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Armageddon 05 - Die Besessenen

Armageddon 05 - Die Besessenen

Titel: Armageddon 05 - Die Besessenen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter F. Hamilton
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hat sein Haltbarkeitsdatum längst überschritten. Hast du je Fleisch geschmeckt und gespürt, das in Verwesung übergegangen ist? Nekromorphologie ist nicht jedermanns Geschmack, aber man weiß ja nie. Vielleicht lernst du ihn mit der Zeit schätzen, Kilian.«
    »Ich habe einen von ihnen gesehen!« sprudelte Kilian hervor. »O Scheiße, ich habe einen Besessenen gesehen! Hoher Magus, ich habe meinem Senior-Akolythen nichts davon gesagt, weil …«
    Sie küßte sein Ohrläppchen, und er verstummte entsetzt. »Ich verstehe«, flüsterte sie. »Ja, wirklich. Ich verstehe dich. Um zu verstehen, wie Menschen denken, muß man zuerst verstehen, wie sie funktionieren. Und ich habe die Funktion des menschlichen Körpers seit langer Zeit zu meinem speziellen Studienfeld erhoben. Physiologie ist die Mutter der Psychologie, könnte man sagen. Meinst du nicht auch, Kilian?«
    Kilian haßte es, wenn der Hohe Magus diese fremdartigen großen Worte benutzte. Er wußte einfach nie, was er antworten sollte. Keiner der Akolythen wußte das, nicht einmal die Senioren.
    »Ich … ich hab’ ihn in der Kapelle von unserem Nest in der Vegreville-Kuppel gesehen«, sprudelte Kilian hervor. Er wußte plötzlich ganz sicher, daß der Hohe Magus etwas über die Besessenen hören wollte. Vielleicht half ihm das, den Kopf aus der Schlinge zu ziehen.
    Banneth blieb unmittelbar vor dem sich windenden Akolythen stehen. Jede Spur von Lächeln war von ihrem androgynen Gesicht verschwunden. »Du hast deinem vorgesetzten Akolythen nichts davon erzählt, weil du dachtest, du könntest in der Scheiße landen, nicht wahr? Wenn die Besessenen real sind, bedeutet das nämlich, daß die Hierarchie unserer Bruderschaft, der du in den letzten Jahren so willig in den Hintern gekrochen bist, von den Besessenen ersetzt werden wird. Wenn du jedem erzählt hättest, was du gesehen hast, wäre das der Anstiftung zum Aufruhr gleichgekommen – obwohl ich bezweifle, daß dein Spatzenhirn ausreicht, um das zu erkennen. Du hast aus reinem Instinkt gehandelt. Deine Schlange paßt auf dich auf, Kilian. Sie achtet darauf, daß du keinen Fehler machst. Genau wie es sein sollte, und zumindest in dieser Hinsicht warst du dir und Gottes Bruder treu. Aber du konntest nicht widerstehen und hast einigen Leuten davon erzählt, habe ich recht? Du hättest es besser wissen müssen, Kilian. Du weißt doch, daß ich Akolythen belohne, die ihre Freunde an mich verraten.«
    »Ja, Hoher Magus«, flüsterte Kilian.
    »Nun, ich bin froh, daß wir soweit übereinstimmen. Unglücklicherweise gibt es eine goldene Regel in unserer Bruderschaft, und die lautet, daß die Akolythen mir nichts verheimlichen dürfen. Sie haben mir alles zu sagen, und ich allein entscheide, was Wichtig ist und was nicht.« Banneth schlenderte zu einem der Edelstahltische und tippte mit dem Finger darauf. »Komm her zu mir, Kilian. Sei so lieb und leg dich hier drauf.«
    »Bitte, Hoher Magus!«
    »Auf der Stelle.«
    Hätte er geglaubt, daß Weglaufen auch nur den geringsten Sinn hatte, er wäre augenblicklich losgerannt. Einen Augenblick lang stieg in ihm sogar der wilde Gedanke auf, Banneth anzugreifen. Der Hohe Magus war ihm rein physisch unterlegen. Doch dieser Gedanke wurde in der nächsten Sekunde von ihrer schieren Willenskraft im Keim erstickt. Er war dumm genug gewesen, einen Blick in ihre pinkfarbenen Augen zu werfen.
    »Ein wirklich dummer Gedanke«, sagte Banneth. »Ein Gedanke, der mir ganz und gar nicht gefällt, Kilian.«
    Gehorsam trottete er zum Tisch, mit Schritten, die so klein waren wie nur irgend möglich. Im schwachen violetten Licht, das durch die Glasscheiben der Lebenserhaltungstanks nach draußen fiel, bemerkte er Flecken von eingetrocknetem Blut auf der Edelstahlplatte.
    »Zieh dich zuerst aus«, befahl Banneth. »Deine Kleidung stört nur bei dem, was ich vorhabe.«
    Die Initiierungszeremonien, die Bestrafungen, die Erniedrigungen, die er für die Sekte erduldet hatte – nichts von alledem hatte ihn auf das vorbereitet, was nun kommen würde. Schmerz, einfacher Schmerz war etwas, das er ertragen konnte. Er ging vorüber, machte ihn nur noch härter, gemeiner, stärker. Jedesmal wurde die Schlange ein wenig größer und dominanter. Doch nichts von alledem half ihm jetzt. Jedes Kleidungsstück, das er abstreifte, war wie ein weiteres Stück seines Selbst, das er ihr opferte.
    »In einer längst vergangenen Zeit sagten die Leute, daß die Strafe dem Verbrechen angemessen sein muß«, sagte

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