immer und jederzeit die Privatsphäre des anderen respektierten. Draußen auf der Straße begriff Louise nicht, wie die Menschen es schaffen konnten, immer in buchstäblich letzter Sekunde zur einen oder anderen Seite auszuweichen. Sie war ununterbrochen damit beschäftigt, eine Lücke zwischen den Massen hindurch zu finden, während sich die Einheimischen so sicher und flink bewegten wie automatischer Verkehr, ohne auch nur einmal den Blick in ihre Richtung zu heben. Einige der Fußgänger glitten im buchstäblichen Sinne des Wortes vorbei. Leute in ihrem Alter trugen wadenhohe Stiefel mit Sohlen, die ohne jeden Widerstand über das Pflaster glitten. Genevieve beobachtete ihr müheloses Fortkommen voller Bewunderung und Verlangen. »Ich möchte auch so ein Paar Schuhe«, sagte sie schließlich.
    Eine Unterführung brachte sie unter dem Picadilly hindurch und in die New Bond Street. Sie erwies sich als schmale, exklusive Fußgängergasse, wo sich eine hübsche Boutique an die andere reihte und Messingschilder stolz verkündeten, wann sie gegründet worden waren. Die Namensschilder der ausgestellten Kleider verrieten den beiden Schwestern nichts, doch nach den Preisen zu urteilen bestaunten Louise und Genevieve die exklusivste Designermode auf dem gesamten Planeten.
    »Das ist umwerfend«, sagte Louise und seufzte voller Verlangen beim Anblick des glänzenden purpurnen und türkisfarbenen Abendkleids, das aussah wie der alles verhüllende Schwanz einer Meerjungfrau – nur, daß das Stück alles andere als verhüllend war, nicht einmal annähernd. Es war die Sorte von Kleid, die Louise liebend gerne bei einem Sommerball auf Norfolk getragen hätte. So etwas hatte ihre Heimatwelt noch nie gesehen.
    »Kauf es doch.«
    »Nein. Wir müssen vernünftig sein. Nur Alltagskleidung, wie wir sie in der Arkologie brauchen. Vergiß nicht, daß wir eines Tages unsere Ausgaben gegenüber Daddy rechtfertigen müssen.«
    Das Abendkleid war nur der Anfang der provokativen Verlockungen in der New Bond Street. Sie kamen an Schaufenstern vorbei, die Louise allesamt hätte leerkaufen können.
    »Aber wir werden im Speisesaal des Hotels essen«, erinnerte Genevieve raffiniert. »Ich wette, sie lassen uns erst gar nicht hinein, wenn wir keine entsprechende Kleidung tragen.«
    Es war ein heimtückischer Vorschlag. »Also gut. Ein Kleid. Aber das ist alles.«
    Sie stolperten über die Schwelle der nächsten Boutique. Im Innern des Ladens war die Privatsphäre vergessen; drei Verkäufer eilten eifrig herbei. Louise erklärte, was sie wünschten, und dann verbrachte sie die nächsten fünfundvierzig Minuten damit, zwischen Umkleidekabine und Laden hin und her zu flitzen. Sie und Genevieve zeigten sich einander, kommentierten ihre Garderobe und gingen, um das nächste Kleid anzuprobieren.
    Louise lernte eine Menge während dieser Zeit. Die Verkäufer waren voller Komplimente

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