Armageddon 05 - Die Besessenen
beobachtete sie den Mann hinter Olivier hervor. Das große Pferd wieherte.
»Hallo«, sagte Luca – und schrak zusammen, als er unvermittelt in die Mündungen einer doppelläufigen Schrotflinte blickte. Nicht zum erstenmal bedauerte Carmitha, daß sie Louise Kavanagh ihre alte Waffe gegeben hatte.
»Ich bin Carmitha. Ich bin keine von euch. Ich bin kein Possessor. Ist das ein Problem?«
»Nein.«
»Gut. Glaub mir, ich merke, wenn sich daran etwas ändert. Ich besitze ein paar von euren Kräften.« Sie konzentrierte sich, und das Hinterteil von Lucas Hosen wurde unvermittelt sehr heiß.
Er wirbelte herum und schlug hektisch mit den Händen auf das schwelende Gewebe, bevor es anfangen konnte zu brennen. »Verdammter Mist!«
Carmitha lächelte raffiniert. Seine Gedanken waren ebenso aufgeregt wie sein Körper, pastellfarbene Wirbel, die unmittelbar außerhalb ihrer physischen Wahrnehmung lagen. Ich kann sie lesen! sagte sie sich freudig. Ich kann seine Gedanken lesen, und ich beherrsche auch den Rest ihrer Magie!
Die Hitze verschwand, und Luca baute sich vor ihr auf in dem Bemühen, seine Würde wiederzufinden. »Wie hast du …« Sein Unterkiefer sank herab. »Carmitha? Carmitha!«
Sie schulterte ihre Schrotflinte und wischte sich ein paar Strähnen aus dem Gesicht. »Ich sehe, daß ein Teil von dir noch nichts vergessen hat. Andererseits … kein Mann auf der Welt würde je einen Nachmittag in meinem Bett vergessen.«
»Äh …« Luca errötete.
Die Erinnerungen waren durchaus stark und gegenwärtig, mit ihrem heißen, lebendigen Fleisch unter seinen Händen, dem Duft ihres Schweißes, ihrem wollüstigen Stöhnen. Luca spürte, wie sich eine Erektion anbahnte.
»Runter mit dir, Junge«, murmelte sie lakonisch. »Wie nennst du dich heutzutage?«
»Luca Comar.«
»Ich verstehe. In der Stadt haben sie gesagt, du wärst derjenige, der das Kommando übernommen hat. Nette Ironie des Schicksals, wie? Andererseits fallt ihr alle in die alten Rollen eurer Wirte zurück.«
»Ich falle in gar nichts zurück!« entgegnete Luca indigniert.
»Natürlich nicht.«
»Wie bist du an diese Kräfte gekommen?«
»Ich habe nicht die geringste Ahnung. Es muß etwas mit diesem Universum zu tun haben, in das ihr uns entführt habt. Schließlich habt ihr jetzt keinen Kontakt mehr mit dem Jenseits, oder?«
»Nein. Gott sei Dank.«
»Also muß es daran liegen, wie die Gedanken von euch allen die Realität hier beeinflussen. Herzlichen Glückwunsch, ihr habt uns am Ende alle gleich gemacht. Grant muß wirklich verdammt wütend sein deswegen.«
»Wenn du meinst«, erwiderte er geringschätzig.
Carmitha reagierte mit einem heiseren Lachen, als sie seinen Unmut bemerkte. »Schon gut. Solange euch allen bewußt ist, daß ihr mich nicht mehr für einen von euch als Wirt mißbrauchen könnt, kommen wir wunderbar miteinander klar.«
»Was meinst du mit: Wir kommen miteinander klar?«
»Ganz einfach. Ich hasse euch für das, was ihr diesen Leuten angetan habt, macht euch deswegen keine falschen Hoffnungen. Aber es gibt nichts, was ich dagegen tun könnte, genausowenig wie ihr, hier in diesem Universum. Also kann ich genausogut versuchen, damit zu leben. Ganz besonders, wo ihr in eure alten Persönlichkeiten zurückfallt und alles wieder etabliert, was vorher gewesen ist.«
»Wir fallen nicht in alte Persönlichkeiten zurück!« zischte Luca. Und doch spürte er im gleichen Augenblick einen nagenden Zweifel, wieviel von Grant Kavanaghs Persönlichkeit er inzwischen übernommen hatte. Ich muß aufhören, mich so abhängig von ihm zu machen, dachte er. Ich muß ihn wie ein lebendes Nachschlagewerk behandeln, nicht mehr und nicht weniger.
»Meinetwegen, dann fällst du halt nicht zurück, sondern reifst heran. Nenn es von mir aus, wie du willst, wenn dir das deine Würde erhält. Es ist mir egal. Hör zu, ich hab’ die letzten Wochen hier oben auf den Hochebenen verbracht, und ich hab’ die Nase gestrichen voll von kaltem Kaninchen zum Frühstück. Außerdem hatte ich seit einer ganzen Weile kein heißes Bad mehr. Wie du wahrscheinlich inzwischen bemerkt haben wirst. Also suche ich nach einem Ort, an dem ich für eine Weile bleiben kann. Ich arbeite auch dafür. Ich koche, putze, wasche, was immer du willst. Das hab’ ich schon immer getan.«
Luca kaute nachdenklich auf seiner Unterlippe. »Wie hast du es geschafft, dich so lange vor uns zu verbergen? Das ist ganz und gar unmöglich. Wir spüren die gesamte Welt
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